Arbeitszeitgestaltungsmodelle - 27. April 2023

Flexibel arbeiten

Der strukturelle Wandel unserer Arbeitswelt infolge von Digitalisierung, Globalisierung sowie der Entwicklung künstlicher Intelligenz ermöglicht ein zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten. Den Anforderungen und Bedürfnissen der Generation Y kommen dabei moderne Kommunikationsmittel sehr entgegen.

Work-Life-Balance und eine weitgehend freie Arbeitsgestaltung gewinnen immer mehr an Bedeutung. New Work ermöglicht somit neue Chancen und Möglichkeiten in der Organisation und Ausführung von Arbeit, begegnet aber nach wie vor arbeitsrechtlichen Grenzen. Unterschiedliche Betriebsorganisationsstrukturen, Produktionsabläufe, Mitarbeiterinteressen sowie individuelle Erfolgsfaktoren in den Unternehmen führen zu unterschiedlichen Varianten bei der Arbeitszeitgestaltung von Wahlarbeits- über Vertrauensarbeitszeit bis zu Teilzeit und Jobsharing. Die unterschiedlichen Varianten der Arbeitszeitmodelle setzen sich aus diversen Elementen zusammen, wie etwa Dauer, Lage, Verteilung und Verwaltung der Arbeitszeit sowie die Wahl des Arbeitsorts. Nachfolgend ein kurzer Überblick zu einigen Arbeitszeitgestaltungsmodellen.

Teil- und Gleitzeit

Teilzeit liegt vor, wenn die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit eines Arbeitnehmers kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers [§ 2 Abs. 1 Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG)]. Eine Variante der Teilzeitarbeit ist das sogenannte Jobsharing. Bei diesem Arbeitszeitmodell teilen sich zwei oder mehrere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine oder zwei Arbeitsplätze unter sich auf. Gleitzeit ermöglicht als weitere flexible Form der Arbeitszeitgestaltung eine weitgehend eigenverantwortliche Arbeitszeitgestaltung im betrieblich vorgesehenen Rahmen hinsichtlich Lage und Verteilung der Arbeitszeit mit Blick auf Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie einer fest vorgegebenen Kernarbeitszeit mit Anwesenheitspflicht. Die Gleitzeit ermöglicht also eine flexible Arbeitszeitgestaltung innerhalb eines vom Arbeitgeber vorgegebenen Zeitfensters.

Funktionszeit

Als eine Variante der Gleitzeit unterscheidet sich die Funktionszeit dadurch, dass keine fest vorgegebene reine Anwesenheitszeit oder Erreichbarkeit (Kernarbeitszeit) betrieblich vorgegeben wird. Die Gestaltung der flexiblen Arbeitszeit orientiert sich an der Erreichung vereinbarter Leistungsziele und garantiert so die Funktionsfähigkeit des Arbeitsbereichs. Während der Funktionszeiten wie etwa Servicezeiten wird eine Mindestbesetzung des Bereichs oder der Abteilung vorgegeben. Die Arbeitnehmer untereinander nehmen die Einteilung der Arbeitszeiten eigenverantwortlich vor.

Vertrauens- und Wahlarbeitszeit

Vertrauensarbeitszeitmodelle sind dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitgeber auf Vorgaben zur Arbeitszeit (Arbeitsbeginn und Arbeitsende) verzichtet und der Arbeitnehmer frei in der Einteilung seiner Arbeitszeit ist. Das Modell der Wahlarbeitszeit ermöglicht den Arbeitnehmern schließlich, Einfluss auf die Gestaltung der Arbeitszeitdauer zu legen. Zwei Varianten der Wahlarbeitszeit lassen sich unterscheiden. Die erste Variante ermöglicht den Arbeitnehmern, das vertragliche Arbeitszeitvolumen zu flexibilisieren. So können die Beschäftigten freiwillig zwischen unterschiedlichen Wochen- oder Jahresarbeitszeiten bei verstetigtem Arbeitsentgelt wählen. Die zum Beispiel über einen festgelegten Zeitraum angesammelten Überstunden können so unter Umständen für ein Sabbatical genutzt werden. Im Rahmen der zweiten Variante, der Wahlarbeitszeit, besteht die Wahlmöglichkeit in der Lage und Einteilung der vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeit.

