Elektronische Kassenführung - 27. März 2024

Die Vorgaben einhalten

Die Nutzung elektronischer Aufzeichnungssysteme bei der Kassenführung steht zunehmend im Fokus der Finanzbehörden. Daher haben die steuerlichen Berater hier eine besondere Aufklärungspflicht gegenüber ihren Mandanten.

Aufmerksame Steuerberaterinnen und Steuerberater, die auf Dienstreise in europäischen Metropolen wie London oder Stockholm ihren Drink genießen, stellen schnell fest, dass die meisten Gäste mittlerweile bargeldlose Zahlungsmittel wie Karten oder Smartphones nutzen, während Bargeldtransaktionen selten geworden sind. Immer öfter findet man am Eingang sogar Hinweisschilder mit der Aufschrift „No cash“. Wer also nicht über die entsprechenden bargeldlosen Zahlungsmittel verfügt, muss auf sein Feierabendgetränk verzichten. Ein nicht unwesentlicher Beweggrund für diese Geschäftspraxis ist die Vermeidung von Konflikten mit den Finanzbehörden. Im Kontext der Tax Compliance bietet der unbare Zahlungsvorgang den verlässlichsten Ansatz, um die Integrität und Korrektheit der Einnahmen sicherzustellen.

Bargeldintensive Betriebe

Im Gegensatz dazu bleibt in Deutschland die Barzahlung in der Gastronomie meist die bevorzugte Option. Dies führt dazu, dass in Deutschland weiterhin die sogenannten bargeldintensiven Betriebe von der Finanzverwaltung kritisch beobachtet werden. Obwohl in den letzten 20 Jahren die Anforderungen an Kassensysteme durch Gesetze und Verwaltungsschreiben verschärft wurden, kommen immer wieder Fälle von erheblicher Steuerhinterziehung durch Kassenmanipulation ans Licht. Ein Beispiel ist der Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. Juni 2023, der das Urteil des Landgerichts (LG) München bestätigte. Ein Gastronom und Koch wurde wegen Steuerhinterziehung in 21 Fällen mit einem Gesamtbetrag von fast 1,2 Millionen Euro verurteilt. Die Folge: eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Es ist wahrscheinlich, dass die Dunkelziffer insbesondere in kleineren und mittleren Betrieben hoch ist. Daher sollten Steuerberater die Kassensysteme ihrer Mandanten genau prüfen, um aufreibende Betriebsprüfungen und Steuerstrafverfahren zu verhindern.

Missbrauch bei Registrierkassen

Als James Ritty 1879 die erste Registrierkasse erfand, stand noch der Schutz der Einnahmen vor dem Zugriff der Mitarbeiter im Vordergrund. Das hat sich mittlerweile deutlich verändert. Zwar ist der Schutz vor Diebstahl weiterhin eine wichtige Aufgabe, doch ist neben einer Datensammlung für die betriebswirtschaftliche Auswertung mittlerweile die Sicherstellung der vollständigen Erfassung aller Einnahmen die wichtigste Anforderung an ein Kassensystem. Denn der Steuerschaden, der durch unterschlagene Umsätze entstehen kann, ist enorm. Nach einem Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2013 („Umsatzverkürzung mittels elektronischer Kassensysteme: Eine Bedrohung für die Steuereinnahmen“) schätzte der kanadische Gaststättenverband, dass allein für das Jahr 2009 Umsätze in Höhe von 2,4 Milliarden Kanadischen Dollar dem Fiskus entzogen wurden. Wo früher bei Registrierkassen das Bargeld einfach aus den Geldkassetten entnommen oder gar nicht erst eingelegt wurde, gehen die Anwender heute wesentlich raffinierter vor. So wird beispielsweise bei modernen Registrierkassen die Trainingskellnerfunktion missbraucht, bei der die eingegebenen Umsätze nicht in die Tagessummen einfließen. In der heutigen Unternehmenswelt ermöglichen Technologien wie Phantomware (im System installierte Software) und Zapper (externe Programme, oft auf USB-Sticks gespeichert) eine automatisierte Umsatzverkürzung in elektronischen Kassensystemen. Diese Software-Lösungen erlauben es, Umsätze in einer voll digitalen Umgebung zu verkürzen, während das Geschäft äußerlich regulär weiterläuft. Alle Verkäufe werden von Mitarbeitern in die Kasse eingegeben und als Transaktionen erfasst. Mit dieser Technik kann der Unternehmenseigentümer die Umsatzverkürzung zu einem passenden Zeitpunkt, meist am Ende des Geschäftstages, vornehmen. Dies kann entweder als festgelegter Betrag oder als Prozentsatz der Barverkäufe geschehen. So konnte dem eingangs genannten Gastronom der Einsatz eines solchen Zappers, der ihm von einem Mitarbeiter programmiert wurde, durch die Finanzverwaltung nachgewiesen werden, was letztendlich zu dem angesprochenen Urteil führte.

