Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) hat eine Studie zu den Rahmenbedingungen von künstlicher Intelligenz (KI) weltweit vorgelegt und gibt Empfehlungen für Energiewirtschaft und Politik.

Nach Aussagen der Global e-Sustainability Initiative (GeSI) haben Informations- und Kommunikationstechnologien das Potenzial, die globalen CO2-Emissionen bis 2030 um 20 Prozent zu senken und das Wirtschaftswachstum effektiv vom Emissionsanstieg zu entkoppeln.

Auch das World Economic Forum (WEF) prognostiziert in einem Report zur digitalen Transformation der Industrie Vorteile, die über rein wirtschaftliche Aspekte hinausgehen: „Die Digitalisierung könnte der Gesellschaft einen Nutzen bringen, der dem für die Industrie geschaffenen Wert entspricht oder diesen sogar übertrifft“, meint Walter Haas, Chief Technology Officer von Huawei Deutschland. Huawei ist übrigens Mitglied der Global e-Sustainability Initiative.

In seinem „IoT Predictions Report 2020“ erwartet Telenor Connexion, dass in den kommenden Jahren Nachhaltigkeitsziele zu einem integralen Bestandteil vieler kommerzieller IoT-Einführungen (Internet of Things) werden. Ökologische Nachhaltigkeit sei nicht mehr nur ein Nebenprodukt auf dem Weg, smart zu wirtschaften und zu leben. IoT-Lösungen würden zunehmend nicht nur hinsichtlich der geschäftlichen und technologischen Anforderungen konzipiert, sondern auch Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit, prognostiziert das schwedische IoT-Unternehmen.

Die digitale Welt: Immateriell, aber stromhungrig

Klingt gut, doch ist das leider nur die eine Seite der Medaille. Allein deshalb, weil die digitale Welt immateriell sei, sei die Annahme, dass sie auch klimaneutral sei, ein fataler Irrtum, schrieb unlängst Christoph Meinel, Direktor am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, in einem Gastbeitrag für den „Spiegel“. Mit all den zahllosen Rechnern und vernetzten Geräten, den explodierenden Datenmengen und den immer weiter ausgreifenden Netzen sei der Energiebedarf immens, so der Wissenschaftler.

Nicht nur die Generierung von Kryptowährungen auf Blockchain-Basis verbraucht enormen Mengen als elektrischer Energie. Auch die Nutzung der künstlichen Intelligenz erfordert performante Rechentechnik und jede Menge Cloudspeicher (also Rechenzentrumskapazität), was wiederum in einem entsprechenden Energieverbrauch niederschlägt.

In ihrer Analyse „Globale Trends der künstlichen Intelligenz und deren Implikationen für die Energiewirtschaft“ untersucht die Deutsche Energie-Agentur (Dena) die weltweit die Rahmenbedingungen für den KI-Einsatz. Denn einerseits kann künstliche Intelligenz helfen, die bestehenden Energiesysteme zu optimieren, doch ist sie selbst ein Energieverbraucher.

Über 100 Studien und Berichte ausgewertet

Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Dena-Geschäftsführung: „Künstliche Intelligenz durchdringt weltweit alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche. Es lohnt sich zu schauen, wie andere Nationen den großen politischen, gesellschaftlichen und technologischen Herausforderungen, die mit KI verbunden sind, begegnen. Daraus lassen sich wichtige Schlüsse für den deutschen Energiesektor ziehen – aus denen wiederum Innovations-Chancen entstehen.“

Die Analyse entstand im Rahmen des Dena-Projekts „EnerKI – Einsatz künstlicher Intelligenz zur Optimierung des Energiesystems“ auf Basis einer Auswertung von über 100 Studien und Berichten. Betrachtet wurden jeweils die Dimensionen Politik und Gesellschaft, Forschung und Technologie sowie Wirtschaft der KI-Frontrunner USA, China, Europa und Israel. Aus der Analyse der dortigen Entwicklungen und Best-Practices kommt die Dena zu fünf Empfehlungen für Deutschland:

