Kapitalanlage Immobilie - 25. April 2024

Mehr Rendite als Risiko

Innerhalb eines Altersvorsorgeportfolios bieten Immobilien grundsätzlich einige Vorteile. Neben hohem Inflationsschutz und einer langfristigen Wertsteigerung sind vor allem steuerliche Privilegierungen bei Veräußerung und Vererbung zu nennen.

Grundsätzlich muss man bei Immobilien von zwei völlig unterschiedlichen Ansätzen ausgehen – der selbst genutzten und der vermieteten Immobilie. Nach der Sparda-Studie „Wohnen in Deutschland 2023“ leben knapp 50 Prozent aller Deutschen in einer selbst genutzten Immobilie. Was spricht für eine eigene Immobilie? Sofern diese abbezahlt ist, fällt im Alter mit der Miete einer der Hauptkostenblöcke weg.

Hohe Investitionskosten

In vielen Fällen kann eine Immobilie jedoch nicht vollständig durch Eigenmittel finanziert werden. Die deutlich gestiegenen Fremdkapitalzinsen und die damit zusammenhängenden monatlichen Belastungen machen es aktuell daher vielen Kaufinteressentinnen und -interessenten sehr schwer, eine seriöse Finanzierungsstruktur erstellen zu können. Bei einem Immobilienkauf fällt neben der landeshoheitlich geregelten Grunderwerbsteuer von 3,5 bis 6,5 Prozent sowie Grundbuch- und Notarkosten oft auch noch eine Maklercourtage an. Kaufnebenkosten von 12 Prozent des beurkundeten Kaufpreises sind daher keine Seltenheit. Bei einem exemplarischen Kaufpreis von 500.000 Euro für eine 100 Quadratmeter große Wohnung wären dies 60.000 Euro Kaufnebenkosten. Unterstellt man des Weiteren ein angespartes Eigenkapital von 20 Prozent des Kaufpreises, bleibt eine Restfinanzierungssumme von 448.000 Euro. Bei einer kalkulierten Annuität, bestehend aus 2 Prozent Tilgung und 5 Prozent Zins, würde dies eine jährliche Belastung in Höhe von 31.360 Euro beziehungsweise monatlich 2.613 Euro bedeuten. Dies lässt viele Interessenten an ihre finanziellen Grenzen stoßen, da vor allem in Großstädten die Preise und damit die Annuitäten für eine Vergleichsimmobilie noch deutlich höher ausfallen.

Unflexibles Produkt der Altersvorsorge

Neben dem hohen Liquiditätsabfluss, den eine ganz oder teilweise fremdfinanzierte Immobilie mit sich bringt, ist eine Immobilie im Gegensatz zu anderen Produkten der Altersvorsorge deutlich unflexibler. Zusätzlich zu den hohen Kaufnebenkosten ist ein Verkaufsprozess auch deutlich langwieriger als bei anderen Anlageprodukten. Es gibt im Gegensatz zu den Angeboten auf dem Kapitalmarkt keinen regulierten Handel beim Kauf und Verkauf, der dann praktisch täglich abgewickelt werden könnte. Selbst bei neuwertigen Immobilien werden mittelfristig Reparaturen und Renovierungsmaßnahmen anfallen, die in eine Gesamtrentabilitätsbetrachtung mit einkalkuliert werden müssen. Neben altersbedingten Reparaturen sind zudem hoheitliche Maßnahmen wie das von der Bundesregierung im vergangenen Jahr verabschiedete Gebäudeenergiegesetz (GEG) zu berücksichtigen, wonach beispielsweise eine maximale Restnutzungsdauer von Öl- oder Gasheizungen vorgeschrieben ist.

Vorteile selbst genutzter Immobilien

Was spricht dann überhaupt für eine eigengenutzte Immobilie? Neben der Sicherheit vor einer Inflation spielen bei einer selbst genutzten Immobilie auch subjektive Kriterien eine Rolle. Dazu zählen eine höhere Lebensqualität durch beliebige Um- oder Ausbaumöglichkeiten ebenso wie die Sicherheit, dass im Vergleich zu einer gemieteten Immobilie keine Gefahr einer Eigenbedarfskündigung besteht. Darüber hinaus war die durchschnittliche Immobilienpreisentwicklung der letzten 20 Jahre in Deutschland für Eigentümer überaus erfreulich. So ergab die jüngst veröffentlichte Publikation „Immobilienpreisentwicklung in Deutschland bis 2023“ des Statista Research Departments, dass sich der von ihnen ermittelte Preisindex, basierend auf einem gewichteten Mittel über 2 Millionen Datensätze der letzten 20 Jahre, bei 183 Prozent befindet. Das entspricht einem durchschnittlichen Immobilienwertanstieg von 83 Prozent. Für den Eigentümer einer Immobilie führt dies im genannten Betrachtungszeitraum daher zu einem Vermögensaufbau durch die geleisteten Tilgungen beziehungsweise die ersparte Miete bei gleichzeitiger Wertsteigerung seines anfänglichen Investments in Höhe von durchschnittlich 83 Prozent.

