Die GmbH als Familiengesellschaft - 25. März 2021

In der Poleposition

Auch bei der Rechtsformwahl von familiengeführten Unternehmen spielt die prominenteste Gesellschaftsform in Deutschland weiterhin eine überragende Rolle.

Als Familiengesellschaften werden im Allgemeinen Gesellschaften bezeichnet, deren Anteile in der Hand einer (Unternehmer-)Familie vereinigt sind. Der Gegenstand und Zweck des Unternehmens kann dabei den Betrieb eines aktiven Gewerbes umfassen oder sich auf rein vermögensverwaltende Tätigkeiten beschränken; entsprechend reicht die Bandbreite der vermögensmäßigen Ausstattung von Immobilien- oder Kapitalvermögen bis zum betrieblichen Produktivvermögen. Auch hinsichtlich der Anzahl und Zusammensetzung der Gesellschafterinnen und Gesellschafter sind sämtliche Erscheinungsformen vertreten, von der Ein-Personen-GmbH (& Co. KG), etwa zum gezielten Aufbau der eigenen Altersversorgung, bis zu über Generationen gewachsenen, weitverzweigten Familiengesellschaften mit einer Vielzahl von Gesellschaftern im In- und Ausland, die in Größe und Struktur an Publikumsgesellschaften heranreichen. Ebenso wenig wie es die typische Familiengesellschaft gibt, existiert keine typische Gesellschaftsform für Familiengesellschaften. Vielmehr muss die Strukturüberlegung in Richtung Personen- oder Kapitalgesellschaft sowie die Entscheidung zugunsten einer Rechtsform für jeden Einzelfall individuell getroffen werden, wobei die häufigste Gesellschaftsform in Deutschland, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), stets auch für Familiengesellschaften eine wichtige Rolle bei der Rechtsformwahl spielt.

Rechtliche Aspekte

Allgemein spricht für die Strukturierung einer Gesellschaft als Kapitalgesellschaft zunächst die Haftungsbeschränkung und die damit verbundene stärkere Trennung von Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen, was insbesondere bei gewerblich tätigen Familiengesellschaften mit unternehmerischem Risiko interessant sein kann. Da eine Kapitalgesellschaft weniger personalistisch geprägt ist als eine Personengesellschaft, eröffnet sich die Möglichkeit, eine familienfremde dritte Person mit der Geschäftsführung zu beauftragen. Dies kann dazu beitragen, Konflikte zwischen geschäftsführenden Gesellschaftern und Nur-Gesellschaftern – insbesondere im Rahmen einer Unternehmensnachfolge – zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Soll zunächst nur ein Gründungsgesellschafter beteiligt sein, aber die spätere Aufnahme weiterer Gesellschafter – etwa des (Ehe-)Partners oder der Kinder – vorbehalten werden, kann dies in der Rechtsform einer Einpersonenkapitalgesellschaft erfolgen. Eine nachfolgende Gesellschaftsgründung zur Beteiligung der Familienmitglieder – mit entsprechendem Aufwand und Kosten – kann so vermieden werden. Im Hinblick auf die im Vergleich zum Aktienrecht höhere Flexibilität sowie die geringeren Kosten bietet sich insbesondere für kleine und mittelständische Familienunternehmen beziehungsweise für Familienvermögen, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft strukturiert werden sollen, die GmbH als Gesellschaftsform an.

Satzungsgestaltung

Der Gesellschaftsvertrag der Familien-GmbH sollte – wie jeder Gesellschaftsvertrag – Regelungen zu den Stimmrechten, zu den Vermögensrechten und zum Ausscheiden der Gesellschafter enthalten. Insoweit gibt es keine typische Satzung für die Familien-GmbH. Da das Gesellschaftsrecht der GmbH weitgehend dispositiv ist, sind im Vorfeld der Satzungsgestaltung insbesondere Überlegungen mit Blick auf die Rolle und Stellung der einzelnen Familienmitglieder in der Gesellschaft (Geschäftsführer, Beirat), die Ausgestaltung von Stimm- und Gewinnbezugsrechten (Mehrstimmrechte, Mehrgewinnrechte, Vetorechte), die Reichweite der Befugnisse der Gesellschafterversammlung sowie – bei mehreren Familienstämmen – die Gewichtung der einzelnen Stämme anzustellen. Zudem ist zu bedenken, dass das GmbH-Recht von einer freien Veräußerbarkeit und Vererbbarkeit der Anteile ausgeht (§ 15 Abs. 1 GmbHG). Eine gewisse Kontinuität in der Beteiligung kann aber durch die Vereinbarung von sogenannten Vinkulierungsklauseln erreicht werden, wonach etwa die Veräußerung der Anteile an Dritte beziehungsweise der Verbleib des Erben des Gesellschafters in der Gesellschaft von der Genehmigung der Mitgesellschafter abhängig gemacht wird.

