Viele Kanzleien spüren den stärker werdenden Druck der fehlenden Fachkräfte. Mit einer neuen Kampagne und Unterstützung für den Berufsstand wollen wir das Thema gemeinsam angehen.
Selten wird die Lektüre der Tagespresse so schnell offensichtlich, wie es mir neulich begegnet ist. Gerade hatte ich die Überschrift gelesen: „Knapp ein Drittel der Ärztinnen und Ärzte ist 55 Jahre und älter“. Als ich später zum Essen verabredet war, begegnete mir zufällig mein Hausarzt. Freundlich grüßend, kam mir die Schlagzeile wieder in den Sinn: Auch er dürfte in den nächsten Jahren altersbedingt aus dem Berufsleben ausscheiden. Der medizinische Nachwuchs bleibt zwar zahlenmäßig gleich – aber er wird nicht annähernd den Bedarf in den Praxen und Krankenhäusern decken können. Eine demografische Entwicklung, die sich lange angekündigt hat und die sich auch in anderen Branchen zeigt.
Engpässe werden deutlich
Wenn wir auf unseren Berufsstand schauen, sehen wir ein ähnliches Bild. Die Bundesagentur für Arbeit bewertet einmal jährlich die Fachkräftesituation am Arbeitsmarkt anhand verschiedener Indikatoren. Diese sogenannte Engpassanalyse ergibt für einige Berufsgruppen einen besonders kritischen Wert – die Steuerberater zählen dazu. Vor allem bei der Relation zwischen offenen Stellen und Arbeitssuchenden sowie der Vakanzzeit sind die Anzeichen eines Engpasses mehr als deutlich.
Wir müssen daher das Heft selbst in die Hand nehmen und dafür sorgen, dass wir nicht nur Mitarbeiter halten, sondern auch dem Nachwuchs den Weg in die Kanzleien ebnen. Ausbilden ist nunmehr Pflicht, keine Kür. Dabei müssen wir die jungen Zielgruppen anders ansprechen, als wir es selbst möglicherweise gewohnt sind. Wir sollten wahrnehmen und akzeptieren, dass sie in einer anderen Welt groß geworden sind, mit anderen Herausforderungen und anderen Chancen. Ob Klimawandel oder Digitalisierung, ob politische Unsicherheiten oder die KI im Alltag: Ihr Umfeld ist ein anderes als das, in dem wir aufgewachsen und geprägt worden sind. Und sie kommunizieren ganz anders als wir, in jeder Hinsicht. Das gilt nicht nur für die Sprache – das war bei uns sicher auch so –, sondern auch für die Medien. TikTok, Instagram oder YouTube werden nicht nur in der Freizeit genutzt, sondern auch, um sich zu informieren – gleich ob politisch oder beruflich.
Informieren zahlt sich aus
Für das Gewinnen der Fachkräfte von morgen bedeutet das: digitale und zugleich persönliche Ansprache, Recruitainment, schnelle, spannende Formate. Deswegen haben wir eine gemeinsame Initiative mit der Bundessteuerberaterkammer und dem Deutschen Steuerberaterverband gestartet: Die Imagekampagne zahltsichausbildung.de soll die Ausbildung zum Steuerfachangestellten bekannter machen und die Attraktivität des gesamten Berufsbilds steigern. Denn: Irgendwas mit Steuern machen, das klingt erst einmal nicht so spannend. Zumal dann nicht, wenn ältere Leute – und dazu gehöre ich definitiv aus der Perspektive meiner Kinder und deren Freunde – diesen Beruf erklären wollen. Genau da setzt die Imagekampagne an: Die Arbeit in einer Steuerberatungskanzlei, die zahlt sich aus, und zwar in jeder Hinsicht. Weil die jungen Leute dort mit digitalen Zukunftstechnologien arbeiten und das jeden Tag. Weil die Arbeit vielfältig ist. Und weil sie sich um ihren Job keine Sorgen machen müssen. Alles Punkte, die der Generation Z nachweislich wichtig sind.
Kommunikation digital, aber authentisch
Unser Job ist es, ihnen nahezubringen, dass sie genau das von uns in den Kanzleien erwarten können. Und wir müssen diese Infos dort platzieren, wo der potenzielle Nachwuchs unseres Berufsstands sich jeden Tag bewegt: auf Social-Media-Kanälen, auf YouTube oder bei Spotify. Die Imagekampagne die in diesen Wochen anläuft, wird deswegen laut, bunt und aufmerksamkeitsstark sein und die Sprache der Generation Z sprechen. Und wir hoffen, dass wir damit möglichst viele neue Fachkräfte für die Kanzleien von morgen gewinnen. Dazu gehört aber auch, dass Sie sich darauf einlassen – was nicht bedeutet, dass nicht auch Sie authentisch sein sollen. Und wir lassen Sie nicht allein.
Fachkräfte gewinnen
Es gibt noch eine zweite, eine Unterstützungskampagne. Sie richtet sich an Steuerberatungskanzleien und hilft Ihnen dabei, Fachkräfte zu gewinnen, zu binden und weiterzuentwickeln. Auf der Website der Kampagne www.initiativegemeinsam-handeln.de finden Sie dafür zahlreiche Tipps. Dort können Sie auch erfahren, welche Schritte Sie gehen sollten, um die Zufriedenheit im Team zu erhöhen. Übrigens: Den ersten Schritt können Sie schon jetzt tun, nachdem Sie diesen Beitrag gelesen haben. Tragen Sie Ihre freien Ausbildungsstellen in der Stellenbörse ein, die Sie auf der Website der Kampagne „GEMEINSAM handeln“ finden. Und sagen Sie es weiter, damit auch Ihre Kollegen aus dem Berufsstand von der neuen Kampagne erfahren.
Denn über allem steht: Wir sollten nicht über die jeweils andere Generation reden, sondern mit ihr. In einer Sprache, die allen Seiten vielleicht nicht immer liegt, aber die alle verstehen. Nur so können wir nicht nur die Schlagzeilen verändern, sondern auch die Zukunft unserer Branche positiv beeinflussen.
