Fachkräfteansprache - 25. Mai 2023

Die Königswege erkennen

Eine erfolgreiche Mitarbeiterakquise darf sich in heutiger Zeit nicht auf reine Werbeanzeigen oder Stellenausschreibungen beschränken. Gefordert ist vielmehr ein deutlich höheres Engagement, etwa im gesellschaftlichen, sozialen und im Bildungsbereich.

Die zahlreichen Zusatzaufgaben, mit denen der Gesetzgeber unsere Berufsstände in den letzten beiden Jahren betraut hat, sind allgemein bekannt. Diese und knappe Personalressourcen haben dazu geführt, dass wir neue Mandate nur noch sehr selektiv annehmen können beziehungsweise an manchen Tagen sogar über Mandatsbeendigungen nachdenken müssen. Darunter leiden das Kanzleiwachstum und die Spezialisierung in gewissen Beratungsfeldern. Wir bemühen uns daher auf vielen Ebenen, uns personell weiter zu verstärken.

Anforderungsprofile

Unsere fortlaufende Mitarbeitersuche umfasst ein sehr breites Anforderungsprofil beziehungsweise aufgrund der hohen Diversität sehr zahlreiche, unterschiedliche Mitarbeiterprofile. Angefangen beim klassischen Steuerfachangestellten über den Betriebs- und Volkswirt oder Bankkaufmann mit Freude an der finanzwirtschaftlichen Unternehmensberatung bis hin zum Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt und Diplom-Juristen suchen wir umsichtige Mitarbeiter und Berater, die ihre berufliche Erfüllung nicht nur in der Abarbeitung konkreter Aufgaben sehen, sondern vielmehr über den Tellerrand blicken und Mandate in ihrer Expertise selbstständig beraten und führen. Auf sich allein gestellt ist jedoch keine Mitarbeiterin und kein Mitarbeiter, da wir stets in Teams agieren und jeder seine Expertise und sein Fachwissen einbringt. In der Regel entstehen durch das konsolidierte Wissen der Mitarbeiter optimale Lösungen für unsere Mandanten. Zusätzlichen Mehrwert schöpfen unsere Mitarbeiter und somit auch unsere Kanzlei durch Fortbildungen und eine angeregte Fokussierung der Beschäftigten auf gewisse Tätigkeiten, Branchen oder Steuerarten. Auch dieser Aspekt ist ein wichtiger Bestandteil der Mitarbeitergewinnung im Rahmen des sogenannten Arbeitgeber-Branding, denn die Mitarbeiter wollen sich in ihrem Interessengebiet entwickeln und spezialisiertes Fachwissen aufbauen.

Erfolgreiche Akquisen

Im Zeitraum von Juli 2021 bis März 2023 konnten wir 15 Mitarbeiter einstellen, haben jedoch eine Neueinstellung auch schon wieder verloren. Zwei Steuer- und Prüfungsassistentinnen kannte unser Partner Rudolf Stettmer aus seinen Vorlesungen an der Technischen Hochschule Deggendorf (THD). Diese bewarben sich nach ihrem Examen bei uns, nachdem wir sie bei ihrer Abschlussarbeit fachlich und strategisch begleitet hatten. In einem Fall konnten wir dies mit einer parallelen Werkstudententätigkeit kombinieren, um schon vor dem Studienabschluss Praxiserfahrungen zu vermitteln. Ein Betriebswirt hatte bei Dr. Peter Leidel an der THD studiert und dabei auch sein Praxissemester in unserer Kanzlei absolviert. Nach einigen anderen beruflichen Stationen kam er letztes Jahr zu uns und bereitet sich nun auf die Steuerberaterprüfung vor. Ein weiterer Steuerberateranwärter mit akademischer Ausbildung kam aus einer Managementposition bei einem großen Lebensmitteleinzelhändler auf Empfehlung eines Mandanten zu uns, wurde von uns in die Praxis eingewiesen und bereitet sich nun als Quereinsteiger auf die Prüfung vor. Eine weitere Mitarbeiterin, die ursprünglich aus dem Hotelgewerbe kam, konnten wir für uns gewinnen, da sie in die Beratung wollte und eine auf die Hotellerie fokussierte Kanzlei als Arbeitgeber suchte. Und im Fall unserer Rechtsanwältin im Partnerkreis, die in München tätig war und im niederbayerischen Dreieck zwischen den Städten Landshut, Passau und Deggendorf nach einer neuen langfristigen beruflichen Perspektive suchte, konnten wir zwar schon beim persönlichen Kennenlernen überzeugen; die endgültige Entscheidung gegen andere Arbeitgeber beziehungsweise Mitbewerber in unserer Region und damit für unsere Kanzlei fiel jedoch, weil wir – atypisch für unsere Region und Kanzleigröße – hochspezialisiert M&A-Prozesse sowie Umwandlungen begleiten und auch im Konzernsteuerrecht beraten.

