Berufsstand - 15. Dezember 2023

Videoverhandlungen: BRAK wendet sich gegen drohende Blockade im Bundesrat

BRAK, Mitteilung vom 14.12.2023

Dem Mitte November beschlossenen Gesetz, das mehr Videoverhandlungen an Zivil- und Fachgerichten ermöglichen soll, droht eine Blockade im Bundesrat. Die BRAK hat die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder im Interesse der Anwaltschaft nachdrücklich um Unterstützung des Gesetzes gebeten.

Mit dem Mitte November vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten soll erreicht werden, dass die Gerichte häufiger Videoverhandlungen durchführen; damit soll das insoweit bestehende Digitalisierungsdefizit abgebaut werden. Dem Gesetz droht jedoch nunmehr Gegenwind von Seiten der Länder, von denen einige angekündigt haben, in der Sitzung des Bundesrats am 15.12.2023 Einspruch gegen das Gesetz zu erheben.

Der Gesetzentwurf war vor seiner Verabschiedung durch den Bundestag im Rechtsausschuss noch einmal an verschiedenen Stellen abgeändert worden. Zu den wesentlichen Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf gehört eine weitere Ausweitung von § 128a ZPO. Unter anderem genügt nunmehr schon der Antrag eines Verfahrensbeteiligten, damit das Gericht die Videoverhandlung anordnen soll. Der Entwurf hatte ursprünglich einen übereinstimmender Antrag aller Parteien verlangt. Die Ablehnung eines solchen Antrags soll nunmehr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls begründet werden. In der Sitzung des Rechtsausschusses wurde unter anderem BRAK-Vizepräsidentin Sabine Fuhrmann als Expertin angehört.

Die BRAK hatte sich mit mehreren Stellungnahmen in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Sie befürwortet die geplante Ausweitung von Videoverhandlungen, legt jedoch Wert darauf, dass diese nicht über die Parteien hinweg vom Gericht angeordnet werden können. Die vermehrte Nutzung von Videoverhandlungen lässt aus ihrer Sicht zudem eine deutliche Beschleunigung der Verfahren erwarten, da nicht nur lange Anreisewege entfallen, sondern auch die Anzahl von Verlegungsanträgen sinken dürfte.

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung der Länder. Jedoch wurde von Länderseite in Aussicht gestellt, es in der Sitzung des Bundesrats am 15.12.2023 durch einen Einspruch zu blockieren. Im Vorfeld der Bundesratssitzung hat die BRAK sich daher mit einem Schreiben ihres Präsidenten Dr. Ulrich Wessels an die Ministerpräsidentinnen und-präsidenten sowie an die Justizministerinnen und -minister der Länder gewandt. Sie bittet eindringlich darum, das Gesetz nicht zu blockieren, damit Videoverhandlungen in den zivil- und fachgerichtlichen Verfahren gestärkt und flexibler gehandhabt werden können; dadurch wären Verfahren künftig schneller, kostengünstiger und ressourcenschonender durchführbar. Schließlich entsprächen Videoverhandlungen nach den Erfahrungen der Pandemiezeit auch dem gesellschaftlichen Status Quo.

Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer, Nachrichten aus Berlin – Ausgabe 25/2023