Die Gründung vollziehen - 26. Oktober 2023

Die GmbH als Favorit

Auch für Existenzgründer ist die gängigste deutsche Rechtsform mit Blick auf die Geschäftstätigkeit erste Wahl. Denn auch für Start-ups bietet die GmbH im Vergleich zu anderen Optionen insgesamt die meisten Vorzüge.

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) erfreut sich in Deutschland hoher Beliebtheit. Wegen ihrer Kombination aus Seriosität bei gleichzeitiger Haftungsabschirmung und großer Flexibilität wird sie nicht nur in der Old Economy häufig gewählt, sondern auch in der Start-up-Szene. Warum ist das so und welche anderen denkbaren Rechtsformen für Start-ups gibt es und wie stellt sich die Abgrenzung dar?

Personen- versus Kapitalgesellschaft

Die nach deutschem Recht möglichen Rechtsformen lassen sich in zwei große Gruppen einteilen, zum einen die Personengesellschaften und zum anderen die Kapitalgesellschaften. Zu den Personengesellschaften zählen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG). Auch die im Rechtsverkehr recht häufig anzutreffende GmbH & Co. KG ist letztlich KG und damit Personengesellschaft, deren Besonderheit nur darin besteht, dass der einzig persönlich haftende Gesellschafter eine GmbH ist. Daneben existieren die sogenannten Kapitalgesellschaften oder auch juristischen Personen des Zivilrechts. Hierbei handelt es sich um die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nebst ihrer kleinen Schwester, der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft (UG). Ferner sind noch die Aktiengesellschaft (AG) und die Europäische Aktiengesellschaft (SE) zu nennen. Für Start-ups sind AG und SE sicherlich nur in theoretischen Ausnahmefällen interessant, da sie – neben erhöhten Kapitalanforderungen – auch deutlich zu komplex und unflexibel sind. Daher werden sich die folgenden Ausführungen an der GmbH orientieren und jeweils Verweise auf die anderen für Start-ups denkbaren Rechtsformen enthalten.

Haftungsbeschränkung

Der größte Vorteil der GmbH – nicht nur für Start-ups – ist sicherlich die Begrenzung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen. Insoweit unterscheidet sich die GmbH deutlich von den Personengesellschaften. Insbesondere bei GbR und OHG haften die Gesellschafterinnen und Gesellschafter nach außen vollumfänglich mit ihrem gesamten (Privat-)Vermögen. Eine Haftungsbeschränkung ist bei den Personengesellschaften nur dadurch erreichbar, dass eine solche mit dem jeweiligen Vertragspartner ausdrücklich vereinbart wird. Bei der GmbH gilt die Haftungsbeschränkung erst ab ihrer Eintragung ins Handelsregister. Gegründet ist die GmbH allerdings schon mit der Unterschrift auf der Gründungsurkunde beim Notar und sie kann dann schon im Rechtsverkehr handeln. Viele Gründer beginnen nach der Unterschrift beim Notar unmittelbar mit der Geschäftstätigkeit. Die übliche Belehrung des Notars über die sogenannte Unterbilanzhaftung wird dabei gerne überhört. Werden vor Eintragung der GmbH ins Handelsregister verlustreiche Geschäfte gemacht, besteht für die Gesellschafter weiterhin eine persönliche Haftung. Hier ist also Geduld gefragt. Gibt es dringende Gründe, eine Geschäftstätigkeit unmittelbar aufzunehmen, kommt der Erwerb einer sogenannten Vorrats-GmbH in Betracht. Unabhängig von der Haftung der Gesellschafter ist jedoch die der Geschäftsführer einer GmbH. Diese haften gegenüber der GmbH unter anderem, wenn sie ihre Obliegenheiten verletzen oder nicht rechtzeitig einer Insolvenzantragspflicht nachkommen.

