Start-ups - 27. Juli 2023

Und dann … sind da noch die Steuern

Ob Einmannbetrieb oder Kapitalgesellschaft – bei all den Gestaltungsmöglichkeiten haben Gründer eines gemein: ihre Unternehmensvision. Und sie alle müssen sich von Beginn an mit steuerlichen Aspekten auseinandersetzen.

Keines ist wie das andere. Jedes Start-up hat seine eigene, innovative Geschäftsidee. Ein Ziel vor Augen, das es verwirklichen will. Hierfür werden unterschiedliche Wege bei der Rechtsformwahl eingeschlagen, wobei die Gründung einer Kapitalgesellschaft am beliebtesten ist. Und dies nicht nur aus Haftungsgründen. Kapitalgesellschaften werden den zahlreichen Ausgestaltungen der Unternehmung durch die Gründerinnen und Gründer gerecht und können sich den steigenden Anforderungen und Bedürfnissen eines wachsenden Start-ups anpassen.

Erste steuerliche Berührungspunkte

Auch wenn in den ersten Jahren der Unternehmung aufgrund des hohen Investitionsvolumens sowie angefallener Verluste nicht mit einer Ertragsteuerlast zu rechnen ist, haben Startups bereits bei der Gründung erste Berührungspunkte mit Steuern. Zu Beginn der Unternehmung ist eine Gewerbeanmeldung bei der Gemeinde ebenso zwingend erforderlich wie die Abgabe des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung beim Finanzamt. Dieses vergibt daraufhin eine Steuernummer sowie auf Antrag eine umsatzsteuerliche Identifikationsnummer (USt-IdNr.), die bei Liefer- und Leistungsbeziehungen im europäischen Binnenmarkt benötigt wird. Der Erfassungsbogen bietet zudem die Möglichkeit, für die Ist-Versteuerung, also die Versteuerung auf Basis von vereinnahmten anstatt von vereinbarten Entgelten (Soll-Versteuerung), zu optieren. Diese Erleichterung gilt für Kapitalgesellschaften mit jährlichen Umsätzen in Höhe von bis zu 600.000 Euro. Die Option stellt grundsätzlich ein sinnvolles Instrument dar, um Liquiditätsengpässen vorzubeugen, da die Umsatzsteuer an das Finanzamt nicht bereits bei Rechnungsstellung, sondern erst bei Bezahlung durch den Kunden abzuführen ist. Allerdings ist bei späterem Überschreiten der Umsatzgrenze eine zeit- und geldintensive Umstellung von der Ist- auf die Soll-Versteuerung notwendig. Daher kann es auch vorteilhaft sein, die abzuführende Umsatzsteuer bereits von Beginn an – nach den Grundsätzen der Soll-Versteuerung – zu ermitteln.

Gewinnermittlung

Fortan sind alle Geschäftsvorfälle des laufenden Geschäftsbetriebs buchhalterisch zu erfassen. Denn Kapitalgesellschaften sind kraft Rechtsform stets dazu verpflichtet, Bücher zu führen. Die Aktualität der Buchführung ist dabei nicht nur für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen von Bedeutung, sondern ermöglicht mittels betriebswirtschaftlicher Auswertungen auch einen Überblick über die Unternehmenslage. Die steuerliche Gewinnermittlung erfolgt jährlich durch Betriebsvermögensvergleich und setzt auf der handelsrechtlichen Gewinnermittlung auf. Die dadurch ermittelten Einkünfte gelten in vollem Umfang als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die auf einer ersten Besteuerungsstufe – auf Ebene der Kapitalgesellschaft – sowohl körperschaftsteuer- als auch gewerbesteuerpflichtig sind. Anteilseigner werden nur dann auf einer zweiten Stufe zur Besteuerung herangezogen, wenn eine Gewinnausschüttung erfolgt. Denn Kapitalgesellschaften zeichnen sich in Abgrenzung zu Personengesellschaften durch ein striktes Trennungsprinzip bei der Besteuerung der Gesellschafts- und Gesellschafterebene aus. Durch das Trennungsprinzip werden zivilrechtliche Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und deren Gesellschaftern (nach Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot und sofern der Gesellschafter als Geschäftsführer/Vorstand der Kapitalgesellschaft agieren kann) steuerlich anerkannt, soweit sie fremdüblich sind. Hält die Ausgestaltung von beispielsweise Darlehens-, Miet- oder Arbeitsverträgen einem Drittvergleich hingegen nicht stand, so ist Vorsicht geboten. Es können sich verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an die Anteilseigner oder verdeckte Einlagen (vE) in die Kapitalgesellschaft in Höhe der nicht fremdüblichen Vereinbarung begründen.

