Kassennachschau - 27. Juli 2023

Blaupause für die Kontrolle

Eine spezielle Prüfung in bargeldintensiven Betrieben kann schnell zur Betriebsprüfung oder Steuerfahndung übergehen. Daher ist es dringend geboten, sich professionell auf diese Maßnahme der Finanzbehörden vorzubereiten.

In bargeldintensiven Betrieben wie etwa der Gastronomiebranche ist jederzeit mit einer Kassennachschau zu rechnen. Daher sollte es dort Grundlagen für den reibungslosen Ablauf einer solchen Prüfung geben. Was bedeutet das im Einzelnen? Zunächst einmal geht es um die technischen Voraussetzungen. Potenzielle Prüferinnen und Prüfer werden nämlich weder ihr Notebook mit der Kasse des Betriebs verbinden noch einen mitgebrachten USB-Stick verwenden. Sofern die Kassendaten übergeben werden sollen, erfolgt dies über eine CD-ROM in Form des sogenannten Z3-Zugriffs, oder der Betriebsinhaber muss die Daten auf einen eigenen Stick ziehen und sie dem Prüfer mitgeben. Sollte das technisch unmöglich sein, ist mit dem Kassenaufsteller zu klären, wie die Kassendaten bei einer Kassennachschau dem Prüfer zur Verfügung gestellt werden könnten. Dies sollte in jedem Fall geklärt sein und dann geübt werden, wie die Kassendaten auf entsprechend vorrätige Medien gespielt werden, um sie anschließend einem potenziellen Prüfer zu übergeben.

In die Rolle des Prüfers schlüpfen

In einem zweiten Schritt sollte man sich in die Rolle des Prüfers versetzen. Dieser wird sich vermutlich eine Zeit lang im Betrieb aufhalten, um die Kassenbedienung zu beobachten oder zu sehen, ob alle Umsätze boniert werden. Womöglich tätigt er einige Testkäufe oder er provoziert Stornovorgänge. Irgendwann wird er sich dann als Prüfer outen und natürlich auch prüfen wollen, ob sein Umsatz vom gestrigen Tage noch im Journal enthalten oder vielleicht schon gelöscht wurde. Er selbst berührt weder das Geld, noch wird er Handlungen an der Kasse vornehmen. Er lässt sich nur bestimmte Vorgänge erklären, bittet um entsprechende Kassenausdrucke und möchte womöglich die Z-Bons der letzten Tage sowie die Kassenorganisationsunterlagen sehen. Darüber hinaus wird er vom Inhaber des Betriebs oder dessen Geschäftsführer einen Kassensturz verlangen. Hier müssen das rechnerische Kassen-Soll sowie das tatsächliche Kassen-Ist übereinstimmen. Kleinere Wechselgelddifferenzen sind aber irrelevant. Handelt es sich um einen Gastronomiebetrieb, sind möglicherweise auch die Portemonnaies der Servicekräfte abzurechnen. Dabei ist zu klären, wem der Anfangsbestand und wem das Kellnerportemonnaie gehört. Gegebenenfalls sind die Trinkgelder zu extrahieren, ein bis dahin verauslagter Betriebsaufwand zu errechnen und eventuelle Privateinlagen oder -entnahmen anhand der Eigenbelege ebenfalls zu berücksichtigen. Schließlich wird der Prüfer die Verfahrensdokumentation sehen wollen und vermutlich auch einen Export der Kassendaten fordern.

Den Prüfer identifizieren

Erfahrungsgemäß sitzt ein Prüfer im Lokal nicht wie alle anderen bei bestem Wetter draußen auf der traumhaft schönen Terrasse, sondern an dem Tisch gegenüber der Kasse, um von dort die Kassenbewegungen zu beobachten. Diese Platzwahl und sein Verhalten können ihn verraten. Oder es ist der Gast, der eine Fehlbestellung provoziert und dann den Stornobeleg sehen möchte. Womöglich sitzen auch zwei oder drei Prüfer gleichzeitig an einem Tisch, es wird nicht immer nur eine Person sein. Wird nach diesen Kriterien ein Prüfer entdeckt, sollte man selbstverständlich wie bei jedem anderen Gast auch unaufgefordert den Kassenbon hinlegen, wozu man seit dem 1. Januar 2020 ohnehin verpflichtet ist. Wer nun glaubt, der Kassennachschauer wird den Bon stets mitnehmen, irrt. Dazu ist er nicht verpflichtet. Zwar ist der Bon ein Beleg für sein Testessen, mit dem er am nächsten Tag dann prüfen könnte, ob seine Bestellung noch in der Journaldatei enthalten ist oder bereits gelöscht wurde. Es könnte aber auch sein, dass der Prüfer den Kassenbon ganz provokant liegen lässt, ihn jedoch vorher fotografiert hat. Für Kontrollzwecke muss der Bon also nicht mitgenommen werden, es genügt auch ein Foto auf dem Handy des Prüfers.

