Die von vielen als Ungetüm bezeichnete Grundsteuerreform ist endgültig von der Leine gelassen worden. Knapp 36 Millionen Grundbesitzer sind nun gefordert, bis Ende Oktober dieses Jahres eine entsprechende Steuererklärung beim für sie zuständigen Finanzamt abzugeben.
Am 30. März 2022 haben die Finanzverwaltungen der Länder, die das sogenannte Bundesmodell anwenden – namentlich Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen –, im Bundessteuerblatt (BStBl) 2022 I, Seite 205, die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts bis zum 31. Oktober 2022 öffentlich bekannt gegeben. Dadurch gilt die Aufforderung zwei Wochen nach dem Tag der Bekanntmachung als bekannt gegeben. Dies befreit die Kommunen grundsätzlich von einer Einzelaufforderung an jede Grundstückseigentümerin beziehungsweise jeden Grundstückseigentümer, man wird also nicht separat zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert, was viele Hauseigentümer nicht wissen.
Länder jenseits des Bundesmodells
In den anderen Ländern, die sich gegen das Bundesmodell entschieden haben, namentlich Bayern (Flächenmodell), Baden-Württemberg (Bodenwertmodell), Hessen (Flächen-Faktor-Modell), Niedersachsen (Flächen-Lage-Modell) und Hamburg (Wohnlagenmodell), werden eigenständig öffentliche Bekanntmachungen erfolgen. In Bayern wurden die Eigentümerinnen und Eigentümer bereits am 30. März 2022 durch eine Allgemeinverfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern öffentlich zur Abgabe der Erklärung aufgefordert.
Kreis der Betroffenen
Zur Abgabe der Feststellungserklärung sind folgende Personen verpflichtet:
- Eigentümer eines Grundstücks,
- Eigentümer eines land- und/oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
- Erbbauberechtigte unter Mitwirkung der Eigentümer des Grundstücks (Erbbauverpflichtete) sowie
- bei Grundstücken auf fremdem Grund und Boden die Eigentümer des Grund und Bodens unter Mitwirkung des Eigentümers des Gebäudes.
Maßgeblich für die persönliche Erklärungspflicht sind die Verhältnisse am 1. Januar 2022.
Herkulesaufgabe für die Beteiligten
Für fast 36 Millionen Grundstücke, die im Rahmen der ab 2025 greifenden Grundsteuerreform neu zu bewerten sind, müssen die Betroffenen also bereits in diesem Jahr zwischen Anfang Juli und Ende Oktober eine Grundsteuererklärung abgeben und dafür die nötigen Daten zusammensuchen, was richtig aufwendig sein kann. Daher haben die Interessenvertreter des steuerlichen Berufsstands das Prozedere heftig kritisiert. Die Last der Informationsbeschaffung wird auf die Steuerpflichtigen und deren Steuerberater abgewälzt. So müssen etwa die Bodenrichtwerte bei unabhängigen Gutachterausschüssen erfragt oder im Internet recherchiert werden. Ein weiterer Knackpunkt kann das Baualter sein. Hier müssen beispielsweise Kernsanierungen berücksichtigt werden, die die Restnutzungsdauer eines Hauses wieder verlängern könnten. Selbst bei der Wohnfläche gibt es Stolperfallen, weil An- und Umbauten notfalls sogar selbst ausgemessen werden müssen. Sofern sich alle Eigentümer an einen Steuerberater wenden würden, könnten Berechnungen zufolge auf jeden Berater rund 400 Erklärungen zukommen. Das scheint neben dem Tagesgeschäft kaum zu schaffen zu sein, zumal viele Berater im maßgeblichen Zeitraum mit den Corona-Schlussrechnungen beschäftigt sind. Daher wurde gefordert, dass die Daten, die den Behörden schon vorliegen, in einer digitalen Steuererklärung bereits vorausgefüllt werden, was viele Finanzämter jedoch nicht leisten können. Die für die Abgabe der Steuererklärung betreffenden Formulare sollen laut Ankündigung ab dem 1. Juli 2022 zur Verfügung stehen.
Abgabefrist
Die Steuererklärungen sind dem Finanzamt in elektronischer Form (Elster) zu übermitteln. Die nicht verlängerbare Abgabefrist endet am 31. Oktober 2022. Wenn man nicht rechtzeitig einreicht, wird man mit Verspätungszuschlägen oder Schätzungen rechnen müssen. Vor dem Hintergrund des Gesagten ist diese Terminierung absurd; gleichwohl bleiben alle Bemühungen um Verlängerung der Abgabefrist bislang erfolglos. Generell sollten die Hausbesitzer daher rasch beginnen, die nötigen Daten aus Grundbüchern und Internetportalen beziehungsweise anderen Quellen zusammenzusuchen. Für die Steuerberater gibt es zum Glück schon entsprechende Software. Man sollte schon jetzt beginnen, alles Notwendige zu organisieren und die nötigen und bei den Mandanten bekannten Daten mit Checklisten dort anzufordern.
MEHR DAZU
finden Sie unter www.datev.de/grundsteuer und www.datev-magazin.de/grundsteuer
Mandanten-Info-Broschüre: Grundsteuerreform – Bundesmodell, www.datev.de/shop/32422
Mandanten-Info-Broschüre: Grundsteuerreform – Ländermodelle, www.datev.de/shop/32560
Kompaktwissen für Berater: Grundsteuerreform, www.datev.de/shop/35771
Kompaktwissen für Berater: Aktuelle Entwicklungen im Bilanzrecht und Steuerrecht, 6. Auflage, www.datev.de/shop/35764