Nachhaltigkeit - 23. Februar 2023

Neue Berichtspflichten

Der Anwendungsbereich zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird deutlich ausgeweitet. Vor allem mittelständische Unternehmen sowie Betriebe der öffentlichen Hand werden hier vor großen Herausforderungen stehen.

Die Folgen des Klimawandels und die aktuellen Krisen, auch der fossilen Energieträger, beherrschen die Diskussion. Gleichzeitig werden die Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung fortentwickelt. Das betrifft sowohl den Inhalt der Berichterstattung selbst als auch den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen. Während große kapitalmarktorientierte Unternehmen bereits seit mehreren Jahren berichtspflichtig sind, ändert sich dies künftig. Auch große Mittelständler müssen ab dem 1. Januar 2025 einen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen.

Erweiterte Berichterstattung

Gegenüber der bisherigen Non-Financial Reporting Directive (NFRD) gelten künftig deutlich strengere inhaltliche Anforderungen. Die Unternehmen müssen verpflichtend berichten, wie sie Umweltrechte, etwa den Schutz von Wasser- und Meeresressourcen und Klimaschutz, umsetzen sowie Verbesserungen erreichen wollen, um die Einhaltung sozialer Rechte wie Chancengleichheit, Gleichstellung der Geschlechter und Menschenrechte zu garantieren. Darüber hinaus gelten verschärfte Governance-Regeln. Das betrifft besonders die Zusammensetzung von Gremien oder die Korruptions- und Bestechungsbekämpfung. Investoren sollen so Zugang zu verlässlichen,
transparenten und vergleichbaren Daten erhalten, ähnlich wie in der Finanzberichterstattung.

Ausgangslage

Bislang sind in Deutschland nur große, kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. Laut Gesetz haben diese Unternehmen im Lagebericht eine nichtfinanzielle Erklärung abzugeben, die das Geschäftsmodell der Gesellschaft beschreibt und darüber hinaus auf Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange sowie Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung eingeht.

Stufenweise Einführung

Die neue Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sieht vor, dass der Anwendungsbereich, also der Kreis der Unternehmen, die zur Berichterstattung verpflichtet sind, ausgeweitet wird. Ab 1. Januar 2024 greift die CSRD für alle Unternehmen, die bereits heute über die Einhaltung von Nachhaltigkeitspflichten berichten müssen. Sie müssen erstmals 2025 nach der neuen Regelung berichten. Ab dem 1. Januar 2025 müssen alle großen Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte berichten. Große Unternehmen im Sinne der CSRD sind solche, die mindestens zwei der nachfolgenden Schwellenwerte überschreiten:

  • im Jahresdurchschnitt mehr als 250 Beschäftigte,
  • Bilanzsumme über 20 Millionen Euro oder
  • mehr als 40 Millionen Euro Umsatzerlöse.

In Deutschland sind das die Gesellschaften, die nach den handelsrechtlichen Vorschriften als große gelten, § 267 Abs. 3 Handelsgesetzbuch (HGB). Daher werden auch die Unternehmen der öffentlichen Hand von der Berichtspflicht betroffen sein. Sie haben nämlich in der Regel ihre Rechnungslegung so wie große Kapitalgesellschaften aufzustellen. Für die Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2026 werden auch kapitalmarktorientierte kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) grundsätzlich zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet, 2028 alle börsennotierten KMU. Eine Befreiung hiervon ist nur möglich, wenn im Lagebericht erklärt wird, weshalb diese Informationen nicht vorgelegt werden.

Prüfungs- und Zertifizierungspflicht

Die CSRD sieht eine Prüfungspflicht vor. Es ist mittlerweile gelebte Praxis, dass auch freiwillig aufgestellte Nachhaltigkeitsberichte geprüft werden, jedoch nicht verpflichtend. Durch die Prüfungspflicht wird aber auch die Verlässlichkeit der Angaben zu Nachhaltigkeitsaspekten deutlich erhöht und die Gefahr des Greenwashings vermindert. Mit der neuen Regelung verbunden ist zudem eine Zertifizierungspflicht für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Unabhängige Wirtschaftsprüfer oder Zertifizierer müssen bestätigen, dass die
gelieferten Informationen den Standards entsprechen.

Eigener Abschnitt im Lagebericht

Darüber hinaus müssen die Unternehmen den Zugang zu den Informationen verbessern. Bislang konnten berichtspflichtige Unternehmen die Angaben zur nichtfinanziellen Erklärung in einem separaten Bericht darstellen oder auch an verschiedenen Stellen im Lagebericht aufnehmen. Zukünftig haben die Unternehmen zwingend in einem eigenen Abschnitt im Lagebericht zu berichten. Dies dient der Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit. Der Vorteil dieser Regelung ist beispielsweise, dass der Adressat weiß, an welcher Stelle er nach den gewünschten Informationen zu suchen hat.

