Rechnungsstellung - 29. Februar 2024

Ambitionierte Ziele

Die Finanzverwaltung strebt eine verpflichtende elektronische Rechnungsstellung ab 2025 an. Für inländische B2B-Umsätze soll drei Jahre später zudem ein neu geschaffenes transaktionales Meldesystem gelten.

Unabhängig von dem Rechtsetzungsvorschlag der Europäischen Kommission VAT in the Digital Age (ViDA), der ebenfalls grundlegende Änderungen im Bereich der Rechnungsstellung beinhaltet, hatte Deutschland bereits im Jahr 2022 die Einführung einer obligatorischen elektronischen Rechnungsstellung als Sondermaßnahme nach Art. 395 Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) beantragt. Mit Beschluss vom 25. Juli 2023 stimmte der Rat der Europäischen Union (EU) diesem Vorgehen zu. Die Geltungsdauer der Sonderregelung ist auf den Zeitraum vom 1. Januar 2025 bis längstens zum 31. Dezember 2027 befristet. Im Vorgriff auf die Erteilung dieser Genehmigung enthielt aber auch bereits der Entwurf des Wachstumschancengesetzes entsprechende Anpassungen im Hinblick auf die Rechnungsstellung, die ab dem 1. Januar 2025 in Deutschland Anwendung finden sollen. Kernelement der geplanten Änderungen zur Rechnungsstellung gemäß § 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist die Definition des Begriffs E-Rechnung in Anlehnung an den ViDA-Gesetzesvorschlag, also einer Rechnung, die grundsätzlich zwingend den Vorgaben der CEN-Norm EN 16931 (Richtlinie 2014/55/EU vom 16.04.2014) zu entsprechen hat. Für bestimmte Sachverhalte sieht der Entwurf des Wachstumschancengesetzes die zwingende Verwendung von elektronischen Rechnungen vor. Diese gilt für im Inland steuerbare B2B-Umsätze (Business to Business) – ausgenommen sind bestimmte steuerfreie Umsätze, wenn Leistender und Leistungsempfänger im Inland ansässig sind.

Reaktionen der Wirtschaft

Die Spitzenverbände der Wirtschaft hatten diesbezüglich schon sehr früh zu bedenken gegeben, dass die Einführung der verpflichtenden E-Rechnung zum 1. Januar 2025 angesichts der vielfältigen rechtlichen, technischen, normativen und administrativen Anforderungen für die Breite der Wirtschaft in dieser kurzen Frist nicht realisierbar sein werde. Auch im Hinblick auf die Praxistauglichkeit der E-Rechnung nach den aktuellen Vorgaben der Norm EN 16931 bestehen erhebliche Bedenken. Zwar erfolgt die Rechnungsstellung im B2G-Bereich (Business to Government) bereits auf Grundlage der nach dieser Norm festgelegten Datenstruktur. Allerdings ist eine Vielzahl der für den B2B-Bereich relevanten Informationen, wie etwa Informationen zu Abschlagsrechnungen oder die Abbildung von Skonto, derzeit nicht als gesondertes, strukturiertes Datenelement vorgesehen. Ohne weitere Spezifizierungen und Anpassungen der Anforderungen an den Rechnungsdatensatz müssten diese Informationen über Freitextfelder erfasst werden, was letztlich einer automatisierten Weiterverarbeitung entgegensteht. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat zwischenzeitlich mit Schreiben vom 2. Oktober 2023 an die Verbände zu den geplanten Änderungen bei der Erteilung von Rechnungen nach § 14 UStG Stellung genommen und ist sichtlich bemüht, die Unternehmen zeitnah mit Information zu den geplanten Änderungen und deren Umsetzung zu versorgen.

