Modernes Personalwesen - 27. April 2023

Den Wandel erfolgreich gestalten

Welche Stellschrauben sind bei der notwendigen Transformation in eine zunehmend digitalere Welt zu drehen? Diese Frage gewinnt an Bedeutung, um dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben und zugleich die besten Mitarbeiter an die eigene Firma zu binden.

Eine der größten Herausforderungen für Unternehmen ist der steigende Fachkräftemangel. Die Betriebe wissen das seit vielen Jahren, haben entsprechende Konzepte definiert, jedoch zu wenig an der Umsetzung gearbeitet. So scheiden überdurchschnittlich viele Know-how-Trägerinnen und -Träger aus den geburtenstarken Jahrgängen in den nächsten Jahren aus dem Arbeitsleben aus, die nur unzureichend durch neue Talente zeitnah ersetzt oder aufgebaut werden können. Daher werden Ruheständler motiviert, wieder an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, um die entstandenen Lücken möglichst schnell, gegebenenfalls temporär zu füllen. Doch in dieser Zeitenwende erfordert es nicht nur Know-how-Träger aus etablierten Geschäftsmodellen – es verlangt auch nach Fachkräften, die den erforderlichen Wandel schnell erkennen und mit Wissen und Kompetenz an entsprechenden Lösungen arbeiten können. Das ist die große Herausforderung für Führungskräfte und deren Mitarbeiter, die nun gezwungen sind, aus ihrer Komfortzone herauszugehen, um sich auf eine Unsicherheit in der zukünftigen Zusammenarbeit mit virtuellen Teams im Zuge der Kundenanforderungen einzulassen.

Agiler aufgestellt sein

Doch wie können etablierte Mitarbeiter und vor allem neue Teammitglieder dafür gewonnen werden? Der Bewerbermarkt hat die klassische Rekrutierung neuer Mitarbeiter auf den Kopf gestellt. Im Gegensatz zu früher müssen sich Firmen heute viel engagierter um interessierte Talente bemühen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer begegnen sich heutzutage auf Augenhöhe. Talente zu gewinnen, erfordert heute mehr als eine schlichte Stellenanzeige mit sachlicher Beschreibung der Aufgabe und ein paar eindrucksvollen Unternehmerdaten. Social Media zeigt interessierten Fachkräften, wie Unternehmen von ihren Mitarbeitern bewertet werden, mit welcher Unternehmenskultur zu rechnen ist und wie sich eine Organisation von anderen möglichen Unternehmen unterscheidet. In Zeiten größter wirtschaftlicher Umbrüche müssen sich erfolgreiche Unternehmen agiler aufstellen als in der Vergangenheit. Dabei ist die Größe eines Unternehmens nicht das Kriterium, sondern viel mehr, wie schnell sich eine Organisation auf Veränderungen im Markt einstellen beziehungsweise transformieren kann. Insbesondere für in der Vergangenheit erfolgsverwöhnte Marktführer ist das eine enorme Herausforderung. Es stellen sich also mehrere zentrale Fragen: Was könnten Erfolgsfaktoren sein, um den Wandel erfolgreich zu gestalten? Und wie könnten Transformationen möglichst schnell umgesetzt werden?

Mitarbeiter gewinnen und halten

Blicken wir zunächst auf die Gewinner der Pandemie. Hier haben sich die Umsätze um ein Vielfaches erhöht. Biotech-Firmen für Impfstoffe oder Laborgeräte konnten gar nicht genug Mitarbeiter einstellen, um das extrem hohe Arbeitsaufkommen der gesamten Wertschöpfungskette abzudecken. Die Lücke konnte temporär durch externe Ressourcen geschlossen werden. Doch nur mit Recruiting allein ist es nicht getan. Neue Mitarbeiter brauchen eine professionelle Einarbeitung. Das erfordert Zeit sowie einen strukturierten Onboarding-Prozess, der idealerweise zu einer langfristigen Mitarbeiterbindung führt. Sehr häufig gehen nach der Einstellung eines neuen Mitarbeiters dessen sorgfältige Einarbeitung und Weiterentwicklung im Tagesgeschäft unter. Homeoffice erschwert gerade bei neuen Mitarbeitern das Andocken an das Unternehmen. Ist die Arbeitsaufteilung an den Schnittstellen unterschiedlicher Abteilungen nicht klar kommuniziert und geregelt, verzögert sich die schnelle Einarbeitung. Effektivität und Arbeitsmotivation leiden, der Beziehungsaufbau ist erschwert. Dadurch steigt die Fluktuation und der große Aufwand für das Recruiting verpufft.