Kanäle zur Akquise

Wir suchen über viele Kanäle. Ziemlich erfolglos waren wir mit unseren jüngsten Facebook- und LinkedIn-Kampagnen, die wir von einer Agentur gestalten ließen. Wir hatten über mehrere Monate zwar zahlreiche Zugriffe auf unsere Internetseiten, aber anscheinend war unsere Landingpage nicht attraktiv genug, sodass wir keine erfolgreiche Bewerbung verzeichnen konnten. Dies war Anlass für uns, die zahlreichen Benefits, die wir unseren Mitarbeitern bieten, auf der Karriereseite deutlich herauszustellen beziehungsweise unsere Homepage einem kräftigen Relaunch zu unterziehen. Wir gestehen, dass wir daneben auch mehreren Personalserviceagenturen (vulgo: Headhunter) unsere Anforderungsprofile übermittelt und Suchaufträge erteilt haben. Auf diesem Weg fand die oben genannte Rechtsanwältin, die bisher in München arbeitete, aber in Niederbayern wohnt, zu uns. Wir freuen uns sehr, dass sie uns mittlerweile im Partnerkreis verstärkt und unsere Rechtsberatung leitet und ausbaut. Die Mitarbeitersuche über Personalberatungen versuchen wir, auf einem kollegialen Niveau zu halten, da sie im regionalen Umkreis durch Vorgabe einer sogenannten Whitelist mit lokalen Wettbewerbern erfolgt, deren Mitarbeiter nicht angesprochen werden sollen. Auch eine kurzweilige Filmdokumentation des öffentlich-rechtlichen Fernsehens im letzten Jahr über den Beruf des Wirtschaftsprüfers, an der wir teilnehmen durften, verschaffte uns zwar erfreuliche Mandantenanfragen, zu unserem Bedauern aber keinen Mitarbeiterzuwachs, obwohl der Beitrag neben der Ausstrahlung im öffentlichen Fernsehen auf Youtube mittlerweile mehr als eine Dreiviertelmillion Zuschauer gefunden hat. Auch die bekannten Suchportale monster.de und Stepstone haben wir schon versucht, aber mit mäßigem Erfolg. Völlig unerwartet konnten wir einmalig in den letzten Monaten über ein Inserat beim Online-Netzwerk-Portal Xing eine weitere Rechtsanwältin gewinnen, die dem seit langen Jahren anhaltenden Trend des sogenannten Inhouse-Gehens trotzte und wieder zurück aus der Industrie zu uns in die Beratung kam. Sie unterstützt uns mittlerweile erfolgreich im Arbeits- und Gesellschaftsrecht. Deutlich bessere Erfolgsquoten erzielen wir bei den lokalen Jobportalen www.jobs-dahoam.de und www.waidlajobs.de. Hier haben uns sowohl Steuerfachangestellte als auch Verwaltungsmitarbeiter gefunden und sich bei uns beworben. Für unseren Sekretariatsbereich hatten wir Anzeigen in der Lokalzeitung geschaltet und zahlreiche Bewerbungen erhalten. Bei Anzeigen in derselben Zeitung, in denen wir Steuerfachangestellte, Steuerfachwirte und Bilanzbuchhalter suchten, ging jedoch keine einzige Bewerbung ein. Sofern unsere Mitarbeiter uns als Arbeitgeber erfolgreich in ihrem Bekanntenkreis empfehlen, belohnen wir das gerne mit finanziellen Zuwendungen. Überhaupt ist der persönliche Kontakt ganz wesentlich für eine erfolgreiche Mitarbeiterakquise. Unser Partner Rudolf Stettmer hat dadurch sowohl unsere Kanzleimanagerin als auch eine Steuerassistentin, die nach der Mutterschaft den Wiedereinstieg suchte, für uns gewinnen können.