Steuerliche Privilegierung

Auf dem Kapitalmarkt werden die bei der Veräußerung von Aktien erwirtschafteten Gewinne in der Regel gemäß § 32d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) mit 25 Prozent Kapitalertragsteuer zuzüglich 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag besteuert. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass mehr als ein Viertel der Rendite bei Veräußerung den Reinertrag nach Steuern mindert. Bei selbst genutzten Immobilien ist dies anders: Zwar fallen beim Kauf die oben angesprochenen Kaufnebenkosten an, dafür ist aber der Gewinn aus dem Verkauf einer ausschließlich selbst genutzten Immobilie gemäß § 22 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vollständig von der Einkommensteuer befreit.

Günstige Erbschaftsteuer

Eine selbst genutzte Immobilie soll oft an die nächste Generation weitergegeben werden. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber in Deutschland mit Blick auf die dabei eventuell anfallende Erbschaftsteuer durch § 13 Nr. 4b und 4c Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) Rechnung getragen, indem er den Erwerb für Ehegatten grundsätzlich komplett erbschaftsteuerfrei stellt. Für Kinder eines Erblassers gilt grundsätzlich die gleiche Gestaltungsmöglichkeit mit der Einschränkung, dass bei einer Wohnfläche der Immobilie von über 200 Quadratmetern die übersteigenden Quadratmeter quotal besteuert werden. Gerade mit Blick auf einen generationenübergreifenden Vermögensaufbau stellt dies einen erheblichen Vorteil im Vergleich zu anderen Investitionen dar. Würde anstelle des Familienwohnheims ein Aktiendepot im gleichen Gegenwert an den Ehepartner oder die Kinder übertragen, so hätte dies eine erbschaftsteuerliche Belastung von bis zu 30 Prozent zur Konsequenz. Selbst wenn eine Immobilie nicht an die nächste Generation weitergegeben, aber bis zum Lebensende genutzt werden soll, kann durch einen Teilverkauf der eigenen Immobilie ähnlich wie bei einer Lebensversicherung das gebundene Immobilienvermögen in freie Liquidität verwandelt und wiederum für die Lebenshaltungskosten genutzt werden.

Renditevergleich mit konventionellen Produkten

Wechselt man nun die Perspektive vom Selbstnutzer einer Immobilie zur vermieteten Immobilie, dann spielen die oben aufgezeigten subjektiven Gründe für einen Immobilienkauf keine Rolle, da stets der direkte Renditevergleich mit konventionellen Altersvorsorgeprodukten zu ziehen ist. Diese Gegenüberstellung ist in der Praxis allerdings nicht ohne Weiteres möglich, da eine Immobilie einer anderen Besteuerungssystematik unterliegt als beispielsweise Aktien. So werden Gewinne aus laufenden Dividendenausschüttungen sowie Veräußerungsgewinne von Aktien, wie bereits skizziert, mit 25 Prozent Abgeltungsteuer gemäß § 32d Abs. 1 EStG besteuert. Dem gegenüber steht eine ertragsteuerliche Belastung aus Vermietungs- und Verpachtungseinkünften nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zwischen 14 und 45 Prozent gemäß § 32a Abs. 1 S. 1 EStG. Hintergrund für diese maximale Breite an Steuersätzen ist, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit dem individuellen Ertragsteuersatz eines Steuerpflichtigen besteuert werden. Die Gewinne aus der Veräußerung einer Immobilie unterliegen grundsätzlich den oben skizzierten Ertragsteuersätzen. Befindet sich eine fremdvermietete Immobilie allerdings mehr als zehn Jahre im Privatvermögen eines Steuerpflichtigen, so kann diese gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG steuerfrei veräußert werden, was sich bei der Gesamtrendite positiv für die Immobilie auswirkt.

