Was unterscheidet sie von konventionellen Kreditinstituten? Wie nachhaltig sind ihre Produktangebote tatsächlich? Und worüber sollten sich Anleger zunächst im Klaren sein?
Immer mehr Privatanlegerinnen und Privatanleger möchten mit ihrem Geld einen positiven Beitrag für das Klima, die Umwelt oder Soziales leisten. Dies zeigt eine Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbands aus dem Jahr 2020. Demnach ist jeder zweite Befragte grundsätzlich bereit, Geld nachhaltig anzulegen. Doch das ist nicht so einfach.
Einheitliche Definition fehlt
Zunächst sollten sich Anleger die eigenen Ziele und ihre Risikobereitschaft klarmachen – genauso wie bei einer konventionellen Geldanlage. In der dazu passenden Anlageklasse kann man dann nach nachhaltigen Produkten Ausschau halten. Doch wie nachhaltig diese Produkte tatsächlich sind, lässt sich nicht immer leicht erkennen. Denn bislang gibt es keine einheitliche Definition. Der Begriff ist nicht geschützt, und es gibt auch keine Mindeststandards. Anbieter wie Banken oder Fondsgesellschaften wenden oftmals sogenannte ESG-Kriterien an. Die englische Abkürzunge steht für Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung. Oft werden dabei Atomenergie, Waffen oder Menschenrechtsverletzungen ausgeschlossen. Oder es wird gezielt in erneuerbare Energien investiert. Wie nachhaltig ein Produkt tatsächlich ist, hängt vom individuellen Verständnis der jeweiligen Bank oder Fondsgesellschaft ab. Das heißt: Was diese für nachhaltig erachten, kommt ins Produkt. Um auf Nummer sicher zu gehen, suchen verunsicherte Anleger immer häufiger die Beratung beziehungsweise das Produktangebot von sogenannten Nachhaltigkeitsbanken. Aber was unterscheidet solche Kreditinstitute von konventionellen Banken und Sparkassen und welche konkreten Standards wenden sie an?
Abgrenzungskriterien
Einzelne als nachhaltig deklarierte Produkte, wie zum Beispiel Investmentfonds, kann man mittlerweile bei fast allen Banken und Sparkassen erwerben. Aber es gibt auch Kreditinstitute, die ihr gesamtes Bankgeschäft unter selbst auferlegte Nachhaltigkeitskriterien stellen. Das heißt, sie haben im Vergleich zu konventionellen Kreditinstituten umfassendere Kriterien für ihr Eigenanlage- und auch für ihr Kreditgeschäft definiert. Diesen Banken geht es darum, kontroverse Branchen und Unternehmen auszuschließen sowie ökologische und soziale Geschäftsfelder durch gezielte Investitionen zu fördern. Schwerpunkte bei der Kreditvergabe dieser Banken sind beispielsweise Bildung, Gesundheit und Pflege, erneuerbare Energien oder ökologisches Bauen. Im Herbst 2020 hat die Verbraucherzentrale Bremen 14 solcher Kreditinstitute, davon acht mit kirchlichem Hintergrund, auf ihre Nachhaltigkeitsansätze überprüft.
Alle untersuchten Banken schließen bei ihren Geldgeschäften Unternehmen aus, die Arbeits- und Menschenrechte verletzen oder Kinderarbeit dulden. Die Kreditinstitute garantieren zudem, dass kein Geld in die Waffen- und Rüstungsbranche fließt und sie selbst nicht mit Nahrungsmitteln spekulieren. Aber es gibt auch Unterschiede: Nur fünf der 14 Banken erfüllen alle untersuchten Ausschlusskriterien. Die Hälfte schließt Investitionen in fossile Energieträger wie Kohle und Öl oder industrielle Tierhaltung konsequent aus. Für jeweils eine Bank sind Investitionen in Atomenergie beziehungsweise Geschäfte mit Glücksspiel noch nicht tabu. Die Verbraucherzentrale hat diese Untersuchung seit 2017 bereits dreimal durchgeführt. Dabei ist die Anzahl der Ausschlusskriterien beziehungsweise deren strengere Auslegung stetig gestiegen. In unserer geplanten Untersuchung im Herbst 2022 wird sich dieser Trend vermutlich fortsetzen. Die Übersicht zur Untersuchung ist unter www.geld-bewegt. de veröffentlicht.