Ansprechpartner des Kassennachschauers

Eine andere Frage ist, wer als Ansprechpartner des Prüfers fungiert. Hier sollten verschiedene Konstellationen durchgespielt werden, denn der Inhaber des Betriebs ist nicht immer da. Er könnte im Urlaub, krank oder geschäftlich unterwegs sein. Und der Kassennachschauer muss nicht auf den Inhaber des Betriebs warten, selbst wenn man ihn darum bittet oder er dies manchmal sogar macht. In einem größeren Betrieb müssen mehrere Personen instruiert werden, wie man professionell mit einem Prüfer umgeht. Man stelle sich vor, eine unerfahrene Servicekraft, etwa eine Aushilfe, trifft auf den Prüfer. Diese soll ihm die Kasse erklären, mit ihm verschiedene Vorgänge, etwa einen Tischumzug oder das Splitting einer Rechnung, durchgehen, dem Prüfer verschiedene Stornos oder die verschiedenen Bezahlvorgänge an der Kasse vorführen. Es kann auch nicht im Interesse des Geschäftsinhabers liegen, dass eine nicht vorbereitete Servicekraft während des regen Geschäftsbetriebs nach der Verfahrensdokumentation oder dem Ersteinrichtungsprotokoll der Kasse suchen muss und womöglich gar nicht weiß, was das eigentlich ist. Was passiert, wenn sie dem Prüfer hilflos zu verstehen gibt, dass sie diese Unterlagen persönlich nicht kennt beziehungsweise diese im Betrieb nicht vorhanden sind, eigentlich aber sagen müsste, dass sie die Frage mangels Funktion und Kompetenz gar nicht beantworten kann? An diesem Bespiel wird deutlich, warum in jeder Schicht eine Kassenaufsicht beziehungsweise ein Stellvertreter für den Geschäftsinhaber unabdingbar ist. Denn der Prüfer würde im voranstehend skizzierten Beispiel notieren, dass es im betreffenden Unternehmen keine Kassenorganisationsunterlagen gibt. Und dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Anlass, die Buchführung zu verwerfen und zu schätzen (BFH-Urteil vom 25.03.2015 – X R 20/13). Und natürlich wäre dies auch Anlass, zur Betriebsprüfung überzugehen oder möglicherweise gleich die Steuerfahndung einzuschalten.

Mitarbeiter schulen

Vor diesem Hintergrund sollte man die Mitarbeiter entsprechend schulen beziehungsweise eine Kassennachschau proben. Aushilfen sind gehalten, einen Prüfer zunächst um Vorlage seines Ausweises zu bitten und ihm höflich, aber verbindlich zu signalisieren, dass man die für die Kasse zuständige Person erst holen müsse. Das wird der Prüfer verstehen. Ab dem Zeitpunkt, an dem sich der Kassennachschauer als Prüfer outet, muss er professionell betreut werden. Wenn die Aushilfskraft also den Geschäftsführer oder die aktuell zuständige Kassenaufsicht ruft, ist sie schon im grünen Bereich. Anschließend gilt es, den Prüfer im Beisein von ein bis zwei Zeugen kompetent zu begleiten, damit die Kassennachschau problemlos verläuft. Keinesfalls sollte man in Hektik verfallen und einen erheblichen Differenzbetrag zwischen Kassen-Soll und Kassen-Ist vorweisen, nur weil man etwa in der Aufregung die Einkaufsbelege vom frühen Morgen nicht zum Bargeldbestand hinzurechnet. Steuerpflichtige mit bargeldintensiven Betrieben und elektronischer Kasse sollten die skizzierten Schritte mit allen in Betracht kommenden Personen mehrfach üben, sodass sie im Falle einer Kassennachschau reibungslos und professionell ablaufen.

Übergang zur Betriebsprüfung

Wer dann erst beginnt, nach der Verfahrensdokumentation zu suchen, oder fragt, was Kassenorganisationsunterlagen eigentlich sind, riskiert, dass der Prüfer von der Kassennachschau zur Betriebsprüfung übergeht, möglicherweise sogar gleich eine Steuerfahndung einschaltet. Wie lange ein Prüfer Zeit hat, zu entscheiden, ob er zu einer Betriebsprüfung übergeht, ist im Gesetz nicht geregelt. Wenn er sich dies ein paar Tage überlegt, die Kassendaten vorher noch auswertet und mit der Bußgeld- oder Strafsachenstelle beziehungsweise der Steuerfahndung erst einmal die Erlebnisse diskutiert und erörtert, wie weiter vorzugehen ist, und er eine oder zwei Wochen später dem Steuerpflichtigen verkündet, dass er zur Betriebsprüfung übergehen möchte, liegt das vielleicht an der unstrukturierten, chaotischen und unvorbereiteten Durchführung und Begleitung der Kassennachschau.