Anfängliche Verlustphase und Finanzierungsbedarf

Alle Start-ups eint, dass sie aufgrund ihrer hohen Cash-Burn-Rate stets Bedarf an Finanzierungsmitteln haben und sich dadurch oft am Rande der Insolvenz befinden. Diese Gefahr besteht insbesondere in der Entwicklungsphase, in der noch kein marktreifes Produkt angeboten beziehungsweise keine marktreife Dienstleistung erbracht werden kann. Die Finanzierung von Neuunternehmen ist daher ein zentraler Knotenpunkt, der auch steuerrechtlich von Beginn an berücksichtigt und idealerweise optimiert werden sollte. Die kostenintensive Gründungs- und Entwicklungsphase der Start-ups wird dabei maßgeblich von Finanzierungsrunden bestimmt, in denen Investoren Eigenkapital zur Verfügung stellen. Weil Darlehensaufnahmen bei Banken zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen zwischen Finanzierungsrunden häufig mangels Sicherheiten scheitern, wird häufig auf hybride Finanzierungsinstrumente, wie beispielsweise Wandeldarlehen, zurückgegriffen. Diese bieten Investoren die Möglichkeit, zu Beginn als Fremdkapitalgeber einzusteigen und bei späteren Gewinnen als Eigenkapitalgeber mitzubestimmen. Denn die von Investoren ausgegebenen verzinslichen Darlehen werden mit einem Wandlungsrecht ausgestaltet, das bei Optionsausübung in neu geschaffene Geschäftsanteile des Start-ups gewandelt wird. Mithin wird Fremdkapital zu Eigenkapital. Die Wandlung des Darlehens wäre insbesondere in einer bilanziellen Überschuldungssituation von Vorteil, in der die Verbindlichkeiten die Vermögenswerte übersteigen. Dies ist bei Startups nicht ungewöhnlich, da das bilanzielle Eigenkapital oft durch hohe Anlaufverluste aufgezehrt wird. Die Wandlung des Darlehens würde dann zu einer vorteilhaften Verminderung der Fremd- und Erhöhung der Eigenkapitalposition des Startups und somit zu einer Reduzierung oder gar Beseitigung der bilanziellen Überschuldung beitragen. Allerdings besteht für die Investoren gerade in Überschuldungssituationen üblicherweise ein Anreiz zur Optionsausübung. Daher werden Wandeldarlehen häufig auch unter Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts geschlossen, durch den die Rückzahlung der Verbindlichkeit an den Darlehensgeber unterbleibt, wenn dies einen Insolvenzgrund herbeiführen würde. Ein qualifizierter Rangrücktritt verhindert so den Ansatz der Verbindlichkeit im Rahmen der insolvenzrechtlichen Überschuldungsprüfung, die im Falle einer bilanziellen Überschuldung durchzuführen ist. Bei durchdachter Ausgestaltung können Wandeldarlehen daher – insbesondere in der anfänglichen Verlustphase – ein geeignetes Instrument zur Finanzierung von Start-ups darstellen. Gründern muss jedoch auch bewusst sein, dass sie in späteren Gewinnphasen bei Wandlung des Darlehens Anteile ihres Unternehmens abtreten müssen.