Geringer Marktanteil
Diese Banken hatten in den letzten Jahren einen hohen Zulauf. So hat sich beispielsweise die Bilanzsumme der GLS Bank von 2014 bis 2020 mehr als verdoppelt. Im Gesamtvergleich der Banken in Deutschland ist ihr Anteil jedoch noch sehr gering. Mit einer Bilanzsumme von 13,9 Milliarden Euro im Jahr 2020 ist die Triodos Bank Deutschland die größte und die Steyler Bank mit 300 Millionen Euro die kleinste unter den nachhaltigen Banken. Alle von uns untersuchten Institute kamen 2020 zusammen auf eine Bilanzsumme von 64,3 Milliarden Euro. Das ist weniger als ein Prozent der Bilanzsumme aller Banken in Deutschland – 2020 mit etwa neun Billionen Euro.
Produktpalette nachhaltiger Banken
Das Angebot von nachhaltigen Banken ist unterschiedlich. Manche Institute wie die Bank für Orden und Mission bieten für Privatkunden nur wenige Produkte an. Andere wie die EthikBank können in Sachen Produktvielfalt durchaus mit herkömmlichen Banken und Sparkassen mithalten. Das Angebot reicht von klassischen Bankprodukten wie Spareinlagen oder Tagesgeld über Investmentfonds und Beteiligungen bis zu Versicherungen. Erreichbar sind die untersuchten Banken überwiegend online oder telefonisch an ihren Hauptsitzen. Nur wenige, wie zum Beispiel die Evangelische Bank, verfügen über Filialen in größeren Städten. Wie bei allen Kreditinstituten mit Sitz in Deutschland sind deren Einlagen durch die gesetzliche und institutionelle Einlagensicherung geschützt. Die Verbraucherzentrale Bremen veröffentlicht regelmäßig Übersichten über deren Angebote – zuletzt im Januar 2022. Die verglichenen Zinssätze der Spareinlagen liegen derzeit bei null Prozent oder knapp darüber. Die Hälfte dieser Banken verlangt für Einlagen sogenannte Verwahr- beziehungsweise Einlagenentgelte in Höhe von 0,25 bis 0,5 Prozent. Der jeweilige Freibetrag variiert von 25.000 bis 200.000 Euro. Durch die lang anhaltende Niedrigzinsphase ist die Auswahl an Sparprodukten stetig gesunken. Die Mehrzahl dieser Banken bietet nur noch ein oder zwei Produkte wie Tagesgeld oder eine längerfristige Anlage wie Sparbriefe an. Monatliche Kontensparpläne können mittlerweile nur noch bei zwei dieser Banken abgeschlossen werden. Bis auf die ProCredit Bank und die Umweltbank bieten diese Banken auch Girokonten an. Ein Preisvergleich lohnt sich auch hier: Bei den untersuchten Girokonten reicht die Bandbreite vom kostenlosen Konto bis zu jährlichen Kosten über 100 Euro. Auch die Dispozinsen sind höchst unterschiedlich und liegen zwischen 5,45 bis 9,96 Prozent. Außergewöhnlich ist, dass Kunden der GLS Bank einen produktunabhängigen jährlichen Beitrag von 60 Euro zusätzlich zu den Kontoführungskosten zahlen. Dafür gewährt diese bis 10.000 Euro einen Dispozinssatz von null Prozent.
