Erbschaft- und Schenkungsteuer - 23. November 2023

Systematisch beobachten

Verschärfungen der Finanzverwaltung führen zu Risiken bei Umwandlungen im Vorfeld einer (unentgeltlichen) Unternehmensnachfolge. Für die Praxis ergibt sich daraus die Notwendigkeit eines fortlaufenden Monitorings.

Mit gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 13. Oktober 2022 (BStBl. I 2022 S. 1517) hat sich die Finanzverwaltung (FV) zur Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen und jungen Finanzmitteln bei Umwandlungsvorgängen geäußert. Während normales Verwaltungsvermögen und normale Finanzmittel durch Schuldenverrechnung, Finanzmitteltest und Schmutzabschlag in vielen Fällen umfangreich zu nicht schädlichem Verwaltungsvermögen führen, gilt dies nicht für junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel. Denn junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel unterliegen vollumfänglich und ohne Begünstigung der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Vor diesem Hintergrund sind die Erlasse für Unternehmensübertragungen im Wege der (vorweggenommenen) Erbfolge von größter Bedeutung.

Das Gesetz definiert gemäß § 13b Abs. 7 S. 2 Erbschaftsteuer-und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) junges Verwaltungsvermögen als solches Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb zum Zeitpunkt, an dem die Steuer entsteht, weniger als zwei Jahre zuzurechnen war. Dies können zum Beispiel kürzlich erworbene, Dritten zur Nutzung überlassene Immobilien, Anteile an Kapitalgesellschaften kleiner/gleich 25 Prozent, Wertpapiere oder Kunstgegenstände sein. Die Finanzverwaltung legt der Beurteilung der Betriebszugehörigkeit eine Legal-Entity-Betrachtung zugrunde, nach der zum jungen Verwaltungsvermögen nicht nur das Verwaltungsvermögen gehören soll, dass von außerhalb des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Verbunds zugeführt wird, sondern auch solches, dass innerhalb eines Verbunds den Rechtsträger wechselt [R E 13b.29 Abs. 4 Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR)]. Die seit der Erbschaftsteuerreform 2016 in § 13b Abs. 9 ErbStG gesetzlich verankerte Verbundvermögensaufstellung bleibt hierbei unberücksichtigt.

Junges Verwaltungsvermögen

In den Erlassen vom 13. Oktober 2022 verfestigt die FV die in der Literatur kritisierte Legal-Entity-Betrachtung nun dadurch, dass Rechtsträgerwechsel von Verwaltungsvermögen auch im Rahmen von Umwandlungen eine Umqualifikation in junges Verwaltungsvermögen beim aufnehmenden Rechtsträger begründen sollen. Wurden beispielsweise in den zwei Jahren vor einem Erbschaft- und Schenkungsteuerstichtag innerhalb eines Verbunds Einheiten – in beliebiger Richtung – miteinander verschmolzen, ist das hierbei übernommene Verwaltungsvermögen bei der aufnehmenden Gesellschaft als junges Verwaltungsvermögen zu erfassen. Eine Anrechnung von Zurechnungszeiten des bisherigen Rechtsträgers soll – trotz zivilrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge und ertragsteuerlicher Besitzzeitanrechnung nach § 4 Abs. 2 S. 3 Um- wandlungssteuergesetz (UmwStG) – nicht erfolgen. Die Einbringung von Mitunternehmeranteilen soll nach Ansicht der FV mangels eines Rechtsträgerwechsels in Bezug auf das Verwaltungsvermögen nicht zu jungem Verwaltungsvermögen führen. Gleiches gilt für den Formwechsel. Zu der Einbringung von Anteilen an Kapitalgesellschaften größer 25 Prozent hat die FV hingegen keine Stellung in den Erlassen vom 13. Oktober 2022 genommen. Hier sollte mangels Rechtsträgerwechsel allerdings das Gleiche gelten wie für die Einbringung von Mitunternehmeranteilen. Zu beachten ist, dass die FV darüber hinaus selbst ohne Rechtsträgerwechsel eine Begründung jungen Verwaltungsvermögens annimmt, wenn sich die betriebliche Zurechnung des Verwaltungsvermögen bei ertragsteuerlicher Betrachtung ändert. Dies kann beispielsweise bei einer Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Mitunternehmerschaft bezogen auf das hierdurch entstehende Sonderbetriebsvermögen der Fall sein (vgl. Beispiel in Rz. 9 der Erlasse).

Junge Finanzmittel – eigener Einlagebegriff?

Überraschend sind die Ausführungen vor allem zur Entstehung von jungen Finanzmitteln. Gesetzlich definiert sind diese gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 2 ErbStG als positiver Saldo aus Einlagen und Entnahmen von Finanzmitteln innerhalb von zwei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt. Die FV definiert in diesem Zusammenhang einen eigenen finanzmittelspezifischen Einlagebegriff für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke. Ein Einlagevorgang in diesem Sinne soll auch der Wechsel der betrieblichen Zuordnung von Finanzmitteln durch Umwandlungen sein und somit zur Entstehung von jungen Finanzmitteln führen. Selbst bei der Aufwärtsverschmelzung geht die FV davon aus, dass der Übergang von Finanzmitteln schädliche Einlagen darstellen, obwohl es sich nach ertragsteuerlichen Grundsätzen hierbei nicht um eine Einlage, sondern grundsätzlich um einen Anschaffungsvorgang handelt.

Fazit und Ausblick

Obwohl es bei verbundinternen Umstrukturierungen zu keiner veränderten Zusammensetzung des Verbundvermögens kommt, können diese nach aktueller Ansicht der FV zu jungem Verwaltungsvermögen und jungen Finanzmitteln führen. Dies erscheint umso erstaunlicher, wenn man berücksichtigt, dass bei Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift für diese Fälle keine Missbrauchsgefahr zu erkennen ist, die es zu vermeiden gelte. Für die Praxis ergibt sich aus den gleichlautenden Erlassen bei geplanten Unternehmensnachfolgen nunmehr die Notwendigkeit eines laufenden Monitorings, das mindestens zwei Jahre vor dem Stichtag beginnt, sowie einer erbschaft- und schenkungsteuerlichen Detailprüfung von Umwandlungsvorgängen in diesem Zeitraum. Zugleich bleibt noch abzuwarten, ob sich der BFH der Ansicht der FV anschließt – insbesondere im Hinblick auf die fehlende Berücksichtigung des Verbundgedankens und die eigene Auslegung des Einlagebegriffs. Soweit ersichtlich sind zum aktuellen Zeitpunkt allerdings keine diesbezüglichen Verfahren anhängig.

Zu den Autoren

RF
Ricardo Fischnaler LL. M.

Steuerberater und Partner im Bereich Corporate Tax bei WTS am Standort Köln. Er betreut Familienunternehmen rund um das nationale und internationale Unternehmensteuerrecht sowie bei der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Unternehmensnachfolge.

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MG
Marisa Giesel

Steuerberaterin und Managerin im Bereich Corporate Tax bei WTS am Standort Köln. Sie betreut Familienunternehmen rund um das nationale und internationale Unternehmensteuerrecht sowie bei der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Unternehmensnachfolge.

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