Pflicht zur E-Rechnung - 29. Februar 2024

Systemwechsel mit Zukunftspotenzial

Mit Einführung der verpflichtenden elektronischen Rechnung bei inländischen B2B-Umsätzen wird Deutschland einen weiteren, gewichtigen Schritt im Rahmen der Digitalisierung machen und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft spürbar stärken.

In Deutschland wird ab dem 1. Januar 2025 eine Verwendung von elektronischen Rechnungen für Umsätze zwischen inländischen Unternehmern (inländische B2B-Umsätze) verpflichtend eingeführt. Damit wird ein Systemwechsel von der Papier- zur elektronischen Rechnung vollzogen. Hiermit soll die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft gefördert werden. Ferner ist die elektronische Rechnung Voraussetzung für die zu einem späteren Zeitpunkt geplante Einführung eines elektronischen Meldesystems zur transaktionsbezogenen Übermittlung von bestimmten Daten an die Finanzverwaltung. Die Regelungen zur Einführung der elektronischen Rechnung sind in dem Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness Wachstumschancengesetz) enthalten. Das Gesetz war bei Redaktionsschluss noch Gegenstand eines Vermittlungsverfahrens zwischen Bundestag und Bundesrat, der jetzt noch in seiner nächsten Sitzung am 22. März 2024 zustimmen muss, die Regelungen zur Einführung der elektronischen Rechnung sind jedoch nicht umstritten. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bestand ein großes Interesse daran, die Wirtschaft und die steuerberatenden Berufe in die Abläufe eng einzubinden und ihre Belange zu berücksichtigen. Daher wurde unter anderem bereits bei der Erarbeitung des Referentenentwurfs durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) eine vorgezogene Verbändeanhörung durchgeführt.

Unionsrechtliche Vorgaben

Das Unionsrecht sieht einen grundsätzlichen Vorrang der Papierrechnung vor. Der Rat der Europäischen Union (EU) hat Deutschland allerdings auf Grundlage von Art. 395 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) ermächtigt, innerhalb eines bestimmten Rahmens von diesen Vorgaben abzuweichen. Deutschland folgt damit anderen Mitgliedstaaten, die eine verpflichtende elektronische Rechnung derzeit einführen beziehungsweise eingeführt haben. Unabhängig von dieser Ermächtigung wird der von der Europäischen Kommission unterbreitete Rechtsetzungsvorschlag VAT in the Digital Age (ViDA) auf europäischer Ebene beraten. Mit dem Legislativpaket sollen die rechtlichen Grundlagen für die im B2B-Bereich perspektivisch unionsweit geplante Abkehr von der Papier- hin zur elektronischen Rechnung und darauf aufbauenden transaktionsbezogenen Meldesysteme geschaffen werden.

Digitalisierung in Wirtschaft und Verwaltung

Durch die Einführung der elektronischen Rechnung wird die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft gefördert. Unternehmensinterne Prozesse bei der Rechnungsverarbeitung können vereinfacht und verschlankt werden. Dies dient auch dem Bürokratieabbau. Zudem können durch eine medienbruchfreie Übermittlung der Rechnungsdaten Fehler bei einer manuellen Erfassung auf Seiten des Rechnungsempfängers vermieden werden. Schließlich ergeben sich erhebliche Möglichkeiten zur Kostenersparnis. Laut Statistischem Bundesamt beträgt die Entlastung für die Rechnungsaussteller über 1,3 Milliarden Euro pro Jahr. Für die Rechnungsempfänger ergeben sich weitere Einsparpotenziale. Auch im Hinblick auf die Entwicklung in anderen Ländern ist es wichtig, diese Potenziale für die deutsche Wirtschaft zu heben. Durch die Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung im B2B-Bereich mit zeitlichem Vorlauf vor der Einführung eines Meldesystems werden dabei die technischen Umsetzungsarbeiten in den Unternehmen entzerrt. Mit der zu einem späteren Zeitpunkt geplanten Einführung des Meldesystems, für das die elektronische Rechnung eine Voraussetzung ist, soll die Betrugsanfälligkeit des Umsatzsteuersystems weiter gesenkt und gleichzeitig die Schnittstelle zwischen der Verwaltung und den Unternehmen modernisiert und entbürokratisiert werden.

Anwendungsbereich

Eine verpflichtende Verwendung von elektronischen Rechnungen ist bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern vorgesehen. Ausnahmen bestehen lediglich für Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweise [§§ 33, 34 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV)]. Keine Plicht wird ferner bei Rechnungen über steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8 bis 29 Umsatzsteuergesetz (UStG) bestehen.

