Soforthilfen für Unternehmen - 1. April 2020

Stehen Sie nicht im Regen!

Die Auswirkungen des Corona-Virus stellt Deutschland vor beispiellose Herausforderungen. Um die Unternehmen zu stützen, wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Die Hilfen scheinen momentan alternativlos. Dies darf aber nicht dazu führen, jede Maßnahme abzunicken, ohne sie zu hinterfragen.

Aktuell wird viel über die monetären Maßnahmen für die Folgen der aktuellen Situation geredet und geschrieben. Es gibt sogar öffentliche Stellen, die jetzt schon die Auswirkungen der Corona-Pandemie für unsere Volkswirtschaft analysieren wollen. Ich möchte an dieser Stelle zu Fragen rund um die aktuellen öffentlichen Finanzierungshilfen informieren. Dabei sei vorab betont, dass meine Ausführungen bitte nicht so verstanden werden sollen, als sei ich mit den aktuellen Maßnahmen der Politik durchweg einverstanden. Aufgrund der kurzen Bearbeitungszeit und der sich schnell ändernden Umstände kann eine Gewähr auf Vollständigkeit und absolute Aktualität nicht gegeben werden. Die Wortwahl in den Anträgen und öffentlichen Informationen der betreffenden Stellen ist nicht immer stringent sauber definiert oder fachspezifisch richtig gewählt. Man wird sie in maßgeblicher Sinnhaftigkeit auslegen müssen.

Soforthilfe für Kleinst- und kleine Unternehmen

Seit Anfang April kann die Soforthilfe faktisch beantragt werden. Bisher wurde in Nordrhein-Westfalen (NRW) zwischen Hilfen der Bundesregierung und einer Ergänzung des Landes NRW unterschieden. Nunmehr ist im Antrag auf NRW-Soforthilfe 2020 an die Bezirksregierung beides zusammengefasst worden. Ich gehe davon aus, dass es in den anderen Bundesländern entsprechend gehandhabt wird. Für sogenannte Kleinstunternehmer und Solo-Selbständige können direkte und grundsätzlich nicht rückzahlbare Zuschüsse beantragt werden. Je nach Größe des Unternehmens werden Zuschüsse in Höhe von 9.000 bis 25.000 Euro für drei Monate gewährt.

Mit Blick auf die wirtschaftlichen Voraussetzungen sollte der Antrag mit Bedacht gestellt werden. Ich empfehle, die Erläuterungen der öffentlichen Stellen zu lesen. Dort bezieht man sich hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen auf die Aufträge beziehungsweise Umsätze rund um den Monat März 2020 und den Vergleich mit vorherigen Perioden. Wenn sich die Einbußen aber später realisieren, sollten die maßgeblichen Faktoren nachvollziehbar dokumentiert werden. Das könnte eine Aufgabe des steuerlichen Beraters sein. Leider scheint es zwischen den verschiedenen Bundesländern kein synchronisiertes Verfahren zur Gewährung und Beantragung der Soforthilfen zu geben. Probleme mit der Europäischen Union (EU) scheint es zu den Soforthilfen nicht zu geben.

Antragsvoraussetzungen

Das Antragsformular ist in NRW online auszufüllen. Neben den üblichen Firmen- oder Adressdaten sind die Steuernummer, die Steuer-Identifikationsnummer und – wenn im Handelsregister eingetragen – die Registernummer anzugeben. Darüber hinaus ist die Personalausweis- oder Reisepassnummer beziehungsweise die eines anderen amtlichen Ausweisdokuments, etwa des Geschäftsführers bei Gesellschaften oder des selbständigen Einzelunternehmers, anzugeben.