Stimmbindung

Um einer Zersplitterung von Stimmrechten entgegenzuwirken, kann über den Abschluss von sogenannten Stimmbindungs- beziehungsweise Poolverträgen nachgedacht werden. Durch einen solchen Vertrag verpflichten sich mehrere Gesellschafter zur einheitlichen Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung. Dies kann zu einer deutlichen Vereinfachung und Straffung bei der Durchführung der Gesellschafterversammlung beitragen, da Konflikte und Streitigkeiten zwischen den Minderheitsgesellschaftern bereits im Vorfeld der Gesellschafterversammlung ausgetragen werden. Darüber hinaus dient der Stimmbindungsvertrag auch der Stärkung des Stimmrechts der Minderheitsgesellschafter. Die rechtliche Zulässigkeit von Stimmbindungsvereinbarungen ist allgemein anerkannt. Grenzen bestehen allerdings etwa im Hinblick auf das Abspaltungsverbot und beim Verstoß gegen die gesellschaftsvertragliche Treuepflicht. Der Poolvertrag, der meist außerhalb der Satzung gesondert vereinbart wird, kann dabei als rein schuldrechtlicher Vertrag oder als GbR-(Innen-)Gesellschaft ausgestaltet werden. Poolverträge sind aber nicht nur ein Instrumentarium zur praktikablen Umsetzung von gesellschaftlichen Mitwirkungsrechten von (Minderheits-)Gesellschaftern, sondern werden insbesondere auch eingesetzt, um bei Anteilen von 25 Prozent und weniger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Begünstigung zu schaffen.

Familienverfassung

Über den einzelnen Satzungsregelungen kann – sozusagen als übergeordnetes Familienrecht – die Familienverfassung stehen. Die Familienverfassung ist Ausfluss der Werte, Leitlinien, Ideen und Strategie der Unternehmerfamilie. Sie definiert Rollen für die einzelnen Familienmitglieder, formuliert die gemeinsamen Interessen und gibt vor, wie der Zusammenhalt in der Familie und im Unternehmen umgesetzt und gestärkt werden kann. Auf diesem Wege kann die Familienverfassung dazu beitragen, die Akzeptanz der Satzungsregelungen zu erhöhen, aber auch Impulse für die Fortentwicklung der Satzung zu liefern und Hilfestellung bei der Umsetzung der einzelnen Satzungsregelungen zu leisten. Zur langfristigen Umsetzung der Familienstrategie kann neben der Vereinbarung einer Familienverfassung auch über die Einrichtung eines Beirats nachgedacht werden.

Beirat

Als beratendes Gremium kann ein Beirat Bindeglied zwischen Geschäftsführung und Gesellschaftern sein und vermitteln, aber auch – je nach Ausgestaltung – als Aufsichts- und Kontrollinstanz agieren. Beiräte erweisen sich häufig auch bei der Unternehmensnachfolge als zielführend, indem sie den Nachfolgeprozess begleiten, die junge Generation bei der Übernahme sowie die Seniorgeneration bei der Abgabe der unternehmerischen Verantwortung unterstützen. Aufgaben, Tätigkeit und Zusammensetzung des Beirats werden meist in der Satzung geregelt.

Besteuerung

Steuerliche Besonderheiten gegenüber der Nicht-Familien-GmbH ergeben sich nicht. Die GmbH erzielt kraft gesetzlicher Fiktion gewerbliche Einkünfte, selbst wenn sie nur eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausübt. Die Einkünfte werden auf der Ebene der Kapitalgesellschaft der Körperschaftsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag sowie der Gewerbesteuer unterworfen, sodass sich insgesamt eine Steuerbelastung von rund 30 Prozent ergibt. Nur im Fall einer Ausschüttung unterliegen die Gewinne beim Gesellschafter der Besteuerung mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent, sofern nicht ein Antrag auf Tarifbesteuerung mit Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gestellt wird. Dem Teileinkünfteverfahren unterliegen auch Gewinne im Zusammenhang mit der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung im Sinne von § 17 Einkommensteuergesetz (EStG). Beabsichtigt ein GmbH-Gesellschafter, aus Deutschland auszuwandern, ist zu berücksichtigen, dass die stillen Reserven aus der (wesentlichen) GmbH-Beteiligung in Deutschland grundsätzlich der Wegzugsbesteuerung gemäß § 6 Außensteuergesetz (AStG) unterliegen. Bei einer Schenkung beziehungsweise Vererbung der Gesellschaftsanteile kommt eine erbschaftsteuerliche Begünstigung nur dann in Betracht, wenn der Schenker oder Erblasser zu mehr als 25 Prozent an der GmbH beteiligt war. Handelt es sich also beim Gesellschaftsvermögen um begünstigtes Betriebsvermögen, ist daher im Vorfeld zu überlegen, ob die entsprechende Mindestbeteiligungsquote nicht durch eine Poolung der Anteile erreicht werden kann. Für diese Fälle ist im Poolvertrag – neben der Stimmbindung – eine Verfügungsbeschränkung im Sinne des § 13b Abs. 1 Ziff. 3 S. 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) zu vereinbaren. Befinden sich im Vermögen der GmbH Immobilien, ist zu beachten, dass sowohl bei der Einbringung eines Grundstücks in die GmbH als auch bei einer Übertragung der GmbH-Anteile grundsätzlich Grunderwerbsteuer anfällt. Die grunderwerbsteuerlichen Befreiungsvorschriften, die für einen unmittelbaren Grundstückserwerb im engeren Familienkreis gelten, sind – im Gegensatz zur Personengesellschaft – bei der GmbH nicht anwendbar, da diese als selbstständiger Rechtsträger behandelt wird.