Doppelte Maßgeblichkeit

Neben dem Anwendungskreis wird auch der Inhalt der Berichtspflicht ausgeweitet. So sollen sowohl die Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf Mensch und Umwelt als auch die Auswirkungen verschiedener Nachhaltigkeitsaspekte auf das Unternehmen selbst dargestellt werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer doppelten Maßgeblichkeit.

Eigener europäischer Standard

Weiterhin soll in die Berichterstattung eine zeitliche Komponente einfließen, indem auf kurz-, mittel- und langfristige Zeiträume eingegangen wird. Auch die Angaben nach Art. 8 EUTaxonomie- Verordnung müssen erfolgen. Kern der CSRD ist, dass es zur Berichterstattung einen eigenen europäischen Standard geben soll, den European Sustainability Reporting Standard (ESRS). Anstatt eines von mehreren gängigen Rahmenwerken zu wählen, wird hierdurch ein einheitlicher Standard zur Grundlage für alle gesetzlich vorgeschriebenen Nachhaltigkeitsberichte innerhalb der Europäischen Union geschaffen. Das verbessert die Vergleichbarkeit.

Drohende Sanktionen

Die CSRD soll in die handelsrechtlichen Sanktionierungsregelungen eingebunden sein. Bei Verstößen sind Verwaltungsmaßnahmen und Sanktionen geplant. Dazu gehören eine öffentliche Erklärung, in der die dafür verantwortliche natürliche und juristische Person genannt wird, die Art des Verstoßes sowie eine Anordnung, mit der die verantwortliche Person aufgefordert wird, den Verstoß einzustellen. Zudem sind behördliche Bußgelder vorgesehen.

Freiwillige Berichterstattung

In den letzten Jahren hat sich der Kreis der Unternehmen, die freiwillig Nachhaltigkeitsberichte erstellen, bereits stark vergrößert. Man kann hier auch von einer indirekten Berichtspflicht sprechen, die durch die Stakeholder-Erwartungen, insbesondere von Mitarbeitern, Kunden, den finanzierenden Kreditinstituten sowie anderen Kapitalgebern, getrieben wird. Mit der gesetzlichen Verpflichtung wird sich die indirekte Berichtspflicht nochmals erweitern, da die Lieferkette eine entscheidende Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung einnimmt. Jedes berichtspflichtige Unternehmen muss sich mit der Nachhaltigkeit entlang seiner Lieferkette, dementsprechend mit seinen Lieferanten, befassen.

Neue Herausforderungen

Grundsätzlich ist der einheitliche europäische Standard zu begrüßen. Die erstmalige Anwendung der CSRD dürfte für die meisten Unternehmen jedoch eine große Herausforderung darstellen. Zum einen müssen die notwendigen Informationen im Unternehmen beschafft werden und zum anderen müssen sie prüfungsfähig sein. Zu empfehlen ist daher, frühzeitig mit der Implementierung entsprechender Prozesse im Unternehmen zu beginnen.

Handlungsempfehlung

Mittelständische Unternehmen, bei denen die oben genannten Größenkriterien noch nicht vorliegen, sollten sich jedoch schon jetzt damit befassen. Zum einen werden Kunden, Mitarbeiter und auch die finanzierenden Banken vermehrt nach entsprechenden Informationen fragen. Und hier nicht auskunftsfähig zu sein, könnte zu einem Imageschaden werden, den kein Vorstand gerne in Kauf nehmen will. Daher ist den Unternehmen, ob groß oder klein, anzuraten, unabhängig von einer gesetzlichen Verpflichtung bei Fragen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung kompetente Beratung in Anspruch zu nehmen.

Fazit und Ausblick

Der Anwendungsbereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird deutlich ausgeweitet. Das ist in der neuen CSRD festgelegt. Ab 2024 müssen viel mehr Unternehmen in der EU einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen. Allein in Deutschland betrifft die neue Regelung 15.000 statt bisher 500 Unternehmen. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass die gesetzliche Berichtspflicht in den nächsten Jahren ausgeweitet wird.

Mehr dazu

finden Sie unter www.datev.de/nachhaltigkeit

Zum Autor

TM
Thilo Marenbach

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Düsseldorf. Er ist Vorstand und Partner der ECOVIS Audit AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und betreut mittelständische Unternehmen aus unterschiedlichen
Branchen bei der Jahres- und Konzernabschlussprüfung.

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