Telearbeit

In der neuen Arbeitswelt spielt neben der Gestaltung der Lage, Einteilung und Dauer der Arbeitszeit auch die flexible Gestaltung des Arbeitsorts eine wichtige Rolle. Die Digitalisierung ermöglicht es den Mitarbeitern, Tätigkeiten außerhalb der Betriebsstätte des Arbeitgebers durch Verwendung unterschiedlicher Arten von Kommunikationsmitteln, wie etwa Laptop, Tablet oder Smartphone, zu erbringen. Dabei ist zwischen ausschließlicher, alternierender sowie der mobilen Telearbeit zu unterscheiden. Von ausschließlicher Telearbeit – auch als häusliche Telearbeit bezeichnet – wird gesprochen, wenn der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung an einem außerhalb des Betriebs gelegenen festen Arbeitsplatz erbringt, folglich also ausschließlich zu Hause tätig ist. Erbringt der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung dagegen teilweise von zu Hause und teilweise in der Betriebsstätte, liegt alternierende Telearbeit vor. Im allgemeinen Sprachgebrauch spricht man in diesen Fallkonstellationen von Homeoffice. Hiervon zu unterscheiden ist die mobile Telearbeit, auch als Mobile Office bezeichnet. Der Arbeitnehmer erbringt bei der mobilen Telearbeit seine Arbeitsleistung nicht an einem festen Arbeitsplatz, sondern an selbst bestimmten, wechselnden Orten, unabhängig davon, ob sich ein Mitarbeiter dort aus tätigkeitsbezogenen oder im weitesten Sinne privaten Gründen aufhält.

Homeoffice

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, eine Homeoffice-Tätigkeit einseitig kraft Weisung anzuordnen. Nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) unterliegt zwar auch die Bestimmung des Orts der Arbeitsleistung dem arbeitgeberseitigen Weisungsrecht. Der durch Art. 13 Grundgesetz (GG) garantierte grundrechtliche Schutz der Wohnung des Arbeitnehmers hat jedoch zur Folge, dass sich das arbeitgeberseitige Weisungsrecht von vornherein nicht auf die Einrichtung eines Homeoffice und eine dortige Tätigkeit erstreckt. Da die Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes im Regelfall weder vom Arbeitnehmer noch vom Arbeitgeber einseitig durchgesetzt werden kann, muss Homeoffice durch eine einvernehmliche Lösung zwischen beiden Parteien mittels Abschluss einer Homeoffice-Vereinbarung geregelt werden. Ein Anspruch auf Erbringung der arbeitsvertraglichen Tätigkeit kann sich im Einzelfall – bei entsprechender Regelung – auch aus Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen ergeben. Regelmäßig werden in Tarifverträgen beziehungsweise Betriebsvereinbarungen lediglich Rahmenbedingungen und Durchführungsmodalitäten, wie Anforderungen an den häuslichen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Arbeitszeiten, Daten- und Geheimnisschutz, Haftung, Kontroll- und Zutrittsrechte, geregelt. Grundsätzlich ist es die Aufgabe des Arbeitgebers, den im Homeoffice tätigen Arbeitnehmer mit einem zur Leistungserbringung geeigneten funktionsgerechten Arbeitsplatz nebst erforderlicher Arbeitsmittel auszustatten. Die Einrichtung des Homeoffice-Arbeitsplatzes umfasst die Ausstattung mit Büromöbeln, Technik und Büromaterial sowie die telekommunikative Anbindung. Die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer im Homeoffice wird jedoch regelmäßig nicht ausschließlich mit betrieblichen Arbeitsmitteln erbracht.