Trennung von Gesellschafter und Geschäftsführer

Ein großer Vorteil der GmbH aus Sicht von Start-ups ist, dass Geschäftsführung und Gesellschafterstellung grundsätzlich unabhängig voneinander sind. Insoweit unterscheidet sich die GmbH ebenfalls erheblich von den Personengesellschaften, bei denen der Grundsatz einer sogenannten Selbstorganschaft gilt. Geschäftsführer von GbR und OHG sind jeweils die Gesellschafter. Es ist dort nicht möglich, einen externen Dritten als Fremdgeschäftsführer organschaftlich zu installieren. Die bei Start-ups häufig anzutreffende Konstellation, dass die Gründer sowohl Gesellschafter als auch Geschäftsführer, später hinzutretende Investoren jedoch nur Gesellschafter sind, lässt sich damit in der GmbH rechtssicher abbilden. Während den Geschäftsführern dann das operative Geschäft obliegt, sind die Gesellschafter für Grundlagenentscheidungen zuständig. In der Regel wird dies durch Geschäftsordnungen für die Geschäftsführung flankiert, in denen geregelt ist, bei welchen Themen die Geschäftsführung die Gesellschafterversammlung einzubeziehen hat, wie etwa Geschäfte ab einem gewissen Umfang oder Grundlagengeschäfte. Daneben bestehen die – nicht ausschließbaren – Gesellschafterrechte, wie zum Beispiel das Informationsrecht.

Flexibilität bei gleichzeitiger Verlässlichkeit

Für Start-ups bietet die GmbH große Flexibilität im Vergleich zu anderen Kapitalgesellschaften bei gleichzeitiger Verlässlichkeit für den Rechtsverkehr. Zunächst kennt das GmbH-Gesetz (GmbHG) einige Mindestanforderungen an die gesellschaftsvertraglichen Regelungen. Dazu gehören zum Beispiel die sogenannten Minderheitenrechte, wie etwa das Recht zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung, der Ergänzung einer Tagesordnung oder Informationsansprüche. Im Übrigen jedoch lässt das GmbH-Recht den Gesellschaftern viel Spielraum. So können beispielsweise unterschiedliche Anteilsklassen gebildet und Gesellschaftern darüber unterschiedliche Rechte zugewiesen werden. Die Gesellschafter können sich auch schon vorab untereinander dazu verpflichten, bei künftigen Finanzierungsrunden mitzuwirken oder – im Falle eines Exits – Anteile mitzuverkaufen (sogenannte Drag-along-Klausel). Die Entscheidungsfindung auf Ebene der Gesellschafter kann äußerst flexibel unterschiedlichen Mehrheiten unterworfen werden. Diese Mischung aus Flexibilität und Sicherheit bevorzugen auch Investoren. Die gängigen Finanzierungen durch Investoren (Seed, Series A, Wandeldarlehen) knüpfen daran an. Da Förderinstitute die Verwendung marktüblicher Finanzierungskonstrukte verlangen, kann sich hieraus ein faktischer Zwang für die Wahl einer GmbH ergeben.

Steuern

Macht eine GbR, OHG oder KG Gewinne, fallen auf Ebene der Gesellschafter unverzüglich Steuern an. Man spricht von der steuerlichen Transparenz der Personengesellschaften. Diese Transparenz führt dazu, dass die – durchaus hohe – persönliche Steuerlast der Gesellschafter dem Unternehmen nicht mehr zur Verfügung steht. Demgegenüber ist die GmbH selbst Steuersubjekt. Sie selbst zahlt – die meist niedrigere – Körperschaftsteuer. In der GmbH bleibt damit mehr Kapital, das für künftige Investitionen verwendet werden kann.

Start mit der GmbH?

