Der Digitalpakt steht noch nicht einmal richtig in den Startlöchern, da stoppt Bayern schon sein Förderprogramm zur IT-Ausstattung der Schulen. Entsprechend deutlich fällt die Reaktion des Bayerischen Städtetages aus, der dazu gleich zwei Pressemitteilungen verfasste.

Der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Augsburgs Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl, merkte zur Mitteilung aus dem bayerischen Kultusministerium an: „Die Beendigung des bayerischen Förderprogramms entspricht nicht den Ankündigungen vor der Landtagswahl. Damals hat der Freistaat auf das Gaspedal gedrückt und eine Fortsetzung seiner Förderprogramme in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionenprogramms angekündigt.“

Mit der Beendigung des bayerischen Förderprogramms werde die begonnene Digitalisierung der Schulen jetzt abrupt gebremst. Die zeitnahe Umsetzung der vom Kultusministerium selbst bei den Schulen in Auftrag gegebenen Medienentwicklungskonzepte sei damit erheblich gefährdet, so Gribl weiter.

Auslöser des geharnischten Statements war die überraschende Ankündigung des bayerischen Kultusministeriums gewesen, dass erst im vergangenen Jahr aufgelegte Förderprogramm sofort zu beenden. Laut Bayerischem Städtetag sollen die Kommunen nun stattdessen auf die im Digitalpakt von Bund und Ländern angekündigten Bundesmittel warten. Zudem dürften sie solange keine IT-Ausstattung mehr beschaffen, bis geklärt sei, wofür die Bundesmittel verwendet werden dürfen.

Im Gegensatz dazu habe die Staatsregierung noch im vergangenen Jahr angekündigt, dass es sich bei den beschiedenen Mitteln nur um die erste Tranche handele und jährlich mit weiteren Mitteln geplant werden könne. Dazu Kurt Gribl: „Es hilft daher wenig, wenn jetzt zwar im Doppelhaushalt 2019/2020 Landesmittel in Höhe von 172,5 Millionen Euro bereitgestellt werden, aber keine neuen Förderanträge mehr gestellt werden dürfen.“

Gribl weiter: „Es wäre nicht akzeptabel, wenn Landesmittel eingespart und durch Bundesmittel ersetzt werden sollten. Die berechtigten Erwartungen der Schulen und Kommunen, dass die Bundesmittel die Landesmittel aufstocken und aus beiden Töpfen heraus die Beschaffung der IT-Ausstattung nahtlos weiterlaufen kann und auch die bislang vom Freistaat nicht geförderte IT-Systembetreuung endlich mitfinanziert wird, werden herb enttäuscht.“

Damit war der Bayerische Städettag mit seiner Kritik aber noch nicht am Ende. „Das Kultusministerium hat es bislang versäumt, ein landesweites Gesamtkonzept für die Digitalisierung der Schulen und des Unterrichts zu erstellen und konterkariert nun die Bemühungen der örtlichen Ebene, trotz fehlendem Gesamtkonzept die Schulen bestmöglich mit IT-Systemen auszustatten. Wir fordern eine sofortige Fortsetzung der Förderung und eine schnellstmögliche Einbeziehung der Systembetreuung in die staatliche Förderung“, so Gribl weiter.

Bislang warteten die Kommunen vergebens darauf, dass die im Koalitionsvertrag angekündigten Lösungsansätze zur Wartung und Pflege der IT-Infrastrukturen an Schulen vorgelegt werden. Wenn im Koalitionsvertrag als Ziel im Idealfall ein zentrales, landesweit verfügbares Angebot für Wartung und Pflege ausgerufen werde, dann müsse der Staat auch endlich offenlegen, wie er sich eine entsprechende Umsetzung vorstelle. Die vorliegende Bund-Länder-Vereinbarung schiebe die Verantwortung dagegen auf die Kommunen ab und schließe obendrein auch noch eine Förderfähigkeit der kommunalen Ausgaben für IT-Systembetreuung ausdrücklich aus.