Standard für Kassensysteme

Es ist daher nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung seit mehr als 20 Jahren die Standards für Kassensysteme stetig erhöht haben. Anfangs ging es lediglich um die Pflicht zur Erstellung und Aufbewahrung von Tagesendsummenbelegen (Z-Bons). Doch das Gesetz vom Dezember 2016 zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen, das sogenannte Kassengesetz, läutete das Ende der herkömmlichen Registrierkasse ein. Es führte unter anderem die Pflicht zur Nutzung von manipulationssicheren, zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen (TSE) ein und verankerte die Einzelaufzeichnungs-, Belegausgabepflicht sowie die Möglichkeit zur Kassennachschau durch die Finanzverwaltung im Gesetz.

Belegausgabepflicht

Die Belegausgabepflicht sorgte in den Medien für Gesprächsstoff, während die Einführung der TSE Kassenhersteller und -aufsteller vor Herausforderungen stellte. Besonders die Datenexport- Schnittstelle im neuen DSFinV-K Format benötigte Anpassungszeit, weshalb die Übergangsfrist mehrfach verlängert wurde. Doch seit dem 1. Januar 2023 gilt: Entweder man verwendet ein gesetzeskonformes elektronisches Kassensystem mit TSE oder man kehrt zur traditionellen offenen Ladenkasse zurück – wobei diese aufgrund ihrer Fehleranfälligkeit und des hohen Dokumentationsaufwands generell nicht zu empfehlen ist.

Im Fokus der Finanzverwaltung

Mit Beginn der 2010er-Jahre haben die Betriebsprüfungen der Finanzämter einen Schwerpunkt auf die bargeldintensiven Betriebe gelegt. Mit der Einführung neuer Prüfungstechniken (NPT) wurden die Prüfer geschult, Manipulationen in den Daten zu erkennen und entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen. Darüber hinaus wurden Experten ausgebildet, die Manipulationen direkt in der Software der Kassensysteme aufdecken können (MAP-Prüfer). dies führte vermehrt zu Entdeckungen wie im Fall des angesprochenen Gastronoms, die den Unternehmern nicht nur hohe Steuernachzahlungen, sondern oft auch Steuerstrafverfahren einbrachten. Während früher erst beim Blick in die exportierten Daten Fehler in der Kassenführung entdeckt werden konnten, reicht seit Einführung der TSE ein geschulter Blick auf den Kassenzettel, um Fehler oder Manipulationen festzustellen. So sind alle Nutzer elektronischer Kassensysteme verpflichtet, die individuellen Daten der eingesetzten TSE auf dem Beleg entweder in Form eines Zahlen-und- Buchstaben-Codes oder in Form eines QR-Codes abzudrucken. Dem Beamten reicht dann eine Smartphone-App, wie AmadeusVerify oder fiskalcheck, um die Angaben zu verifizieren.

