Mitarbeiter finden - 16. Mai 2023

Fachkräfte authentisch ansprechen

Auch beim Recruiting gilt der Grundsatz: Klasse statt Masse. Daher sollte man Wert auf Authentizität anstatt auf den schnellen Erfolg legen – vor allem, wenn eine Mitarbeiterakquise über Social-Media-Kanäle gestartet wird.

Gibt es einen Königsweg, wie man an den perfekten Mitarbeiter findet? Ich sage: nein! Wir haben in unserer Kanzlei bisher keinen Headhunter eingesetzt und auch nicht inflationär via Social Media akquiriert. Wenn ich privat auf Facebook unterwegs bin, begegne ich aber immer wieder Angeboten von Kolleginnen und Kollegen, die den perfekten Arbeitsplatz versprechen. Offen gesagt, ich finde dies eher abschreckend als ansprechend – denn ganz oft sitzt ein angeblich digitaler Steuerberater im Video vor einem prall gefüllten Aktenschrank. Ich kann von so einer Werbung nur abraten, da man nicht vorgeben sollte, etwas zu sein, was man nicht ist. Zwar ist digital zu sein meiner Ansicht nach erstrebenswert, aber Authentizität ist viel wichtiger und auch entscheidender. Natürlich führt ein intensives Engagement über Social Media dazu, eine Vielzahl an potenziellen Mitarbeitern anzusprechen, aber dieses Mindset ist trotzdem falsch.

Parameter, die entscheiden

Denn man muss die Bedürfnisse der Bewerber ansprechen. Warum sollte ein potenzieller Mitarbeiter gerade zu meiner Kanzlei wechseln? Einer guten Fachkraft geht es vor allem um Aspekte wie Homeoffice, Gleitzeit, flexible Arbeitszeiten, gute Bezahlung, attraktive Mandanten und flache Hierarchien.  Eine Steuerfachkraft, die mit ihrer alten Stelle unzufrieden ist, wünscht sich vielleicht einen Chef auf Augenhöhe und mehr Wertschätzung für ihre Arbeit. Ratsam ist auch, relevante und attraktive Benefits anzubieten, die zu den neuen Mitarbeitern passen. All dies haben wir in unserer Kanzlei bereits vor der Corona-Pandemie angeboten.

Löst sich das Problem von selbst?

Der Mangel an Fachkräften liegt nicht zuletzt auch daran, dass Steuerfachangestellte lange Zeit trotz hoher Belastung schlecht bezahlt wurden. Die aktuelle Situation ist für mich daher nicht überraschend. In Anbetracht des Umstands, dass sich der Altersdurchschnitt von uns Steuerberatern aber langsam auf 60 Jahre hin bewegt und wir aktuell explodierenden Personalkosten ausgesetzt sind, ist zu befürchten, dass einige Kanzleien zeitnah schließen beziehungsweise ihre Zukunft in einem Kanzleiverbund suchen werden. Daher wird sich der Fachkräftemangel meiner Ansicht nach, zumindest teilweise, von selbst lösen.

Leistungsträger halten und fördern

Vor diesem Hintergrund sollten wir uns alle vielleicht weniger auf das Einstellen von neuen Mitarbeitern konzentrieren, sondern die Leistungsträger, die bereits in der Kanzlei arbeiten, fördern und weiterbilden. Ein guter Mitarbeiter, der den Fokus – neben fachlichen Dingen – stets auch auf die im Einsatz befindliche Software legt, wird es begrüßen, die Arbeitsschritte zu automatisieren und auch neue Tools als zielführende Medien zu erkennen und einzusetzen. Ein derartiger Mitarbeiter ist ein Juwel, das man unbedingt halten sollte. Viele dieser Leistungsträger in der Kanzlei sind aber häufig durch weniger gute Kolleginnen und Kollegen gebunden, was in letzter Konsequenz zu einer Demotivation führen kann. Daher sollte man sich von Mitarbeitern auch trennen, wenn sie die gestiegenen Anforderungen an unseren Berufsstand nicht mehr erfüllen können oder wollen. 

Fachkräfte richtig ansprechen

Sofern man aber tatsächlich eine neue Fachkraft benötigt, sollte man mit authentischen Social-Media-Auftritten und auf entsprechenden Recruiting-Portalen gezielt annoncieren. Dort muss man sich als potenzieller neuer Arbeitgeber ansprechend vorstellen. Um welche Kanzlei handelt es sich? Welche Unternehmenskultur ist in der Kanzlei gegeben? Welche Mandanten werden betreut? Und mit welchen Software-Lösungen wird in dem neuen Steuerbüro gearbeitet? Antworten auf diese Fragen helfen den Bewerbern, sich schneller zu orientieren, sich mit dem neuen Arbeitgeber vertraut zu machen und sich gegebenenfalls mit ihm zu identifizieren. Schließlich sollte es bei einer modernen Stellenakquise keine Bewerbungshürden geben, denn einer Fachkraft, die tatsächlich eine neue Stelle sucht, ist an einem schnellen, ersten Kontakt gelegen.

Fazit

Natürlich sollte man als Steuerberater im Internet zu finden sein, denn die junge Generation lebt im Netz. Aber auch beim Recruiting gilt: Klasse statt Masse. Beim Auftritt in Facebook, TikTok und YouTube sollte man jedenfalls mehr Wert auf Authentizität als auf einen schnellen Erfolg beziehungsweise Reichweite legen. Denn so weiß jeder Bewerber recht schnell, auf wen er sich einlässt. Das erspart am Ende beiden Seiten viel Zeit und Ärger.

Zum Autor

CD
Christian Deák

Steuerberater in eigener Kanzlei in Oberhausen.

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