Rechtsformunabhängige Maßnahmen

Die Soforthilfe wird rechtsformunabhängig gezahlt. So werden beispielsweise auch GmbH, UG haftungsbeschränkt und die GmbH & Co. KG gefördert. Für Personengesellschaften, Sozietäten und Gemeinschaftspraxen sowie gegebenenfalls auch Gesellschafter-Geschäftsführer sei gesagt, dass die Förderung auch nach den Erläuterungen stringent unternehmensbezogen zu erfolgen scheint, so dass bei Personengesellschaften sowie bei Kapitalgesellschaften nicht jeder aktiv tätige Gesellschafter die Förderung separat erhalten kann. Sofern wirtschaftlich gesehen etwa zwei Solo-Unternehmer in einer GbR, GmbH oder UG haftungsbeschränkt zusammenarbeiten, wird die Soforthilfe systematisch nur einmal gewährt. Ich würde in einem solchen Fall, sofern wirtschaftlich gerechtfertigt, gegebenenfalls versuchen, rein vorsorglich für jeden Gesellschafter separat einen Antrag zu stellen. Dabei sollte im Antragsformular aber unbedingt kenntlich gemacht werden, um was für eine gesellschaftsrechtliche Konstellation es sich handelt.

Ergänzende Hinweise

Aus organisatorischen und haftungsrechtlichen Gründen sollte der Antrag nicht vom Berater, sondern vom Unternehmer/Geschäftsführer selbst gestellt werden, auch wenn keine persönliche Unterschrift verlangt wird. Der steuerliche Berater kann dem Mandanten aber anbieten, ihm dabei zu helfen und/oder Informationen zur Verfügung zu stellen, etwa bei der Berechnung der maßgeblichen Arbeitnehmerzahl. Die Zuschüsse unterliegen als Betriebseinnahmen der regulären Ertragsbesteuerung. Seitens des Landeskriminalamts NRW wird übrigens schon jetzt vor gefälschten Webseiten gewarnt. Ich gehe davon, dass dies ein bundesweites Problem wird. Die Steuerberater sollten ihre Mandanten auch darauf hinweisen.

Maßnahmen der Finanzbehörden

Wie sich aus dem am 19. März 2020 vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) veröffentlichten Schreiben ergibt, sind die sogenannten Hilfen leider weniger unbürokratisch formuliert, als vorher angekündigt. Vergünstigungen erhalten die „nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich“ Betroffenen. Zu befürchten ist, dass Stundungen demnach ohne spezifische Sachverhaltsschilderung und Begründung auch weiterhin nicht ganz unbürokratisch möglich sein werden. Ich erlebe aktuell aber ein recht großzügiges Vorgehen der Finanzämter. In NRW kann man sogar die Rückzahlung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung beantragen; natürlich fällt diese dann als Anrechnungsbetrag im Dezember weg. Grundsätzlich betrifft das BMF-Schreiben Einkommen-, Körperschaft- sowie Umsatzsteuern. Die Gewerbesteuer ist als Gemeindesteuer nicht einbezogen worden, man will die Städte und Gemeinden nicht belasten. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass sinkende Erträge immer Anlass für Herabsetzungsanträge bei allen betroffenen Steuervorauszahlungen sind. Dazu benötigte es nicht dieser Verfügung. Die allseits erwartete Zinsfreiheit wurde verbal reduziert auf – ich zitiere, „hierauf kann in der Regel verzichtet werden“. Es kommt also zu einer Ermessensentscheidung durch das Finanzamt. Unter Umständen bleibt es also beim aktuellen Stundungszinssatz von sechs Prozent per anno. Im Ergebnis bleibt der nötige Aufwand für den Erhalt dieser Vergünstigung eventuell ähnlich umfangreich wie bisher. Wie die Finanzämter im jeweiligen Einzelfall entscheiden, muss abgewartet werden. Mit dem Stundungsangebot sollte aus meiner Sicht jedoch vorsichtig umgegangen werden. Hohe Beträge an gestundeten Steuern können einen später einholen, insbesondere, wenn sie später zu ungünstigen Zeiten und/oder kumuliert fällig gestellt werden. Ich empfehle daher, Steuerstundungen nur zu beantragen, wenn sie auch tatsächlich nötig sind. Eine sinnvolle Kombination mit den Angeboten der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) scheint mir der richtige Weg (siehe weiter unten). Die Nichterhebung von Säumniszuschlägen und ausbleibende Vollstreckungsmaßnahmen sind Beiwerk. Man darf die zugrundeliegenden Sachverhalte nicht einfach ignorieren.