Aufklärungspflicht des Steuerberaters

Dem Steuerberater kommt hier insbesondere eine Aufklärungsaufgabe zu. Er muss dem Mandanten die gesetzlichen Rahmenbedingungen erläutern, erklären, worauf es bei der Datenerfassung ankommt, und auf mögliche Gefahren durch fehlerhafte oder manipulierte Kassen hinweisen. Er sollte beim Mandanten ein Bewusstsein dafür schaffen, warum der Gesetzgeber so vorgegangen ist und welchen Nutzen neben der Vermeidung von kosten- und zeitintensiven Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung er selbst aus der Anschaffung und dem korrekten Einsatz eines modernen, gesetzeskonformen Kassensystems ziehen kann. Die Beratung, welches Kassensystem für den jeweiligen Mandanten am besten geeignet ist, gehört in der Regel nicht zu den Aufgaben des Steuerberaters. Hierzu sollte sich der Mandant an spezialisierte Händler wenden, die in der Regel auch über die rechtlichen Anforderungen an die Systeme informiert sein sollten. Insbesondere der Deutsche Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik e. V. (DFKA) bietet hierzu ausführliche Informationen. Ist beim Mandanten bereits ein elektronisches Kassensystem im Einsatz, kann der Steuerberater bei der Überprüfung der gesetzeskonformen Funktionsweise des Systems behilflich sein. Wie bereits erwähnt, gibt es von verschiedenen Anbietern sowohl kostenfreie als auch kostenpflichtige Apps für Smartphones, mit denen die Belege auch vom Laien eingescannt und die darauf befindlichen Daten überprüft werden können. Darüber hinaus gehört es zu den Aufgaben des Steuerberaters, dafür zu sorgen, dass die Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten im Unternehmen bekannt sind und möglichst auch eingehalten werden. Eine Verfahrensdokumentation ist zwar noch nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber es empfiehlt sich, eine aktuelle Version vorzuhalten, falls das Finanzamt zur Kassennachschau erscheint. Der praktische Nutzen einer umfassenden Verfahrensdokumentation für den Mandanten kann sich auch daraus ergeben, dass damit neues Personal schnell in die betrieblichen Abläufe eingewiesen werden kann. Das Einüben der Abläufe im Rahmen von Probenachschauen durch das Personal, ähnlich einem Probefeueralarm, kann Fehlern beim tatsächlichen Erscheinen eines Beamten vorbeugen, Missverständnisse vermeiden, Mängel aufdecken und damit dem Mandanten Geld, Zeit und Nerven sparen. Für den Steuerberater ist es in diesem Zusammenhang auch wichtig, bei mangelnder Mitwirkung des Mandanten die Mandatsniederlegung als Ultima Ratio im Auge zu behalten, um mögliche rechtliche Konsequenzen gegen sich selbst, wie etwa Beihilfe zur Steuerhinterziehung, zu vermeiden.

Fazit und Ausblick

Die elektronische Kassenführung hat sich in Deutschland als unverzichtbarer Schlüssel zur Steuerkonformität etabliert. Die Nutzung von Bargeldtransaktionen nimmt immer mehr ab und führt daher zu einer deutlichen Zunahme des Risikos von Kassenmanipulationen. Deshalb wurde die Gesetzgebung in den letzten Jahren verschärft, insbesondere durch das Kassengesetz 2016, mit dem manipulationssichere Technologien und die Belegausgabepflicht eingeführt wurden. Gleichzeitig hat die Finanzverwaltung effektive Prüfmethoden entwickelt. In diesem Zusammenhang kommt dem Steuerberater eine entscheidende Rolle zu. Es liegt in seiner Verantwortung, seine Mandanten umfassend über die gesetzlichen Anforderungen und die damit verbundenen Risiken aufzuklären. Vor allem auf die Dokumentationspflichten ist ein besonderes Augenmerk zu richten. Die elektronische Kassenführung ist unerlässlich, um die Steuerkonformität zu gewährleisten und mögliche Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Sowohl Unternehmen als auch Steuerberater sollten dies als Chance begreifen, finanzielle Einbußen zu minimieren.

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Zum Autor

CP
Christian Pracher

Steuerberater bei Ecovis am Standort in München

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