Umstrukturierung

Der Weg in die GmbH steht sowohl natürlichen Personen mit Privatvermögen, als auch Personengesellschaften und Einzelunternehmern offen. Bei Letzteren kann die Gesamtrechtsnachfolge regelmäßig durch Ausgliederung erfolgen. Bei Personengesellschaften ist eine Umwandlung durch Formwechsel gemäß der §§ 190 ff. Umwandlungsgesetz (UmwG) möglich. Die Gesamtrechtsnachfolge hat den Vorteil, dass sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden kraft Gesetzes auf die GmbH übergehen und die GmbH in sämtliche Verträge eintritt. Sind die steuerlichen Voraussetzungen einer Einbringung erfüllt, kann die Umstrukturierung zudem steuerneutral ohne Aufdeckung stiller Reserven erfolgen. Privatvermögen kann im Wege der Einzelrechtsnachfolge durch Sacheinlage in eine GmbH überführt werden und ist dann steuerverstrickt.

Familienstiftung

Bei größeren Vermögen kann alternativ zur Familien-GmbH über eine Stiftungslösung nachgedacht werden. Die Familienstiftung ist keine eigene Rechtsform, sondern eine Stiftung bürgerlichen Rechts, deren Stiftungszweck darauf gerichtet ist, privatnützige Zwecke, nämlich die Förderung der eigenen Familie, zu verwirklichen. Familienstiftungen sollen verhindern, dass das Familienvermögen im Laufe der Zeit auseinanderfällt und zersplittert beziehungsweise dem Zugriff von Gläubigern oder Pflichtteilsberechtigten ausgeliefert ist. Auch unter steuerlichen Gesichtspunkten kann eine Stiftung attraktiv sein, etwa für den Fall, dass es sich bei der Geschäftstätigkeit um eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit handelt, oder bei einem Wegzug des Stifters ins Ausland.

Zusammenfassung

Die Strukturierung einer Familiengesellschaft als GmbH ist vorteilhaft, wenn die Gesellschafter nicht zwingend auf die Einkünfte aus der Gesellschaft angewiesen sind, da in diesem Fall die nicht ausgeschütteten Gewinne meist deutlich niedriger besteuert werden als bei der Thesaurierung in der Personengesellschaft. Auch wenn gezielt Einkünfte in eine Periode mit geringeren Einkünften verlagert werden sollen, bietet sich die GmbH an, da gezielt Ausschüttungspolitik betrieben werden kann. Bei Produktivvermögen ist für die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Begünstigung auf die Mindestbeteiligungsquote zu achten. Für die Strukturierung von Immobilienvermögen eignet sich die GmbH – im Hinblick auf die Grunderwerbsteuerbelastung – dagegen nur bedingt. Die rechtlichen Vorteile der Rechtsform der GmbH, wie etwa eine Haftungsbeschränkung, lassen sich dagegen auch über eine GmbH-&-Co.-KG-Struktur erreichen, die allerdings in der Handhabung etwas komplexer ist und einen höheren Verwaltungs- und Kostenaufwand zur Folge hat. Für größere Vermögen bietet sich als Alternative zur GmbH zudem die Überführung des Vermögens in eine Familienstiftung an.

Mehr dazu

Kompaktwissen für GmbH-Berater „Die Beratung der GmbH aus haftungsrechtlicher Sicht“, www.datev.de/shop/35346

Zum Autor

SR
Stephanie Renner

Rechtsanwältin und Steuerberaterin bei der WTS Group AG Steuerberatungsgesellschaft in München

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