Checkliste zur Vermeidung von Pannen

Um die bereits skizzierten Fehler zu vermeiden, sollte man sich an dem nachstehenden Prüfungsschema orientieren.

Vorbereitungsschema KassennachschauPapiermäßig im OrdnerElektronisch in der Kasse/PC (Fundort/Name?)
1. Kassenorganisationsunterlagen
a) Ersteinrichtungsprotokoll
b) Änderungsprotokoll(e)
c) Kassenbedienungsanleitung
d) Kassenprogrammieranleitung
e) TSE-Zertifikat (seit 01.04.2021)
2. Verfahrensdokumentation
3. Kassenbuch papiermäßig (zulässig sind auch lose Blätter, fortlaufend nummeriert) und elektronisch vorhanden
4. Zählprotokolle zu jedem Öffnungstag/Kassenabschluss
5. Kassenschnitt Kreditkartenabrechnungen zu jedem Öffnungstag
6. Geldtransitbelege = Eigenbelege zwischen Bank/Kasse/Tresor
7. Stornobelege mit Erläuterungen/Grund
8. Trainingskellner?
9. leerer neuer Stick/CD zum Überspielen der Kassendaten

Es bietet sich an, das voranstehende Prüfungsschema im Kassenordner abzulegen, sodass man sofort sehen kann, ob und welche Unterlagen nicht nur in Papierform, sondern auch elektronisch vorliegen. Ganz besonders wichtig ist, auch zu erfassen, unter welchem Pfad die entsprechenden Dateien in der Kasse oder im PC zu finden sind. Häufig sind im PC keine Klartextnamen für die Dateien vergeben, sondern nur Codes, die auf den ersten Blick nicht verständlich sind. Daher sollte man dafür sorgen, dass der PC diese Organisationsunterlagen leicht auffindbar sowie in entsprechend verständlich beschrifteten Ordnern enthält.

Verfahrensdokumentation

Die Verfahrensdokumentation sollte in der aktuellen Version an einem bestimmten Platz neben der Kasse liegen. Dort sollte auch ein Ordner für die Kassennachschau stehen, der die Kassenorganisationsunterlagen in Kopie enthält. Diese Kassenorganisationsunterlagen bestehen aus dem Protokoll der Ersteinrichtung beziehungsweise der Änderungen, einer Bedienungsanleitung der Kasse sowie der Anleitung ihrer Programmierung. Hinzu kommt eine Kopie des TSE-Zertifikats. Auch wenn diese Unterlagen in modernen Kassen teilweise unter Klartextnamen oder unter Zahlencodes enthalten sind, ist es sinnvoll, diese Angaben auch griffbereit in einem Ordner neben der Kasse stehen zu haben. Dort sollten natürlich auch alle Dienstanweisungen zur Kassennutzung in Kopie abgelegt sein. Typische Dienstanweisungen sind, dass alle Umsätze einzeln zu bonieren sind und die Abrechnungen getrennt nach Zahlungswegen erfasst werden müssen. Ebenfalls geregelt ist, wer überhaupt kassieren und Bestellungen aufnehmen darf und wer dafür zu sorgen hat, dass die Mobilgeräte stets geladen sind, beziehungsweise wem welche Mobilgeräte zugeordnet wurden und wie diese zu nutzen sind. Aus der Verfahrensdokumentation ergibt sich zudem, wem das Kellnerportemonnaie gehört, wer für den Wechselgeldbestand verantwortlich ist und wie die Abrechnungen mit der Servicekraft und dem Inhaber nach dem X-Bon vorgenommen werden. Weiter geregelt ist auch, wie mit verärgerten Kunden umzugehen ist, wie und von wem Stornos ausgeführt werden dürfen und von wem und was hier alles dokumentiert werden muss beziehungsweise ob der Gast einen Stornobeleg mitunterschreiben muss. Weiter sollte in den Dienstanweisungen auch etwas zu Belegausgabeverpflichtungen stehen. In der Verfahrensdokumentation sollte schließlich auch etwas zum Geldtransfer stehen. Sind alle Eigenbelege für den Geldtransit (von der Kasse zur Bank, von der Kasse in den Tresor, vom Tresor zur Bank oder von der Bank zur Kasse) in den Unterlagen beschrieben? Und sind das Kassenbuch und die täglichen Kassenberichte ebenfalls vollständig vorhanden?

Fazit

Jeder bargeldintensive Betrieb ist gehalten, eine Kassennachschau durchzuspielen und dabei zu testen, ob alle relevanten Aspekte beachtet werden beziehungsweise dem Prüfer erläutert werden können. Auf jeden Fall sollten in einem vorbereiteten Kassenordner einige Beispiele für Zählprotokolle, den Kassenschnitt und Geldtransitbelege enthalten sein, sodass ein Prüfer sofort erkennen kann, wie die Strukturen in dem betreffenden Unternehmen tatsächlich aussehen.

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Zum Autor

JB
Dr. Jörg Burkhard

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, Wiesbaden

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