Begriff der elektronischen Rechnung

Eine elektronische Rechnung muss zukünftig in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen werden und eine elektronische Verarbeitung ermöglichen. Grundlegendes Format einer elektronischen Rechnung wird zukünftig die Richtlinie 2014/55/EU beziehungsweise der nach diesen Vorgaben vom CEN (Europäisches Komitee für Normung) entwickelte Standard EN 16931 sein. Dieser Standard wurde auf EU-Ebene für elektronische Rechnungen an die Verwaltung (B2G-Bereich) eingeführt. Er ist in diesem Bereich in Deutschland bereits seit Ende 2020 verpflichtend zu verwenden. Damit ist dieses Format der Wirtschaft bereits vertraut – zumindest soweit Unternehmen Leistungen an die Verwaltung erbringen – und in der Praxis erprobt. Die Arbeiten zur punktuellen Anpassung der Norm an die Anforderungen des B2B-Bereichs wurden auf europäischer Ebene bereits aufgenommen.

Technologieoffene Formate

Ferner wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens sichergestellt, dass auch andere Formate zulässig sind. Voraussetzung hierfür ist, dass aus der erstellten Rechnung die umsatzsteuerlichen Daten in ein Format, das den Vorgaben der Norm EN 16931 entspricht, oder einem dazu interoperablen Format extrahiert werden können. Damit wird eine Weiternutzung insbesondere der sogenannten EDI-Verfahren auch unter dem künftigen Rechtsrahmen ermöglicht. Zu diesem Zweck werden die Formatanforderungen bewusst technologieoffen gehalten.

Übergangsfristen

Als zusätzliche Entlastungsmaßnahme sind mehrjährige Übergangsfristen für die Rechnungsaussteller vorgesehen. Für alle Unternehmen besteht die Möglichkeit, bis zum 31. Dezember 2026 weiterhin die Altregelungen anzuwenden. Für Unternehmen mit einem Gesamtumsatz bis 800.000 Euro im Vorjahr gilt diese Regelung bis zum 31. Dezember 2027. Allerdings müssen alle Unternehmen den Empfang von elektronischen Rechnungen ab dem Januar 2025 sicherstellen. Diese Vorgabe ist erforderlich, um die bereits eingangs geschilderten Chancen der Digitalisierung tatsächlich auch nutzen zu können. Ansonsten müsste vor Übermittlung einer elektronischen Rechnung der Rechnungsaussteller – wie nach derzeitiger Regelung – zunächst das Einverständnis des Rechnungsempfängers einholen. Der dadurch verursachte Verwaltungsaufwand würde die Digitalisierungsvorteile erheblich schmälern.

Übermittlung

Vorgaben zum Weg der Übermittlung von elektronischen Rechnungen sind in der vorgesehenen neuen gesetzlichen Regelung nicht enthalten. Für die Entgegennahme einer elektronischen Rechnung ist daher zunächst bereits zum Beispiel ein E-Mail-Postfach ausreichend.

Unterstützung durch das BMF

Das BMF prüft derzeit, wie die Unternehmen mit einem kostenlosen Angebot zum Erstellen und zur Visualisierung von elektronischen Rechnungen unterstützt werden können. Eine entsprechende Lösung soll vor dem 1. Januar 2025 für alle Unternehmen zugänglich sein. Das BMF arbeitet zusammen mit den obersten Finanzbehörden der Länder bereits an einem BMF-Schreiben, um die Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung zu begleiten und Anwendungs- und Zweifelsfragen frühzeitig zu klären. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit den maßgeblichen Verbänden. Erste Ergebnisse liegen bereits vor: Mit Schreiben vom 2. Oktober 2023 hat das BMF mitgeteilt, dass die in Deutschland gängigen Formate XRechnung und ZUGFeRD (ab Version 2.0.1) die neuen Anforderungen für eine elektronische Rechnung erfüllen. Damit ist bereits eine erste Grundlage geschaffen, auf der seitens der Wirtschaft mit den notwendigen Umsetzungsschritten begonnen werden kann.

Fazit

Mit der Einführung der elektronischen Rechnung wird Deutschland einen gewichtigen Digitalisierungsschritt vorwärts machen und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft spürbar stärken. Gleichzeitig wird damit eine wichtige Voraussetzung für die Einführung eines elektronischen transaktionsbezogenen Systems zur Meldung bestimmter Daten aus den elektronischen Rechnungen an die Verwaltung geschaffen. Dies dient der weiteren Verbesserung der Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung. Hiervon profitieren nicht nur die Unternehmer, sondern im Ergebnis alle Bürgerinnen und Bürger.


Zur Autorin

KH
Dr. Katja Hessel

Rechtsanwältin und Steuerberaterin sowie Parlamentarische
Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen

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