Gribls Fazit: „Bund und Land sind aufgefordert, die IT-Systembetreuung bestmöglich zu unterstützen anstatt zu erschweren. Wir fordern deshalb ein Konzept des Landes für ein zentrales Angebot für Wartung und Pflege sowie eine Einbeziehung der Systembetreuung in die staatliche Förderung.“

So weit, so gut, denn vermutlich hätte die Geschichte damit ihr Ende gefunden, wenn sich der bayerische Kultusminister, Prof. Dr. Michael Piazolo, nicht offenbar einer diplomatischen Ungeschicklichkeit schuldig gemacht hätte. Denn nur wenige Tage später legte der Bayerische Städtetag nach: „Die Unsicherheit über die Förderung der digitalen Schule bleibt, auch wenn Kultusminister Piazolo dies als ‚Sturm im Wasserglas‘ bezeichnet hat. Viele Kommunen müssen wegen der abrupten Bremsung der Landesförderung geplante oder laufende Ausschreibungen für die IT-Beschaffung abbrechen. Rathäuser können keine Anträge mehr auf Mittel für die digitale Schule stellen, obwohl ursprünglich ein mehrjähriges bayerisches Förderprogrammversprochen war.“

Und auch der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Kurt Gribl, meldete sich nochmals zu Wort, um den Unmut der Kommunalpolitik zu artikulieren: „Der Kultusminister verweist auf die Segnungen des Digitalpakts des Bundes, aber schließt gleichzeitig das Förderprogramm des Freistaats. Unter Hinweis auf Fördermittel des Bundes stellt der Freistaat eine weitere Förderung ein. Der Digitalpakt des Bundes entfaltet aber nicht die beabsichtigte Wirkung, wenn sich Bayern aus der Förderung zurückzieht. Einen nachhaltigen Schub für die Digitalisierung unserer Schulen gibt es nur, wenn alle kräftig zusammen finanzieren. Das digitale Klassenzimmer ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Freistaat und Kommunen, damit alle Kinder in allen Regionen gleiche Bildungschancen erhalten. So lautete noch im letzten Sommer der formulierte gemeinsame Grundkonsens.“

Auch verwies der Bayerische Städettag noch einmal auf die juristischen Rahmenbedingungen: Aus dem Bundesprogramm fließt noch kein Geld. Der Digitalpakt Schule kann erst nach Inkrafttreten der Grundgesetzänderung umgesetzt werden.“ Dazu sei eine Verwaltungsvereinbarung des Bundes mit allen Bundesländern nötig. Und zur Umsetzung im Freistaat brauche es eine bayerische Bekanntmachung, damit das Antragsverfahren starten könne.

Die Kommunen wüssten aber noch nicht, wann mit dem Beginn der Förderung aus dem Bundesprogramm zurechnen sei. Verteilt auf fünf Jahre werden es in Bayern rund 700 Millionen Euro sein. Die Anträge auf Bundesmittel könnten frühestens im Sommer 2019 starten. Dazu Gribl: „Die Schulen erarbeiten Medienkonzepte und erwarten eine rasche Umsetzung – allerdings sind den Kommunen derzeit die Hände gebunden. Städte und Gemeinden haben sich auf die Ankündigung des Kultusministeriums 2018 verlassen, dass es sich bei den genehmigten Mitteln um die erste Tranche handelt. Sie haben fest mit der weiteren Förderung gerechnet. Jetzt hängen die Kommunen in der Luft.“

Eine Beschränkung der Finanzierung auf Bundesmittel würde dazu führen, dass Kommunen bei ganz wichtigen Bereichen überhaupt nicht gefördert werden. Laut Ankündigung ist der Digitalpakt des Bundes nämlich nicht für Wartung und Betreuung der Geräte gedacht.

Gribl abschließend: „Für Systembetreuung brauchen die Kommunen Klarheit über die Finanzierung, denn mit der Anschaffung von Laptops, Tablets und Whiteboards ist es nicht getan. Die Kosten für die Systembetreuung schlagen dauerhaft zu Buche, ist eine Beteiligung des Freistaats dringend notwendig. Damit alle Kinder gleiche Chancen erhalten, braucht es außerdem einheitliche Standards für das digitale Klassenzimmer und ein pädagogisches Gesamtkonzept für IT-Ausstattung und IT-Anwendung.“

Autor: Manfred Klein

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