Aktien und Kryptowährungen - 25. April 2024

Digitalisierung des Finanzmarkts

Im Rahmen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes haben auch die gesetzlichen Regelungen zu elektronischen Wertpapieren ein Update erfahren.

So erhält unter anderem das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) eine Aktualisierung. Dabei wird insbesondere der Anwendungsbereich des eWpG über die bisher erfassten Inhaberschuldverschreibungen hinaus für Aktien geöffnet (§ 1 Nr. 2 und 3 eWpG); es wird damit die sogenannte elektronische Aktie eingeführt. Der Grundstein dieser Öffnung wurde von den Bundesministerien der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) beziehungsweise der Finanzen (BMF) bereits beim Verfassen des eWpG gelegt. Das eWpG ist offen formuliert und daher bereits ausgelegt auf eine spätere Erweiterung seines Anwendungsbereichs. Die elektronische Aktie stellt jedoch keine eigene Aktienart dar; die Möglichkeit der Begebung als elektronische Aktie hat also keinen Einfluss auf das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Aktionärin oder Aktionär. Unterschiede können sich lediglich aus dem Handel auf verschiedenen Märkten oder unterschiedlichen Plattformen ergeben. Darüber hinaus wird mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) durch Änderungen des Kreditwesengesetzes (KWG) der Anlegerschutz im Rahmen des Kryptoverwahrgeschäfts gestärkt. Ziel dieser Maßnahmen im Gesamtkontext des ZuFinG ist es, den Finanzstandort Deutschland sowie die Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts im internationalen Vergleich zu stärken.

Herkömmliche versus elektronische Aktie

Durch die Einführung elektronischer Aktien werden klassische Aktien nicht verdrängt. Aktiengesellschaften haben die Wahl, ob sie ihre Anteile weiterhin als klassische, verbriefte oder als elektronische Aktien emittieren. Um Aktien als elektronische Aktien zu übertragen, muss anstelle der Verbriefung eine Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister bewirkt werden. Die Emission von Kryptoaktien muss zudem in der Satzung der Aktiengesellschaft vorgesehen sein und die Verbriefung muss darin ausgeschlossen werden. Bereits durch Verbriefung begebene Aktien können nachträglich in elektronische Aktien umgewandelt werden (§ 6 Abs. 3 und 4 eWpG). Diese Umwandlung erfordert grundsätzlich die Zustimmung des Berechtigten (§ 6 Abs. 4 S. 1 eWpG). Eine Umwandlung in Zentralregisterwertpapiere kann ausnahmsweise ohne Zustimmung des Berechtigten erfolgen, wenn die verbriefte Aktie mittels Sammelurkunde oder mittels Einzelurkunde in Sammelverwahrung begeben wurde (§ 6 Abs. 3 eWpG), da für den Aktionär nur die Buchung auf seinem Depotkonto entscheidend ist und es für ihn demnach nicht darauf ankommt, ob seine Anteile durch eine verwahrte Sammelurkunde verbrieft sind oder als Sammeleintrag in einem zentralen Register geführt werden. Darüber hinaus muss für eine Ersetzung durch die elektronische Form nach der Satzung die Verbriefung ausgeschlossen sein (§ 6 Abs. 5 S. 2 eWpG). Die verbriefte Urkunde wird bei Umwandlung durch die Eintragung der elektronischen Aktie in das elektronische Wertpapierregister nach § 6 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2 eWpG kraftlos. Auch die Umwandlung einer elektronischen Aktie in die verbriefte Form ist nach § 6 Abs. 2 eWpG möglich. Auch diese erfordert die Zustimmung des Berechtigten (§ 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 eWpG), solange die Ersetzung nach der Satzung nicht ausdrücklich ohne Zustimmung des Berechtigten möglich ist (§ 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 eWpG). Hierfür darf die Satzung der Aktiengesellschaft die Verbriefung nicht ausschließen (§ 6 Abs. 5 S. 1 eWpG). Auch ein Mischbestand an verbrieften und elektronischen Aktien eines Emittenten ist möglich, wenn die Verbriefung in der Satzung der Aktiengesellschaft nur teilweise ausgeschlossen ist.

Die elektronische Aktie im Wertpapierregister

Eine Aktie wird zur elektronischen Aktie durch die Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister. Das ersetzt die bisher erforderliche Verbriefung. Die elektronischen Aktien werden dabei in die bestehenden Registerstrukturen des eWpG eingegliedert. Das eWpG sieht zwei Arten elektronischer Wertpapierregister vor: von einer zentralen, registerführenden Stelle geführte sowie technologieoffene Zentralregister nach §§ 4 Abs. 2, 12 eWpG und dezentrale Kryptowertpapierregister nach §§ 4 Abs. 3, 16 eWpG. Namensaktien können gemäß § 1 Nr. 2 eWpG sowohl als Zentralregister- als auch als Kryptoaktien begeben werden, während für elektronische Inhaberaktien die Begebung als Kryptoaktie ausgeschlossen ist (§ 1 Nr. 3 eWpG). Grund dafür sind geldwäsche- und gesellschaftsrechtliche Bedenken.

Namens- und Inhaberaktien

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Zentral- und Kryptowertpapierregistern und damit wesentlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung von Namens- und Inhaberaktien liegt in dem Kreis der zulässigen registerführenden Stellen. Das Zentralregister kann gemäß § 12 Abs. 2 eWpG von Wertpapiersammelbanken und von anderen Verwahrern, die nach § 4 Abs. 6 eWpG eine Erlaubnis zum Betreiben des Depotgeschäfts im Inland benötigen, geführt werden. Die Führung eines Kryptowertpapierregisters ist hingegen nicht begrenzt und kann auch von dem Emittenten selbst übernommen werden. Dabei ist allerdings festzuhalten, dass die Führung eines Kryptowertpapierregisters eine Finanzdienstleistung im Sinne des KWG ist und deshalb einer Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 8 KWG bedarf, sodass die registerführende Stelle sich hier nicht gänzlich der Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden entziehen kann.

