Wie kurzweilig ist er momentan geworden, der Arbeitsalltag des steuerlichen Beraters. Keine Bilanzen und Deklarationen mehr, keine zeitraubenden Mandantengespräche in der Kanzlei – jetzt dominieren die wirklich wichtigen Themen! Die hat uns ein Virus beschert, das ein ganzes Land in Geiselhaft genommen hat.
Stell Dir vor, es ist Steuberaterkongress – und keiner geht hin! Das gibt es nicht? Das glauben Sie nicht? Doch – denn Corona schafft sie alle. Ebenso wie unzählige Sport- oder Kulturveranstaltungen werden infolge der Pandemie jetzt natürlich auch alle Fachtagungen der steuerberatenden Berufe nach und nach abgesagt. Zuletzt hat die Bundessteuerberaterkammer die weiße Flagge gehisst und notgedrungen den Deutschen Steuerberaterkongress kassiert, der vom 10. bis 12. Mai in Berlin hätte stattfinden sollen.
Das ist doch klar und selbstverständlich, Beschränkungen des beruflichen beziehungsweise öffentlichen Lebens sind hinzunehmen, schließlich geht es darum, unser Gesundheitssystem nicht zu überlasten, werden Sie sagen. Dabei geht es nach der offiziellen Begründung des Robert Koch-Insitituts (RKI) nicht darum, die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern – das wäre gar nicht zu schaffen, sondern lediglich darum, die Verbreitung der Krankheit, soweit wie möglich, zu verzögern. Da niemand die Notwendigkeit der beschlossenen Maßnahmen ernsthaft anzweifeln dürfte, es sei denn, er wäre Verschwörungstheoretiker, ist den Ausführungen der beiden Wissenschaftler Prof. Christian Drosten und Lothar Wiehler bedingungslos zu vertrauen. Helfen die beiden Experten doch unserer Regierung in bemerkenswerter Weise dabei, die Republik in dieser schwierigen Zeit zu führen. Warum dann also dieser Beitrag? Jetzt, um nicht zu sagen: jetzt erst, da in allen Bundesländern – außer in Bremen – auch noch die „Maultaschenpflicht“ kommt, dürfte wohl dem letzten Zweifler klar sein, dass jede Form von Massenveranstaltungen auf unbestimmte Zeit zu unterbleiben hat. Man stelle sich vor – der Deutsche Steuerberaterkongress als Maskenball! Neben all den Fachthemen könnte man sich noch dem Wettbewerb stellen, wer die meisten Kollegen identifiziert, die sich hinter ihren Masken verbergen. Kombinieren könnte man die „Maultaschen“ noch mit venezianischen Masken – diese waren übrigens ehemals Pestschutz.
Gestern mega-wichtig – heute Schnee von gestern
Aber Spass beiseite! Dieser Artikel soll nur verdeutlichen, wie schnell es in der heutigen Zeit gehen kann, wie schnell wichtige Themen urplötzlich in den Hintergrund rücken, Mega-Trends für den Berufsstand von heute auf morgen bis auf Weiteres verschoben werden und diese klaffende Lücke nur noch ein einziges Thema rückt und die Schlagzeilen der Tagespresse dominiert sowie augenscheinlich den Beratungsalltag von uns Berufsträgern: Corona, Corona! Nichts anderes gilt mehr auf der Welt. Erinnern Sie sich noch an das Mega-Thema zum Jahreswechsel, der Anzeigepflicht für internationale Steuergestaltungen? Das Thema scheint momentan vom Tisch zu sein, ebenso wie aktuelle Entwicklungen rund um Zölle und Verbrauchsteuern oder der Dauerbrenner in der steuerlichen Beratungspraxis: die Umsatzsteuer. Das Corona-Virus scheint zudem auch Fragen zur Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens oder Aspekte der Kassenführung und Kassennachschau an den Rand der Bedeutungslosigkeit zu drängen. Alles Themen, die auf dem nun abgesagten Steuerberaterkongress ausführlich hätten behandelt werden sollen.
Jetzt schlägt die Stunde der Berater
Nebenbei hat die Corona-Krise auch unsere ganze Wirtschaft lahmgelegt und den Gesetzgeber gezwungen, Hilfspakete in Milliardenhöhe auf den Weg zu bringen sowie zahlreiche gesetzliche Änderungen, wie zum Beispiel im Gesellschafts- und Gemeinschaftsrecht. Darüber hinaus hat die Pandemie aber auch noch zwei überraschende Nebeneffekte. Zum einen ist sie Treiber der Digitalisierung, denn es zeigt sich, dass digital ausgerichtete Kanzleien offensichtlich im Vorteil gegenüber analogen Büros sind. Zum anderen werden die steuerlichen Berater mit Blick auf die gewerblichen Mandanten nun auch in die Rolle des betriebswirtschaftlichen Begleiters der Unternehmen genötigt. Dabei geht es nicht nur darum, ein staatliches Honorar zu beantragen, sondern den Betrieben dabei zu helfen, alle denkbaren Hilfsprogramme, die der Staat auf die Beine gestellt hat, auf den Weg zu bringen. Jetzt schlägt die Stunde der Berater! Dabei sind interdisziplinär ausgerichtete Kanzleien oder gut vernetzte Steuerberater zunehmend gefragt. Als Bestandteil der kritischen Infrastruktur können steuerliche Berater und Anwälte in Zeiten von Corona dabei helfen, mit Blick auf die aktuellen Betriebsbeschränkungen die Entschädigungsansprüche zu wahren durch das Ergreifen von primärem Rechtsschutz. Denn immer noch ist nicht ganz klar, ob sich aufgrund der Geschäftsschließungen am Ende Ansprüche auf Entschädigungen ableiten lassen.
Kleine und mittelständische Betriebe vor der Pleite
Betroffen ist vor allem der Mittelstand. Nach Ansicht vieler Experten sind kleine und mittelständische Unternehmen ganz besonders gefährdet, am Ende der Krise doch noch über die Wupper zu gehen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht war eine notwendige Maßnahme des Gesetzgebers in einer Ausnahmesituation. Fraglich ist, ob sie jedem Unternehmen hierzulande wirklich helfen wird. Daher sollte man sich von einem steuerlichen Berater begleiten lassen, der im Insolvenzwesen kundig ist, und zwei entscheidene Stichtage im Auge behalten. Darüber hinaus kann es auch darum gehen, Mietzahlungen zu stunden, Home-Office-Strukturen zu schaffen oder Kurzarbeitergeld zu beantragen. Gerade im Arbeitsrecht kommt es zu vermehrtem Beratungsbedarf, hat die Pandemie doch zu massiven Einschränkungen im Arbeitsalltag geführt. Schließlich ist auch der Datenschutz betroffen, denn bei der vom RKI initiierten Corona App ist natürlich zu beachten, dass sie mit den Grundsätzen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Einklang steht.
Fazit und Ausblick
Wann all die Beschränkungen aufgehoben werden und wir wieder zu einer irgendwie gearteten Normalität zurückkehren, steht in den Sternen. Tatsache ist, dass wir die Krise nur gemeinsam bewältigen können, dafür plädiert auch der Vorstand der DATEV. Ob der abgesagte Steuerberaterkongress virtuell – also etwa via Skype oder einer spezielle App – hätte stattfinden können, sei dahingestellt. Man kann wohl davon ausgehen, dass es technisch möglich gewesen wäre – aber wie gesagt, Corona schlägt wohl auch thematisch alles!
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