Verluste nutzen und Gewinne abschöpfen

Sind die anfänglichen Hürden eines Start-ups überwunden, kommt es zum Umsatzwachstum und schließlich zur Erreichung des Break-even-Points. In dieser Phase des Unternehmens stellt sich sodann die steuerrechtliche Frage der Verlustnutzung. Hierbei ist insbesondere die Vorschrift zum schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des § 8c Körperschaftsteuergesetz (KStG) zu berücksichtigen, da mit dem Unternehmenswachstum oft ein Wandel in der Anteilseignerstruktur einhergeht. Gehen jedoch mehr als 50 Prozent des Anteilsbesitzes innerhalb von fünf Jahren an einen Erwerber oder eine Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen über, so droht der vollständige Untergang der bis zu diesem Zeitpunkt angesammelten Verluste. In diesem Zusammenhang kann die zuvor geschilderte Finanzierung durch Wandeldarlehen zur Gefahrenquelle werden. Denn die Option zur Umwandlung des Fremdkapitals in Eigenkapital könnte unter Umständen einen schädlichen Beteiligungserwerb auslösen. Im Regelfall begründet sich ein Beteiligungserwerb erst zum Zeitpunkt der Wandlung in Eigenkapital. Je nach Ausgestaltung der Verträge kann jedoch bereits im Zeitpunkt der Einräumung der Option von einem Beteiligungserwerb ausgegangen werden. Es sollten daher bereits im Rahmen der Finanzierungsplanung mögliche Verlustuntergangsrisiken berücksichtigt werden, um eine Verrechnung der Verluste mit späteren Gewinnen zu ermöglichen. In Gewinnsituationen denken Unternehmensgründer selbstverständlich nicht nur über die Nutzung von Verlusten zur Minimierung der Ertragsteuerlast nach, sondern auch über die Ausschüttung der erzielten Gewinne. Gesellschafter-Geschäftsführer ziehen hierfür oft den Bezug von Tantiemen in Betracht. Es gilt jedoch, steuerliche Sondervorschriften zu beachten. Denn die Auszahlung einer gewinnabhängigen Vergütung kann unter Umständen als vGA klassifiziert werden, die steuerlich nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn die Tantieme mehr als 25 Prozent der Gesamtvergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers beträgt oder wenn die Summe aller insgesamt ausbezahlten Tantiemen über 50 Prozent des Jahresüberschusses darstellt. Der Verzicht auf ein fixes Geschäftsführergehalt bei einer lediglich gewinnabhängigen Vergütung führt somit im vollen Umfang zu einer vGA.

Die Steuern meistern

Steuern werden oft als ein leidiges Thema bei der Gründung eines Start-ups angesehen. Viele stellen sich die Frage, ob ein Steuerberater wirklich von Beginn der Unternehmung an notwendig ist. Zumeist schrecken Gründer zunächst vor diesem Schritt zurück und möchten sich die Kosten sparen. Unternehmer sollten jedoch kritisch hinterfragen, ob sie über das fachliche Know-how verfügen, um das Start-up sinnvoll steuerlich zu betreuen. Denn das Steuerrecht kann viele Stolpersteine bergen, deren Konsequenzen oft nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Dadurch ergeben sich auch Folgewirkungen auf das operative Geschäft sowie die strategischen Unternehmensziele. Mithin ist es essenziell, einen fachkundigen und zukunftsgerichteten Blick nicht nur auf die Unternehmung, sondern auch auf das Thema Steuern zu richten. Daher gilt der unbedingte Rat, sich bereits im Vorfeld und von Beginn an durch einen Steuerberater betreuen zu lassen.

MEHR DAZU

DATEV-Fachbuch „Start-up“, www.datev.de/shop/35855

Zu den Autoren

DL
Dominik Lipp

Steuerberater und Partner im Bereich Corporate Tax bei WTS am Standort München

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Vera Zintl

Consultant im Bereich Corporate Tax bei WTS am Standort München

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Franziska Bachmeier

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