Erwartungen potenzieller Mitarbeiter

Der Trend zur Teilzeitarbeit nimmt ebenso zu wie der Wunsch nach Homeoffice, Sabbaticals und sonstigen Freiheiten wie etwa Mitnahme von Hunden oder Workation. Bereits bei Studienabgängern ist gelegentlich zu beobachten, dass keine Vierzigstundenwoche angestrebt wird, sondern kürzere Arbeitszeiten. Mit unseren Zeitmodellen sind wir sehr variabel und können die Wünsche in aller Regel erfüllen. Bringen die Mitarbeiter die richtige Arbeitseinstellung mit, funktioniert auch die Arbeit aus dem Homeoffice – wie in der Pandemiezeit – problemlos. Allerdings leiden die Sozialkontakte und es wird – auch mit unserer Niederlassung in Deggendorf – immer schwieriger, gemeinsame Schulungs- oder Freizeittermine zu organisieren.

Hybride Arbeitsmodelle und Benefits

Diese Herausforderungen werden vermutlich mit weiterem Wachstum und weiteren Niederlassungen parallel zur Unternehmensgröße wachsen. Im Bereich des Know-how-Transfers greifen wir auch nach der Pandemie unverändert auf hybride Kommunikationswege zurück, sodass bei kanzleiinternen Schulungen und Seminaren ein Teil der Mitarbeiter vor Ort am jeweiligen Standort teilnimmt und andere Mitarbeiter über Videotelefoniedienste digital an diesen Terminen zugeschaltet werden, aber über die Medien auch bei anschließenden Teambesprechungen und Fachdiskussionen interagieren können. Bei Social Events und Freizeitterminen messen wir jedoch weiterhin dem physischen Miteinander aller Mitarbeiter, egal von welchem Standort oder im Homeoffice, einen hohen Stellenwert bei, was unsere Mitarbeiter auch sehr schätzen. Dies bestätigt uns die stets sehr hohe Teilnehmerquote bei Betriebsausflügen, Faschings- oder Wander-Events, der Weihnachtsfeier oder lose vereinbarten Wanderungen, die unsere Mitarbeiter eigenständig untereinander organisieren.

Fazit und Ausblick

Nachhaltige Mitarbeitergewinnung setzt mittlerweile schon viele Stufen früher an beziehungsweise erfordert weitaus tiefer greifendes Engagement als reine Werbeanzeigen oder Stellenausschreibungen. Wir bilden laufend aus. Aktuell beschäftigen wir neben drei Steuer- und Prüfungsassistenten sowie drei Quereinsteigern zwei Auszubildende zum Steuerfachassistenten und suchen wieder für das Jahr 2024. Wir würden gerne noch mehr Schul- und Hochschulabgänger aufnehmen, aber die Unterweisung und Ausbildung fordert sowohl unsere erfahrenen Mitarbeiter als auch uns Partner neben der laufenden bereits schon hohen Arbeitsbelastung zusätzlich sehr stark, sodass die Ausbildung leider nicht mit einer beliebigen Anzahl an Neueinsteigern erfolgen kann, sondern stets sehr begrenzt ist. In diesem Zusammenhang sind wir im LSWB-Magazin 1/2023 auf die Kooperation des Landesverbands der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Bayern e. V. (LSWB) mit den Steuerlehrgängen von Dr. Stephan Bannas aufmerksam geworden. Hier werden von Dr. Stephan Bannas abends und an Wochenenden Onboarding-Kurse online angeboten, die eine praxisnahe Einarbeitung der Steuerassistenten in der Kanzlei erleichtern sollen. Wir werden dies voraussichtlich ausprobieren.

Zu den Autoren

Dr. Peter Leidel

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsbeistand in der Partnerschaftsgesellschaft Leidel & Partner in Regen. Die Partnerschaft besteht aus zwei Wirtschaftsprüfer/ Steuerberatern und einem Stuerberater und beschäftigt rund 40 Mitarbeiter.

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JE
Jakob Eisenreich

Diplom-Wirtschaftsjurist (univ.), Wirtschaftsprüfer, Steuerberater sowie Zertifizierter Berater für Unternehmenskauf/M&A (IFU). Er ist Partner bei Leidel & Partner in Regen.

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