Die GmbH hat im Vergleich zu den Personengesellschaften nicht nur Vorteile. Nachteilig ist es natürlich, dass ihre Gründung der notariellen Form bedarf und hierdurch entsprechende Kosten (in einfachen Fällen unter 1.000 Euro) entstehen. Auf das Mindeststammkapital von 25.000 Euro sind mindestens 12.500 Euro bei Gründung zu zahlen. Demgegenüber können GbR, OHG und KG gewissermaßen auf dem Bierdeckel und ohne festgelegtes Mindestkapital gegründet werden. Eine GbR entsteht häufig schon dadurch, dass sich die Gründer zusammenfinden und ihr Geschäftsmodell vorantreiben, auch ohne dass sie einen schriftlichen Vertrag schließen. Die Vorteile eines Starts mit einer GmbH liegen jedoch auf der Hand. Die zwingend notwendige Gründung beim Notar sorgt für Klarheit und Rechtssicherheit. Immerhin ist der Notar gehalten, die Ziele der Beteiligten zu ermitteln und einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag zu gestalten. Der direkte Start mit einer GmbH bringt demgegenüber aber auch steuerliche Vorteile. Beginnen die Gründer beispielsweise zunächst mit einer GbR und gehen sie mit dieser an den Markt, wird sich früher oder später – spätestens bei der Aufnahme von Investoren – die Frage der Umwandlung in eine GmbH stellen. Dies ist zwar rechtlich durchaus möglich, erfordert aber einen hohen Aufwand. Denn entweder muss das Umwandlungsrecht bemüht werden, was durchaus nennenswerten Beratungsaufwand mit entsprechenden Kosten nach sich zieht, oder aber das Geschäft der GbR ist in die GmbH einzubringen, was gegebenenfalls zum Aufdecken etwaiger stiller Reserven führen kann. Der Beginn nur mit einer GbR ist auch für die einzelnen Gründer persönlich nicht ganz risikolos. In der Start-up-Szene kommt es regelmäßig zu Fällen, in denen sich mehrere Personen zwecks Gründung eines gemeinsamen Unternehmens als GbR zusammenschließen, in der Folge dann aber einzelne Gesellschafter aussortiert werden, nachdem sie ihre Beiträge weitestgehend erbracht haben. Diese Gesellschafter haben gegebenenfalls schon viel Zeit und Mühe in das gemeinsame Geschäftsmodell investiert und stehen sodann mit leeren Händen da. Eine Rechtsverfolgung ist in diesen Fällen immer mit hohen Kosten verbunden und teilweise auch nur sehr schwer möglich, insbesondere wenn noch kein rechtlich schützenswertes Gesellschaftsvermögen entstanden ist.

Start mit der UG?

Wie bereits erwähnt, hat die GmbH eine kleine Schwester, die UG (haftungsbeschränkt). Dabei handelt es sich letztlich um eine GmbH, für die auch die allgemeinen Regeln des GmbHG gelten, allerdings mit einem Stammkapital von weniger als 25.000 Euro. Theoretisch kann eine UG sogar mit einem Stammkapital von nur 1 Euro gegründet werden. Dies empfiehlt sich jedoch nicht, da derartige Gebilde – bei unsachgemäßer Vertragsgestaltung – schnell überschuldet und damit insolvent sind. Eine UG sollte daher mindestens mit einem Stammkapital ausgestattet sein, das die Gründungskosten abdeckt. Hier empfiehlt sich ein Stammkapital von mindestens 1.000 Euro. Nachteil der UG ist die Zwangsthesaurierung gemäß § 5a Abs. 3 GmbHG. Danach hat die UG eine gesetzliche Rücklage zu bilden, in die ein Viertel des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen ist. Dieser Betrag darf also nicht an die Gesellschaft ausgeschüttet werden. Die Rücklage kann jedoch später dazu verwendet werden, um ein Upgrade in eine reguläre GmbH durchzuführen. Dabei kommt es nicht zu einem Wechsel der Rechtsform und auch nicht zu steuerlichen Nachteilen. Durch das Upgrade entfallen lediglich die für die UG geltenden Restriktionen des GmbH-Gesetzes. Kurz nach Einführung der UG wurde diese Rechtsform häufig kritisch beäugt. In den letzten Jahren aber hat sich gezeigt, dass die UG im Rechtsverkehr mittlerweile deutlich mehr akzeptiert wird. Es spricht daher grundsätzlich nichts dagegen, als Start-up mit einer UG (haftungsbeschränkt) zu beginnen.

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Zum Autor

KKM
Kay U. Koeppen LL. M

Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht beziehungsweise Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Er ist Partner der Dortmunder Wirtschaftskanzlei Spieker & Jaeger.

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