DIHK, Mitteilung vom 28.09.2023
Der 17. Dezember 2022 hat seinen Platz in den Geschichtsbüchern sicher: Damals eröffnete Olaf Scholz nach 194 Tagen Planungs- und Bauzeit in Wilhelmshaven das erste LNG-Terminal Deutschlands – eine Rekordzeit. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer, die schon seit Jahren auf die Genehmigung einer Umgehungsstraße oder Industrieanlage warten, werden sich die Augen gerieben haben. Jahre war die bisherige Zeitrechnung für Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland – zumal für so große Infrastruktureinrichtungen wie LNG-Terminals. Aber Tage?
Vorbild für weitere „Tempo-Projekte“
Möglich gemacht hatte diese Geschwindigkeit das sogenannte LNG-Beschleunigungsgesetz, das im Frühjahr 2022 verabschiedet wurde. Es reduziert Prüfpflichten, verkürzt Fristen und erlaubt das spätere Festlegen von Ersatzmaßnahmen. Mit Erfolg: Dauerten Genehmigungsverfahren für vergleichbare Projekte bisher manchmal sogar Jahrzehnte, erfolgte die Fertigstellung dieses Terminals nach nur einem guten halben Jahr. Das Gesetz gilt daher als Vorbild für weitere Beschleunigungsmaßnahmen. Im Juli 2022 folgte ein Gesetzespaket mit zahlreichen Erleichterungen für den Windenergie-Ausbau an Land. Später erleichterte der Gesetzgeber nach längerem Drängen der Wirtschaft den „Fuel-Switch“ – die Brennstoffumstellung von Gas auf Öl – auch schon vor dem Vorliegen einer behördlichen Genehmigung.
Gesetzesentwürfe für Industrie und Infrastruktur wieder enttäuschend
Die Erwartung war deshalb groß, als das Bundeskabinett im April 2023 zwei weitere Gesetzesentwürfe zur Beschleunigung der Genehmigung von Industrieanlagen und der Verkehrsinfrastruktur (Straße, Schiene, Luft und Wasserwege) beschloss. Doch als Experten aus Unternehmen und IHKs die Gesetzeswerke studierten, wurde klar: Zwar sind einige Verbesserungen vorgesehen – etwa für den Ersatzneubau von Brücken oder das Einhalten von Fristen durch Genehmigungsbehörden. Doch so wegweisende Erleichterungen, wie sie für LNG-Terminals, Windenergie-Anlagen oder den Fuel-Switch letztlich erfolgreich waren, bleiben für viele Bundesstraßen oder Industrieanlagen vorerst Zukunftsmusik.
Jetzt Weichen stellen
Noch ist es für eine neue Zeitrechnung bei Planungs- und Genehmigungsverfahren jedoch nicht zu spät. Am 20. September konnte die DIHK im Verkehrs- und Umweltausschuss des Bundestages die Wünsche der Unternehmen nach schnelleren Verfahren erläutern. Zu den wichtigsten Empfehlungen der Wirtschaft an die Abgeordneten zählen dabei ein Abbau von Prüfpflichten und von Stichtagsregelungen sowie verbindlichere Fristen für Behörden beziehungsweise einen erleichterten vorzeitigen Baubeginn. Jetzt gehen die Parlamentsberatungen in die entscheidende Phase. Danach wird sich zeigen, ob Unternehmen bei Genehmigungsverfahren weiterhin in Jahren rechnen müssen. Oder ob sie sich künftig doch – wie am 17. Dezember 2022 in Wilhelmshaven – auf eine überschaubare Zahl von Tagen einstellen können.
Quelle: DIHK