Steuerliche Beistandspflichten - 24. August 2023

Papierflut ohne Ende

Die Einsatzmöglichkeiten von Legal Tech im Notariat halten sich leider vielfach in Grenzen. Besonders deutlich wird dies am Beispiel von Unbedenklichkeitsbescheinigungen im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen.

Beim Zusammenspiel zwischen Notarinnen und Notaren sowie den Finanzämtern herrscht leider immer noch ein Papierkrieg im wahrsten Sinne des Wortes. So muss etwa die Veräußerungsanzeige im Rahmen einer Grundstücksübertragung auf sage und schreibe 16 Seiten ausgedruckt und per Post versendet werden. In diesem Zusammenhang sind zunächst einige grundlegende Ausführungen zu den steuerlichen Beistandspflichten, beispielhaft am Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW), zu machen. Die öffentliche Verwaltung in Deutschland ist bekannt für sperrige Begrifflichkeiten und ihren eigenen Sprachgebrauch. Auch die Oberfinanzdirektion (OFD) NRW kann nicht ohne. Ein Merkblatt soll einen Überblick über die wesentlichen Beistands- beziehungsweise Anzeigepflichten der Notare gegenüber der Finanzverwaltung geben und die Zusammenarbeit erleichtern.

Verpflichtungen

Gemäß dem Merkblatt über die steuerlichen Beistandspflichten der Notare in den Rechtsgebieten Grunderwerb-, Erbschaft-, Schenkung- und Ertragsteuer in seiner Fassung von September 2021 ergeben sich Mitteilungspflichten für den Notar; namentlich gemäß §§ 18, 20, 21 und 22a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) in Verbindung mit § 102 Abs. 4 Abgabenordnung (AO) gegenüber der Grunderwerbsteuerstelle des örtlich zuständigen Finanzamts in Bezug auf Rechtsvorgänge, die unmittelbar oder mittelbar das Eigentum an einem inländischen Grundstück betreffen. In der notariellen Praxis erfüllt der Notar seine vorgenannte notarielle Mitteilungspflicht derart, dass die Veräußerungsanzeige an das zuständige Finanzamt postalisch versendet wird – und zwar ordnungsgemäß ausgefüllt in der entsprechenden Anzahl durch Übersendung einer einfachen Abschrift der notariellen Urkunde, die den Rechtsvorgang betrifft. Nach derzeitigem Stand besteht für den vorbeschriebenen Ablauf keine Möglichkeit, diese Mitteilungspflicht über einen elektronischen Übermittlungsweg zu erfüllen.

Ablauf in der Praxis

In der Praxis stellt sich der detaillierte Ablauf dieser Mitteilungspflicht wie folgt dar:

  1. Der Vordruck der Veräußerungsanzeige wird im Bundesland NRW durch eine System-Software oder über die Internetseite des Ministeriums der Finanzen des Lands NRW zur Verfügung gestellt und seitens eines Mitarbeiters oder durch den Notar selbst dann mit den betreffenden Angaben ausgefüllt.
  2. Im Anschluss daran ist das Dokument, das aus 16 Druckseiten besteht, beidseitig auszudrucken und die Einzelblätter sind mit einer leicht lösbaren Verbindung zu versehen. Hierbei ist zu beachten, dass die Einzelblätter nicht mit einer Büro- oder Heftklammer zusammengehalten werden dürfen.
  3. Sodann wird die Veräußerungsanzeige mit einer einfachen Abschrift der Urkunde postalisch an das zuständige Finanzamt versandt.
  4. Nach Eingang des Schriftstücks bei der Finanzbehörde wird der Vorgang entsprechend bearbeitet. Die Finanzämter bearbeiten die Vorgänge in Handakten gemäß den ergänzenden Bestimmungen zur Geschäftsordnung für die Finanzämter (EB-FAGO), also nicht in digitaler Form.
  5. Nach Vorlage der Voraussetzungen und mit steuerlichem Abschluss des Vorgangs wird die zur grundbuchrechtlichen Antragstellung erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung schließlich seitens der Finanzbehörde erteilt, gesiegelt und postalisch an den antragstellenden Notar versandt.

Da für den voranstehend skizzierten Ablauf derzeit keine Möglichkeit einer digitalen Kommunikation besteht, lässt sich also festhalten, dass insoweit ein großes Potenzial für eine digitale Rendite gegeben ist.

Fazit und Ausblick

An den voranstehend skizzierten Mitteilungspflichten des Notars zeigt sich nicht nur, dass in vielen Tätigkeiten und Abläufen ein erhebliches Digitalisierungspotenzial steckt, sondern wir im Verhältnis zu anderen Staaten der Europäischen Union (EU) in Sachen Digitalisierung weiter hinterherhinken. Denn nicht nur unter ökonomischen Gesichtspunkten ist es sinnvoll, standardisierte Tätigkeiten und Abläufe zu digitalisieren und vielleicht noch einen Schritt weiter zu gehen und diese zu automatisieren. Auch aus demografischen Gründen und dem damit verbundenen Fachkräftemangel sollten wir unsere Ressourcen künftig auf die Tätigkeiten konzentrieren, die Maschinen, Programme oder Algorithmen nicht übernehmen können.

Zum Autor

PP
Dr. Pierre Plottek

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht sowie Notar in Bochum

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