Zulässige Formate

Bezugnehmend auf die Frage, welche derzeit existenten Rechnungsformate grundsätzlich dem neuen Standard einer strukturierten elektronischen Rechnung entsprechen, vertritt das BMF die Auffassung, dass Rechnungen sowohl nach dem XStandard als auch nach dem ZUGFeRD-Format ab Version 2.0.1 den geplanten Anforderungen genügen. Somit erscheint der Rückgriff auf bereits etablierte Rechnungsformate möglich. Ab Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung zum 1. Januar 2025 soll bei einem hybriden Format entgegen Abschn. 14.4. Abs. 3 S. 4 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) der strukturierte Teil maßgeblich sein. Im Falle einer Abweichung gehen die Daten aus dem strukturierten Teil denen aus der Bilddatei vor. An der grundsätzlichen Zulässigkeit eines hybriden Formats ändert dies aber nichts. Das BMF weist abschließend ausdrücklich darauf hin, dass nach dem Entwurf des Wachstumschancengesetzes die Entgegennahme einer elektronischen Rechnung für alle inländischen Unternehmerinnen und Unternehmer ab dem 1. Januar 2025 verpflichtend sein wird. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Übergangsregelungen betreffen lediglich die Ausstellung einer Rechnung in anderen Formaten. Sofern der Rechnungsaussteller sich für die Verwendung einer elektronischen Rechnung entscheiden sollte, muss der Rechnungsempfänger diese auch entgegennehmen. Nach dem Beschluss des Bundestags im November 2023 soll eine elektronische Rechnung nunmehr auch in anderem Format als dem nach der EN 16931 ausgestellt werden können. Zwar soll dieses Format weiterhin den Grundfall für Syntax und Semantik einer elektronischen Rechnung bilden und es den Unternehmen so ermöglichen, sich auf ein einheitliches Format einzustellen. Allerdings sollen sich die am Leistungsaustausch Beteiligten auch auf ein anderweitiges Format verständigen können. Voraussetzung ist, dass dieses Format die richtige und vollständige Extraktion der erforderlichen Angaben aus der elektronischen Rechnung in ein Format ermöglicht, das der Norm EN 16931 entspricht oder mit dieser interoperabel ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll dies sicherstellen, dass insbesondere über EDI-Verfahren ausgestellte Rechnungen, deren Format den Vorgaben der CEN-Norm EN 16931 nicht entspricht, ebenfalls als elektronische Rechnungen anzusehen sind.

Ausblick

Schließlich strebt das BMF zum 1. Januar 2028 auch ein transaktionsbezogenes Meldesystem für nationale B2B-Umsätze an. Um die Belastungen für die Wirtschaft möglichst gering zu halten, soll sowohl für die nationalen als auch für die grenzüberschreitenden Transaktionen ein einheitliches elektronisches Meldesystem gelten, das sich folglich an den ViDA-Vorgaben orientiert. Die Steuerpflichtigen sollen nur bestimmte Rechnungsdaten, sogenannte Meldedaten, an die Finanzverwaltung übermitteln, was aber nicht durch eine Übermittlung der Rechnung an die Finanzverwaltung verwirklicht werden kann. Bund und Länder überlegen daher für die Einführung des Meldesystems, den Rechnungsaustausch zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger wahlweise über staatliche oder private E-Rechnungsplattformen abwickeln zu lassen.

Fazit

Entgegen der Kritik aus der Wirtschaft will der Gesetzgeber an dem bisher geplanten Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2025 festhalten. Allerdings wurden die damit verbundenen Vereinfachungsregelungen zuletzt noch einmal zeitlich ausgeweitet: Unternehmer sollen demnach generell noch bis zum 31. Dezember 2026 auf andere Rechnungsformen als die elektronische Rechnung ausweichen können (§ 27 Abs. 39 Nr. 1 UStG-E). Die Vereinfachungsregelung für Unternehmer, deren Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800.000 Euro betragen hat, wird auf den 31. Dezember 2027 verlängert (§ 27 Abs. 39 Nr. 2 UStG-E). Entgegen dieser gebotenen Klarstellungen liegt die Krux der Änderungen aber tatsächlich nicht in deren Umsetzung, sondern vielmehr in deren Planbarkeit: Da der Bundesrat zunächst die Zustimmung verweigerte und den Vermittlungsausschuss anrief, steht nun noch seine Zustimmung zum Vermittlungsergebnis am 22. März 2024 aus.

Zum Autor

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Anton Appel

Rechtsanwalt und Partner der WTS am Standort Düsseldorf. Er berät in allen Fragen des nationalen und europäischen Umsatzsteuerrechts.

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