Exklusiver Kundenkreis
Aber nicht jedes Institut steht allen Verbrauchern offen: Bei der Bank für Kirche und Caritas und der DKM Darlehnskasse Münster ist der Kundenkreis auf Mitarbeiter kirchlich-karitativer Einrichtungen beschränkt. Die 2018 gegründete Tomorrow GmbH mit Sitz in Hamburg bietet nach ihrer eigenen Aussage auch nachhaltige Girokonten an. Ihr Angebot richtet sich an Menschen, die ihr Banking ausschließlich per App vornehmen möchten. In der Übersicht der Verbraucherzentrale Bremen ist sie nicht vertreten, denn Tomorrow besitzt noch keine Banklizenz. Auch aus diesem Grund weicht ihr Geschäftsumfang, beispielsweise keine Kreditvergabe, noch erheblich von den untersuchten Banken ab. Um dennoch Girokonten anzubieten, hat sie einen Vertrag mit der Solarisbank abgeschlossen, die als Dienstleister dafür fungiert.
16 Kreditinstitute im Vergleich
Auch konventionelle Finanzinstitute beschreiben ihre Geschäftsmodelle gerne mit nachhaltig klingenden Worten: „Unternehmerische Verantwortung“ sei ebenso wichtig wie die „Nachhaltigkeit des Kerngeschäfts“. Doch was steckt dahinter? Der Fair Finance Guide Deutschland hat die sozialen und ökologischen Selbstverpflichtungen von 16 ausgewählten deutschen Banken und Sparkassen untersucht und zuletzt im September 2020 veröffentlicht. Die aktuellen Ergebnisse liegen seit Februar 2022 vor. Beurteilt wurden Kriterien für die Kreditvergabe an Unternehmen, die eigenen Investitionen und die Vermögensverwaltung. Dabei ging es um Themenbereiche wie beispielsweise die Verletzung der Menschenrechte, Investitionen in Rüstung und Aspekte der verantwortungsbewussten Unternehmensführung. Erfüllt wurden diese Kriterien zu nur 17 bis immerhin 95 Prozent. Fünf der zuvor beschriebenen Nachhaltigkeitsbanken erreichten eine Bewertung von 80 bis 95 Prozent, elf gelten als konventionelle Institute und belegten mit 17 bis 55 Prozent die Plätze 16 bis sechs. Die genauen Untersuchungsergebnisse finden Sie unter www.fairfinanceguide.de. Der Fair Finance Guide Deutschland ist eine Kooperation von Facing Finance e. V., SÜDWIND e. V. – Institut für Ökonomie und Ökumene und der Verbraucherzentrale Bremen e. V.
Tipps für Interessierte
Ganz gleich, ob man sich bei einer Bank mit Nachhaltigkeitsstandards, einem konventionellen Kreditinstitut, einem freiberuflichen Finanzberater oder selbst durch Eigenrecherche informiert, Interessierte sollten folgende Ratschläge beherzigen: Um sich nicht von Werbe- und Wirkungsaussagen blenden zu lassen, ist eine umfangreiche Vorabinformation wichtig. Denn manche scheinbar nachhaltigen Produkte versprechen mehr als sie – bei genauem Hinsehen – halten können. Bevor man sich für eine konkrete Auswahl entscheidet, sollte man zuerst festlegen, wie lange das Geld angelegt sein kann. Auch ist das eigene Sicherheitsbedürfnis angesichts möglicher Wertschwankungen oder Verluste zu beachten. Möchte man zum Beispiel für ein mögliches Mehr an Rendite ein höheres Risiko eingehen? Dabei ist wichtig, dass nachhaltige Varianten die gleichen Ertragschancen und Verlustrisiken bergen wie konventionelle Geldanlagen. Wie hoch diese ausfallen, hängt dabei in erster Linie von der Anlageform ab. Außerdem sollten sich Anleger darüber im Klaren sein, was sie selbst unter Nachhaltigkeit verstehen. Im zweiten Schritt sollten sie prüfen, ob das gewählte Anlageprodukt diesen Erwartungen gerecht werden kann.