Gute Mitarbeiter erwarten gute Führungskräfte

Der Anspruch an gute Mitarbeiter ist zugleich der Anspruch guter Führungskräfte. Starke Führungskräfte ziehen starke Mitarbeiter an. Wie stellen Unternehmen sicher, dass sie die geeigneten Führungskräfte an Bord haben? Transformationen gelingen nur in Unternehmen, in denen die Führungsebene ihre Zustimmung zeigt und vorlebt. Denn Veränderungen verunsichern auch die Führungskräfte. Diese befinden sich häufig in ihrer Komfortzone und wollen Sicherheit bewahren. Doch Umbrüche und Krisen können ebenso als Chance genutzt werden. Ein italienisches Restaurant nutzte etwa in der Hochphase der Corona-Pandemie seine Räumlichkeiten als lukratives Covid-Testzentrum. Transformationen sind Veränderungen, die nie ganz abgeschlossen sind. Es hört nie auf. Entscheider müssen diese Kultur vorleben und sich selbst immer wieder infrage stellen. Erfolgsmodelle der Vergangenheit sind sehr wohl anzuerkennen, bedeuten jedoch keine Best-in-Class-Strategie für den zukünftigen Erfolg. Ein Festhalten ohne Weitblick vergrößert den blinden Fleck und trübt die Offenheit für die Realität. Es braucht auf der einen Seite eine klare Erwartungshaltung an die Mitarbeiter mittels Zielvereinbarungen im Sinne einer transaktionalen Führung und auf der anderen Seite eine transformale Führung, die durch Wertschätzung und Befähigung geprägt ist. Ein gesundes Gleichgewicht zwischen dem Ziel Vereinbaren, Umsetzen und Befähigen ist mit Blick auf eine positive Entwicklung sowohl fachlich als auch in der Zusammenarbeit Gold wert.

Orientierung für die Mitarbeiter

Führungskräfte und Mitarbeiter sind keine Kumpel. Eine Duzkultur im Unternehmen heißt nicht, dass eine Chef-Mitarbeiter-Beziehung auf gleicher Ebene stattfindet. Es ist eine asymmetrische Beziehung, die nicht herrschaftsfrei ist. Es können nicht alle Wünsche eines Teams berücksichtigt werden. Ebenso kann nicht alles und immer wieder im Team diskutiert werden. Bestimmte Regeln im Unternehmen gilt es einzuhalten, um in einer sinnvollen Struktur den roten Faden beibehalten zu können. So sind auch bestimmte Vorgaben beispielsweise bei Homeoffice-Regelungen festzulegen, um eine effektive Zusammenarbeit sicherzustellen. Regeln geben Orientierung. Sie führen zu Klarheit, was in der Zusammenarbeit geht und was nicht. Führungskräfte sind dabei nicht ausgenommen, sie sollten diese Regeln vorleben. Sicherlich gibt es auch bei klar definierten Regeln Ausnahmen. Das ist normal, sollte allerdings die Ausnahme bleiben. Situative Anpassungen müssen daher klar kommuniziert werden. Das erfordert auch den Mut, Nein zu sagen, um einen klaren Unterschied zwischen dem situativ Einfachen und dem Richtigen herauszuarbeiten. Gefordert ist eine gewisse Autorität, ohne sich dabei autoritär zu verhalten.