1. Energieeffiziente IT-Infrastruktur und Software fördern

Durch die Klimaproblematik steigt weltweit das Interesse, digitale Technologien für den Klimaschutz nutzbar zu machen. Mit dem prognostizierten Anstieg an globaler Rechenkapazität für KI-Anwendungen geht jedoch ein wachsender Energieverbrauch einher. Um diesen Widerspruch aufzulösen, muss energie- und ressourceneffiziente Infrastruktur und Software erforscht und eingesetzt werden. Hierzu empfiehlt die Dena, die Entwicklung energieeffizienter IT-Technik mit Förderprogrammen für Wissenschaft und Wirtschaft anzustoßen. Eine verlässliche Basis dafür sollte mit einer Grundlagenstudie über KI-bedingte Energieverbräuche zunächst geschaffen werden.

2. Mit Daten trainieren und diese gleichzeitig schützen

Die Quantität und vor allem die Qualität von Datensätzen entscheidet über die Wirksamkeit von KI-Anwendungen. Gleichzeitig sind personen- und auch unternehmensbezogene Daten ein schützenswertes sowie zunehmend wertvolles Gut. Auch die Energiebranche ist daher aufgefordert, Modelle zu entwickeln, um Datenherkunft und Datenverwendung technologisch nachvollziehen und ökonomisch verwerten zu können. Konkret empfiehlt die Dena, dazu Experten verschiedener Disziplinen zu einem Dialog an einen Tisch zu bringen.

3. KI mit weiteren digitalen Klimaschutz-Technologien verknüpfen

Internationale Forschungscluster verknüpfen zunehmend künstliche Intelligenz mit digitalen Klimaschutztechnologien und nutzen dabei Synergien. Die Dena regt an, das Zusammenspiel von Blockchain-Technologie als digitale Infrastrukturgrundlage und künstlicher Intelligenz in Deutschland zu forcieren. Ein möglicher Rahmen dafür ist das aus der Blockchain-Strategie der Bundesregierung hervorgegangene Pilotierungslabor „Future Energy Lab“, in dem Untersuchungsvorhaben zum Energieverbrauch der KI, der Betriebsoptimierung und Prognose ergänzt werden können.

4. KI-Startups für die Energiebranche gewinnen und fit machen

Startups treiben weltweit die KI-Entwicklung mit voran. Sie für die Chancen am deutschen Energiemarkt zu sensibilisieren und gleichzeitig mit dessen Eigenheiten als stark regulierter Markt vertraut zu machen, kann ein wirksamer Ansatz für mehr Innovationskraft in der Energiebranche sein. Als Konsequenz daraus empfiehlt die Dena die Vermittlung von energiewirtschaftlichem Know-how und Unterstützung beim Transfer bestehender Geschäftsmodelle in die Energiewelt.

5. Dialogforum mit der Bevölkerung einrichten

Um Berührungsängste mit der neuen Technologie in Deutschland abzubauen und gleichzeitig Anregungen aus der Bevölkerung zu erhalten, regt die dena einen branchenübergreifenden Dialog über KI in der Energiewende an. Denn für die disruptive Klimaschutz-Technologie KI sind Akzeptanz und Verständnis in der pluralistischen Gesellschaft die Voraussetzungen für ihren Erfolg.

Über das Dena-Projekt EnerKI

Mit dem Anfang 2019 gestarteten Projekt „EnerKI – Einsatz künstlicher Intelligenz zur Optimierung des Energiesystems“ verstärkt die Dena den Wissensaufbau zu KI in der Energiewirtschaft. Ziel ist es, die Potenziale von KI für die Energiewende auszuloten, einen breiten Dialog mit den relevanten Stakeholdern anzustoßen und diesen die gewonnenen Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen. Bis Mitte 2020 sind weitere Dialogveranstaltungen und Expertenworkshops sowie ein weiterer Analysebericht geplant. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.

Autor: Jürgen Schreier

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