Rechtliche Bedenken

Aus geldwäscherechtlicher Sicht besteht nach Ansicht des Gesetzgebers die Gefahr, dass die Eintragung von Inhaberaktien in Kryptowertpapierregistern die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten verhindere. Grund dafür sei, dass Verfügungen über Kryptoaktien automatisch durch Umbuchungen im Kryptowertpapierregister, also ohne Intermediär, ablaufen könnten. Verbriefte Inhaberaktien hingegen müssten noch lückenlos auf Depotkonten verbucht werden. Ein Private Key, mit dem Ein- und Umtragungen im Kryptowertpapierregister veranlasst würden, könne unkontrolliert weitergegeben werden. Die Bundesregierung folgt damit den Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF), eine der führenden Institutionen im Bereich der Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die Inhaberaktien tendenziell als risikobehaftet einstuft, weshalb es darauf ankomme, Übertragungsvorgänge nachvollziehbar zu machen und Möglichkeiten zur Verschleierung von Vermögenswerten zu verhindern. Gesellschaftsrechtlich bestehen für den Gesetzgeber rechtliche Unsicherheiten aufgrund der fehlenden Intermediäre bei Nutzung von Blockchain-Technologien für Inhaberaktien. Insbesondere im Hinblick auf Dividendenauskehr und Stimmrechtsausübung sei eine Kommunikation zwischen der Gesellschaft und den Aktionären unerlässlich und ein direkter Kontakt müsse sichergestellt sein. Die Begebung von Namensaktien als Kryptoaktien ist nach Ansicht des Gesetzgebers hingegen unbedenklich, da sich der wirtschaftlich Berechtigte regelmäßig aus dem Aktienregister ergibt. Dadurch ist aus geldwäscherechtlichen Gesichtspunkten der Verzicht auf eine Buchung auf von Intermediären geführten Depotkonten unproblematisch. Gesellschaftsrechtlich stellt das Aktienregister den Kontakt zwischen der Gesellschaft und den Aktionären her. Eine mögliche Öffnung für Kryptoinhaberaktien ist jedoch noch nicht endgültig ausgeschlossen. Der Gesetzgeber will sich nach Abschluss der Verhandlungen über die EU-Verordnung zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung erneut mit der Thematik befassen.

Anlegerschutz im Kryptoverwahrgeschäft

Im Übrigen wird mit dem ZuFinG auch der Anlegerschutz im Hinblick auf das Kryptoverwahrgeschäft verbessert. Mit den entsprechenden Änderungen des KWG wird die europäische Verordnung über Märkte für Kryptowerte [(EU) 2023/1114 (MiCAR)] umgesetzt. Nach § 26b Abs. 1 KWG hat ein Unternehmen, das im Kryptoverwahrgeschäft tätig ist, sicherzustellen, dass die für Kunden verwahrten Kryptowerte und privaten Schlüssel getrennt von denen des Instituts hinterlegt werden. Bei gebündelter Verwahrung von Kryptowerten mehrerer Kunden (gemeinschaftliche Verwahrung) ist zwar weiterhin die Hinterlegung unter einem öffentlichen Schlüssel zulässig, es ist aber sicherzustellen, dass sich die den einzelnen Kunden zustehenden Anteile am gemeinschaftlich verwahrten Gesamtbestand jederzeit bestimmen lassen. Nach § 26b Abs. 2 KWG hat das Institut ebenfalls sicherzustellen, dass über die verwahrten Kryptowerte und privaten Schlüssel des Kunden ohne dessen ausdrückliche Einwilligung nicht für eigene Rechnung des Instituts oder für Rechnung einer anderen Person verfügt werden kann. Darüber hinaus finden sich in § 46i KWG weitere Regelungen zum Kundenschutz. Danach wird den Kunden zum einen ein Drittwiderspruchsrecht gegen Gläubiger des Verwahrers gewährt. Zum anderen erhalten die Kunden durch § 46i KWG ein Aussonderungsrecht im Insolvenzverfahren.

Fazit und Ausblick

Insgesamt ist die Einführung der elektronischen Aktie sehr zu begrüßen. Der Gesetzgeber entfernt sich damit von der nicht mehr zeitgemäßen Materialisierung der Aktie und führt die gesetzlichen Vorschriften zu Aktien durch das ZuFinG in das 21. Jahrhundert. Weiterhin bleibt abzuwarten, ob beim Gesetzgeber hinsichtlich der ausgesparten Regelung zu über Kryptowertpapierregister begebenen Inhaberaktien ein Umdenken stattfinden kann. Angesichts der weiterhin großen Popularität von Inhaberaktien scheint es durchaus wünschenswert, eine gesetzliche Regelung von Kryptoinhaberaktien zu finden, durch die die geldwäsche- und gesellschaftsrechtlichen Bedenken überwunden werden. Darüber hinaus fehlt es noch an der Möglichkeit des Börsenhandels mit Kryptowertpapieren. Auch diesem Thema hat sich der Gesetzgeber im Rahmen des ZuFinG nicht angenommen. Die Rechtslage nach dem ZuFinG hat damit noch einiges Potenzial zur Weiterentwicklung. Dennoch ist die Tendenz positiv zu bewerten und zweifellos ein bedeutender Meilenstein.

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Zum Autor

CC
Dr. Christian Conreder

Rechtsanwalt und Partner, leitet den Bereich Kapitalanlagerecht bei Rödl & Partner in Hamburg.

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