Konflikten nicht aus dem Wege gehen

Führung ist grundsätzlich konfliktbehaftet. Ein Abwägen zwischen Entscheidungen für unterschiedliche Maßnahmen erfordert den Konsens für einen Weg. Es ist wichtig, dass dieser eine Weg von allen unterstützt wird. Es braucht die Orientierung für alle, auch wenn man vorab nicht wissen kann, ob man die richtige Entscheidung für die Zukunft getroffen hat. Das bedeutet nicht, dass man an diesem Weg starr festhalten muss. Gefragt ist der Mut, einmal getroffene Entscheidungen anzupassen, wenn man erkennt, dass diese nicht zur Zielerreichung führen.

Flexibel gestaltete Zusammenarbeit

Die Corona-Pandemie hat die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, maßgeblich vorangetrieben. Jetzt geht es zusätzlich darum, die Arbeitszeiten an die Lebenswelten der Mitarbeiter anzupassen. Dies ist ein Entscheidungskriterium, das sich auf das Verhältnis zwischen Familien- und Arbeitsleben auswirkt. So könnte eine bisherige Fünftagewoche auf vier Tage mit je zehn Stunden Arbeitszeit reduziert werden, um in den Genuss eines verlängerten Wochenendes zu kommen. Auch bei diesem Thema gibt es ein Für und Wider. Agile Firmen arbeiten hier bereits mit Pilotprojekten. Damit besteht die Möglichkeit, herauszufinden, ob sich diese neue Arbeitsweise in der Praxis bewährt oder nicht.

Freude an der erbrachten Leistung

Trotz Komfortzone, Sicherheit und Stabilität suchen Menschen die Herausforderung. Eine gesunde Leistungskultur im Unternehmen ist deshalb notwendig. Aber was ist gesund beziehungsweise ungesund? Jeder Mitarbeiter setzt die Stellhebel an Leistung unterschiedlich. Ist die Veränderungsgeschwindigkeit oder das Maß an Veränderung in Transformationen zu ambitioniert, reagieren manche Mitarbeiter mit Frust bis hin zum Burn-out oder einer Abkehr vom Unternehmen. Hier sind ein offener Dialog und die notwendige Empathie gefordert, um individuelle Grenzen und Warnsignale innerhalb der Teams früh genug zu erkennen und den Transformationsprozess angemessen zu kalibrieren.

Fazit und Ausblick

Ein Unternehmen, das sich den Herausforderungen der Zukunft stellt, sollte beweglich und offen für Veränderungen sein und im Dialog mit seinen Mitarbeitern bleiben. Erfolg im transformatorischen Bemühen stellt sich nur dann ein, wenn Resonanz zwischen den Unternehmensstrategien und den Mitarbeitern existiert. Es erfordert Zeit, den Dialog zwischen Mitarbeitern und den Führungskräften aufrechtzuerhalten. Die Mitarbeiter müssen zu Beteiligten der positiven Geschäftsentwicklung werden. Sie sollten im Bewusstsein arbeiten, ein wesentlicher Teil des Ganzen zu sein, für den Erfolg mitgestalten zu können und dazu beizutragen, das Unternehmen für die Zukunft auszurichten. Nichts bindet die Mitarbeiter mehr als der gemeinsame Erfolg. Während der Fußballweltmeisterschaft in Katar war das gut zu sehen. Dort wuchs ein Team wie Marokko, das als klarer Außenseiter angetreten war, über sich hinaus. Ein Klima zu schaffen, das Respekt und Anerkennung sowohl von innen – also im Unternehmen – als auch von außen ermöglicht, ist also elementar. Dies jedoch erfordert von den Entscheidern eines Unternehmens die Achtsamkeit, sich ständig offen und selbstkritisch an die schnellen Veränderungen anzupassen und auch Erfolgsstrategien der Vergangenheit regelmäßig zu hinterfragen.

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Zum Autor

HS
Harald Smolak

Partner und Direktor sowie Leiter des Bereichs People Management bei der Atreus GmbH

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