Zwölf Universitäten haben sich 2018 zu einem Digital Credentials Consortium (DCC) zusammengeschlossen, um einen blockchain-basierten Standard für den fälschungssicheren Austausch und die Verifizierung akademischer Leistungsnachweise zu erarbeiten. Dazu legt das DCC jetzt ein Whitepaper vor.

Juristisch ist die Sache klar. Zumindest hierzulande stellt die Fälschung eines Zeugnisses eine Urkundenfälschung nach § 267 des Strafgesetzbuchs dar. Es drohen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Doch viele Zeitgenossen scheint das kaum abzuschrecken, zu verlockend sind die Aussichten auf Karriere, gute Verdienstchancen und sozialen Status.

Von Ärzten ohne Approbation, die komplizierte Operationen vornahmen, und Rechtsanwälten ohne Abschluss, die erfolgreich ihre Klienten vor Gericht verteidigten, hat vermutlich jeder schon gehört. Für besonders viel Aufsehen sorgte vor einigen Jahren der Fall eines schwedischen Verkehrspiloten, der mit einer gefakten Fluglizenz 14 Jahre lang großen Maschinen souverän durch die Lüfte steuerte.

Digitaler Bewerbungsprozess senkt Hemmschwelle

Vor allem der digitale Bewerbungsprozess senkt die Hemmschwelle, haben Studierende der Beuth Hochschule für Technik Berlin herausgefunden, da eingescannte Dokumente von vielen Unternehmen im Nachgang nicht mehr auf deren Herkunft überprüft werden und zudem der persönliche Kontakt zum Mitarbeiter im Personalmanagement bei Einreichung der Unterlagen fehlt. Eine interne Statistik einer Düsseldorfer Detektei zeigt, dass rund 30 Prozent von 5000 überprüften Bewerbungen manipuliert waren.

Hinzu kommt, Bachelor- und Mastertitel können heutzutage ohne großen Aufwand für 300 Dollar über das Internet bezogen werden. Dort werden auch Abschlüsse von Hochschulen verkauft,die gar nicht existieren. So kann man z. B. bei Doktotitel.net einen Doktortitel einer, wie es heißt, amtlich anerkannten amerikanischen Kirche kaufen – naja einen Ehrendoktortitel genau genommen. Sitz des Anbieters ist, wen würde es wundern, die US-Steueroase Delaware. Der ganze Bundesstaat Delaware hat nach Angaben des US-Zensus knapp eine Million Einwohner, aber etwas mehr als eine Million hier gemeldete (Briefkasten-)Unternehmen.

Auch hat sich die Art der Ausstellung und Verwaltung (seriöser) akademischer Leistungsnachweise in den letzten Jahrzehnten kaum verändert.

Digital Credentials Consortium setzt auf Blockchain-Technologie

Kurzum: Den Fälschern wird es leicht gemacht, weshalb gefälschte Lebensläufe und Zeugnisse weltweit ein wachsendes Problem darstellen. Zwölf international führende Universitäten haben sich daher 2018 zu einem Digital Credentials Consortium (DCC) zusammengeschlossen, um einen neuen Standard zu entwickeln, der einen sicheren und zuverlässigen Austausch sowie die Verifizierung akademischer Leistungsnachweise ermöglicht.

Ziel ist es, gemeinsam eine globale Infrastruktur für digitale akademische Leistungsnachweise aufzubauen, die auf der Blockchain- Technologie basiert. Ein neues Whitepaper des Universitätskonsortiums beschreibt die zentralen Anforderungen und benötigten Funktionalitäten für den Aufbau einer sicheren, verteilten und gemeinsam nutzbaren Infrastruktur. Außerdem skizzieren die Autoren darin grob die System-Architektur, die in der jetzt folgenden Prototyp-Phase verfeinert wird.

Wichtiger Antrieb für das Gemeinschaftsprojekt ist das Interesse der Universitäten, digitale Technologien so einzusetzen, dass sie sich stärker an den Bedürfnissen der Lernenden orientieren. Mithilfe digitaler Leistungsnachweise erhalten Lernende ihr Leben lang Zugriff auf all ihre Abschlüsse – dazu können Zeugnisse, aber auch Bestätigungen für Praktika oder für die Teilnahme an Bootcamps zählen. All diese Nachweise können sehr einfach mit Arbeitgebern und anderen Institutionen geteilt werden.

openHPI stellt bereits digitale Zeugnisse aus

„Dass Universitäten ihre Abschlüsse noch immer auf Papier ausstellen und diese nicht digital und automatisiert zu validieren sind, ist schlicht nicht mehr zeitgemäß“, so Prof. Christoph Meinel, HPI-Direktor und Leiter des Fachgebiets Internet-Systeme und Technologien. „Wir freuen uns, dass wir mit unserer Expertise, unter anderem im Bereich Blockchain, nun gemeinsam daran arbeiten, hier sinnvolle, technologisch gestützte Lösungen zu entwickeln.“ Auf seiner digitalen Lernplattform openHPI stellt das HPI schon seit längerem digitale Zeugnisse für Lernende aus.

Autor: Jürgen Schreier

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