Kurzarbeitergeld

Die Voraussetzungen und Bedingungen für die Beantragung von Kurzarbeit sowie den Bezug von Kurzarbeitergeld (KUG) sind ausführlich im Artikel „Eingeschränkte Tätigkeiten“ erörtert. Von mir nur so viel dazu: Sofern man als Arbeitgeber den Mitarbeitern anbietet, ihre Nettoeinbußen auszugleichen, wären diese Zuzahlungen steuerpflichtig, aber sozialversicherungsfrei. Dann hätten die Arbeitnehmer keine Nachteile, aber das Unternehmen wird zumindest mit einem großen Anteil entlastet. Die Mandanten sollten entsprechend beraten werden.

KfW-Sonderprogramm

Auf den Internetseiten der KfW heißt es aktuell, dass die KfW für kleine und mittlere, aber auch für große Unternehmen Sonderprogramme zur Verfügung stellt. Dafür werden die Risikoübernahmen (Haftungsfreistellungen) deutlich verbessert und betragen bis zu 90 Prozent. Diese sollen von Unternehmen in Anspruch genommen werden können, die krisenbedingt vorübergehend in Finanzierungsschwierigkeiten geraten sind. Der Start der Sonderprogramme ist bereits erfolgt. Ansprechpartner hinsichtlich KfW-gesicherter Kredite ist immer die Hausbank. Mir gegenüber wurde seitens der Banken bisher immer die Notwendigkeit geäußert, Planrechnungen für zwei Jahre vorzulegen. Darauf muss man sich vorbereiten. Die Hausbank behält also zehn Prozent des Risikos. Wenn man keine Sicherheiten bieten kann, wird dies womöglich problematisch sein. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Banken dazu stellen werden. Mir in diesem Kontext gegenüber genannte Zinssätze lagen bei weniger als 1,5 Prozent per anno. Auch wenn aktuell keine Liquiditätsengpässe bestehen, sollte man rechtzeitig für einige Monate im Voraus planen. Umschuldungen werden nicht gefördert, so dass hier kaum Gestaltungsspielraum bestehen wird. Sollten zugesagte Mittel nicht komplett abgerufen werden, kann auf diese ohne Kosten und Gebühren verzichtet werden. Das sollte bei der Frage bedacht werden, welche Steuerstundungen sinnvoll sind. Die KfW hat spezifizierte Merkblätter zur Verfügung gestellt. Und am 6. April, kurz vor Redaktionsschluss, hat die Bundesregierung noch einmal zusätzliche finanzielle Hilfen für den Mittelstand beschlossen. Über schnelle Kredite der KfW soll so eine Pleitewelle bei den kleinen und mittleren Betrieben verhindert werden. Unternehmen ab zehn Beschäftigten können nun ohne Risikoprüfung Kredite bekommen, und zwar bei hundertprozentiger Staatshaftung. Warum Betriebe mit geringerer Mitarbeiterzahl von der Hilfe ausgeschlossen sind, erschließt sich mir nicht.

Insolvenzantragspflicht

Das Bundesjustizministerium befasste sich mit der Schaffung einer gesetzlichen Regelung, um krisenbedingte Insolvenzantragspflichten bis zum 30. September 2020 auszusetzen. Die Details sind in dem Artikel „Notwendige Maßnahmen in einer Ausnahmesituation“ des Steuerberater-Kollegen Wohlleber aus Nürnberg ausführlich erläutert.

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Zum Autor

Dieter Höhne

Steuerberater in eigener Kanzlei in Hennef

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