Werbungskosten

Ein weiterer Bestandteil der unterschiedlichen Besteuerungssystematik ist die grundsätzliche Beschränkung des Werbungskostenabzugs bei Kapitaleinkünften auf den sogenannten Sparerpauschbetrag gemäß § 20 Abs. 9 EStG, der pro Jahr 1.000 Euro pro Steuerpflichtigem beträgt. Bei einer Immobilie können hingegen sämtliche Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG berücksichtigt werden. Dazu zählen Fremdkapitalzinsen, Reparaturen, Instandhaltungsmaßnahmen und natürlich auch noch die Gebäudeabschreibung.

Abschreibungen

Gerade durch Letztere hat der Gesetzgeber in zahlreichen Gesetzgebungsprozessen in Form von Sonderabschreibungen immer wieder Anreize geschaffen, dass in Immobilien investiert wird. Denn eine höhere Abschreibung führt kurzfristig zu höheren Werbungskosten und damit automatisch auch weniger steuerpflichtigem Einkommen in den ersten Jahren. Dies ist vor allem für Anleger interessant, die einen mittelfristigen Anlagehorizont von circa zehn Jahren haben, da sie in den ersten Jahren eine niedrigere Ertragsteuer zahlen müssen und nach zehn Jahren die Immobilie mit einer eventuellen Wertsteigerung steuerfrei weiterveräußern können. Derzeit beträgt der lineare Abschreibungssatz auf wohnwirtschaftlich genutzte Gebäude, die ab 1925 erbaut wurden, 2 Prozent pro Jahr beziehungsweise nach dem 31. Dezember 2022 fertiggestellte Gebäude jährlich 3 Prozent. Seit dem Veranlagungszeitraum 2023 erfährt die Anschaffung oder Herstellung neuer Wohnungen durch § 7b Abs. 1 EStG eine zusätzliche steuerliche Förderung. Konkret dürfen unter der Einhaltung einiger Voraussetzungen, wie etwa der Regulierung der maximalen Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungskosten auf 4.800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und einer verpflichtenden Bauantragstellung nach dem 31. Dezember 2022, vier Jahre maximal bis zu 5 Prozent jährlich an zusätzlicher Abschreibung vorgenommen werden.

Wachstumschancengesetz

Zudem hat der Bundestag am 17. November 2023 das sogenannte Wachstumschancengesetz beschlossen. Einer der zentralen Inhalte ist, ein Wahlrecht zur degressiven Abschreibung für Wohngebäude ausüben zu können, wenn der Baubeginn nach dem 30. September 2023 lag. Die Höhe der degressiven Abschreibung soll 5 Prozent betragen. Der Bundesrat hat dem Gesetz in seiner Sitzung am 22. März 2024 nach Anpassungen im Vermittlungsausschuss nun zugestimmt. Gerade in Zeiten, in denen es bereits wieder bis zu 4 Prozent auf Tagesgeldanlagen gibt, will derzeit die Investition in eine fremdvermietete Immobilie wohlüberlegt sein. Ein Investor sollte sich bei einem derartigen Investment neben den operativen Aufwänden wie Reparaturen oder auch Mieterwechsel vor allem aber bewusst sein, einen Anlagehorizont von mindestens zehn Jahren einplanen zu müssen, um neben den aufgewendeten Kaufnebenkosten auch noch eine Wertsteigerung der Immobilie ertragsteuerfrei vereinnahmen zu können. Eine Unterstützung für die Entscheidung zum Kauf einer vermieteten Immobilie ist dabei das Wachstumschancengesetz, durch das sich vor allem auch die ertragsteuerliche Belastung in den ersten Jahren reduzieren lässt. Auch im Hinblick auf die Erbschaftsteuer gibt es bei fremdvermieteten Wohnimmobilien gemäß § 13d Abs. 1 ErbStG eine Privilegierung in Form einer Steuerbefreiung in Höhe von 10 Prozent des Immobilienwerts.

Fazit

Die Ausgangsfrage, ob sich eine Immobilie als Kapitalanlage und damit als Bestandteil des eigenen Altersvorsorgeportfolios eignen würde, kann prinzipiell bejaht werden. Denn Immobilien bieten grundsätzlich einige Vorteile, wie etwa Inflationsschutz, langfristige Wertsteigerung und vor allem steuerliche Privilegierungen bei Veräußerung und Vererbung. Als kurzfristiges Investment ist eine Immobilie jedoch aufgrund der skizzierten Parameter, allen voran der hohen Kaufnebenkosten, nicht geeignet.

Zum Autor

TS
Prof. Dr. Thomas Schiller

Steuerberater und Senior Partner der Pareto Kanzlei GmbH in Straubing

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