Datenschutz

Aus datenschutzrechtlicher Sicht besteht im Homeoffice eine erhöhte Gefahr der Einwirkung oder eines Missbrauchs durch Dritte. Auch im Homeoffice muss der Arbeitgeber als verantwortliche Stelle im Sinne von Art. 4 Nr. 7 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) angemessene technische und organisatorische Maßnahmen treffen. Nur so kann er sicherstellen, dass grundsätzlich ausschließlich die personenbezogenen Daten, deren Nutzung für den jeweils bestimmten Verwendungszweck erforderlich ist, verarbeitet werden, um einem möglichen Datenschutzverstoß vorzubeugen. Vor Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes sollte der Arbeitgeber daher prüfen, ob und welche personenbezogenen Daten am Arbeitsplatz verarbeitet werden. Nach der Prüfung hat der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zum Schutz der personenbezogenen Daten zu treffen, die einen Zutritt zu den im Homeoffice befindlichen Datenverarbeitungsanlagen (Laptop, Tablet oder Smartphone), eine Nutzung dieser Datenverarbeitungsanlagen sowie einen Zugriff auf personenbezogene Daten im System durch unbefugte Dritte verhindern. Die vom Arbeitnehmer einzuhaltenden Maßnahmen zur Einhaltung des Datenschutzes, wie etwa Verwendung von sicheren Passwörtern, Einsatz von Verschlüsselungssoftware, Installation und regelmäßige Aktualisierung von Virenschutz-Software, sollten vertraglich in der Homeoffice-Vereinbarung niedergelegt werden. Sofern diese Vereinbarung die Nutzung privater Arbeitsmittel ausdrücklich gestattet, sollte zusätzlich vereinbart werden, dass eine Trennung der gespeicherten privaten und dienstlichen Daten zu erfolgen hat.

Einhaltung des Arbeitszeitschutzes

Auch im Homeoffice sind die zwingenden Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes, wie tägliche Hocharbeitszeit, Ruhepausen oder Mindestruhezeiten, einzuhalten. Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, dass die Mitarbeiter die im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) enthaltenen Vorgaben berücksichtigen. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung ganz oder teilweise aus dem Homeoffice heraus erbringt. Da sich der Arbeitnehmer außerhalb des unmittelbaren Wahrnehmungs- und Einflussbereichs des Arbeitgebers befindet, sollten in der Homeoffice-Vereinbarung die wesentlichen Bestimmungen des ArbZG ausdrücklich aufgeführt und der Arbeitnehmer zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben verpflichtet werden. Trotz dieser dem Arbeitnehmer auferlegten Verpflichtung bleibt es dennoch in der Verantwortung des Arbeitgebers, die Befolgung der Bestimmungen des ArbZG zumindest stichprobenartig zu kontrollieren und sicherzustellen.

Vertrauensarbeitszeit

Die Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice wird in der betrieblichen Praxis häufig in Form der Vertrauensarbeitszeit praktiziert. Der Arbeitnehmer bestimmt eigenverantwortlich die Arbeitszeit. So stellt sich in der Praxis häufig die Frage, wie die Möglichkeit des Mitarbeiters, im Homeoffice jederzeit tätig werden zu können, arbeitszeitrechtlich zu bewerten ist. Es ist nicht unüblich, dass ein Arbeitnehmer nach Feierabend noch einen kurzen Blick in sein E-Mail-Postfach wirft und noch dienstliche E-Mails bearbeitet. Daraus können sich jedoch vielfach Verstöße gegen das ArbZG ergeben. § 2 Abs. 1 S. 1 ArbZG enthält eine Legaldefinition von Arbeitszeit. Arbeitszeit ist danach die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Arbeitszeit ist folglich die Zeit, die der Arbeitnehmer zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung aufwendet, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die Arbeitsaufnahme verlangt oder der Arbeitnehmer eigeninitiativ tätig wird. Arbeitszeit im Sinne des ArbZG sind daher grundsätzlich alle geleisteten Stunden, die der Arbeitnehmer zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung aufwendet, es sei denn, die Tätigkeit wurde vom Arbeitgeber ausdrücklich untersagt und auch nicht geduldet.

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Mandanten-Info-Broschüre: Homeoffice im Ausland, www.datev.de/shop/32514

Zum Autor

KK
Katharina Kuschefski, LL.M.

Rechtsanwältin in der Dortmunder Wirtschaftskanzlei Spieker & Jaeger sowie Lehrbeauftragte an der University of Europe for Applied Sciences

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