Wer digitalisiert, sollte den damit erreichten Benefit auch messen. Viele Unternehmen tun das nicht oder mit unzureichenden Mitteln. Rühmliche Ausnahme: die verarbeitende Industrie. Drei von vier Unternehmen messen den Fortschritt ihrer Digitalisierungsmaßnahmen mit speziellen Prozesskennzahlen.

Für viele Busunternehmen war sie weiland eine Stütze des Geschäfts – die „Fahrt ins Blaue“ (also nach irgendwohin), bei der dann im Hinterzimmer einer Dorfschenke dem mit Schnitzel und Kartoffelsalat abgefüllten Publikum Lamadecken oder Schnellkochtöpfe zu weit überhöhten Preisen verhökert wurden.

Vom Grundsatz her gibt es das auch heute noch: Allerdings adressiert das Onlineportal „Unplanned“ mit seine individuell geplanten „Reisen ins Unbekannte“ ein ganz anderes (und vor allem zahlungskräftiges) Publikum. Doch in beiden Fällen darf und muss sich der Teilnehmer überraschen lasen, wohin der Trip ihn führt. Und exakt nach diesem Muster scheinen auch viele Unternehmen zu verfahren, wenn es um „ihre“ Digitalisierung geht.

Ohne Zahlen zum Data-Driven-Unternehmen?

Rund jedes zweite Unternehmen in Deutschland befindet sich im „Blindflug“, was die Erfolgsmessung der digitalen Transformation anbetrifft. 46 Prozent verzichten nach eigenen Angaben auf einen speziellen Kennzahlenkatalog, um Digitalisierungsfortschritte zu überprüfen.

Einen kontinuierlichen Soll-Ist-Vergleich für das Top-Management stellt nur rund jedes dritte Unternehmen (37 Prozent) auf. Viele Unternehmen können damit nicht eindeutig feststellen, inwieweit Investitionen in die Digitalisierung und neue Arbeits- und Projektmanagementmethoden greifen. Das sind die Ergebnisse der Studie „Potenzialanalyse Operative Effizienz“ von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut.

Verbesserung der Effizienz ist das erklärte Ziel der meisten Unternehmen mit ihren Digitalisierungsstrategien. Fast zwei von drei Unternehmen in Deutschland (62 Prozent) digitalisieren ihr Geschäft, um effizienter zu arbeiten. Sie setzen dabei besonders auf die Neugestaltung von Prozessen und Automatisierung.

Die notwendigen Erfolgskontrollen fehlen allerdings oft. Die Folge: Ohne genaue Prüfkriterien und Instrumente wissen sie beispielsweise nicht, ob Maßnahmen zu Einsparungen, zufriedeneren Kunden oder schnelleren Abläufen führen.

Verarbeitende Industrie beweist ausgeprägte Zahlenaffinität

Insbesondere in der öffentlichen Verwaltung und bei Energieversorgern ist exaktes Nachmessen mithilfe von speziellen Digitalisierungskennzahlen (noch) Neuland. 41 Prozent der Behörden und Versorgungsunternehmen setzen auf das Vereinbaren von Digitalisierungszielen mit ihren Teams. Nur jede vierte Behörde/jedes vierte Versorgungsunternehmen (26 Prozent) nutzt Prozesskennzahlen als Gradmesser, 19 Prozent führen einen kontinuierlichen Soll-Ist-Vergleich für das Management durch. Mehr als jeder vierte Entscheider (29 Prozent) gibt an, auf Prozesskennzahlen, Zielvereinbarungen und Transparenz schaffende Projektmanagementtools wie Kanban-Boards zu verzichten.

In der Industrie sieht sie Lage schon ganz anders aus. Dort ist die Mess- und Kontrollbereitschaft deutlich stärker verbreitet: Drei von vier Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe messen den Fortschritt ihrer Digitalisierungsmaßnahmen mit speziellen Prozesskennzahlen.

Sie vergleichen beispielsweise die Kosten für einen Produktionsablauf vor und nach der Digitalisierung, oder sie prüfen die Zeitersparnis und die Verbesserung der Servicequalität. In jedem zweiten Unternehmen (48 Prozent) erhält das Top-Management regelmäßig einen Soll-Ist-Vergleich, um Fortschritte und Erfolge zu bewerten.

Etablierte Kennzahlensysteme erweitern

„Digitalisierung muss sich an nackten Zahlen messen lassen. Mit Blick auf die aktuelle Lage und die kommenden Monate wird es noch wichtiger, dass Unternehmen und Behörden nicht an falscher Stelle investieren“, sagt Jens Rohde, Experte für digitales Prozessmanagement bei Sopra Steria Next.

Instrumente zur Steuerung von Digitalinvestitionen gibt es viele. Jedes vierte Unternehmen führt beispielsweise unterschiedliche Daten in speziellen Dashboards zusammen. Diese nutzen den Unternehmen allerdings nur dann, wenn sie ihre etablierten Kennzahlensysteme erweitern. Durchlaufzeiten, auf Echtdaten basierende Ursachenanalysen und erzielter Automatisierungsgrad machen den Nutzen neuer Technologien und den Erfolg der Digitalisierungsmaßnahmen auch im Kleinen transparent.

Weitere wichtige Stellgrößen sind Personalkennzahlen, beispielsweise dazu, welche digitalen Kompetenzen in einzelnen Teams aufgebaut wurden. „Transparenz erhöht die Akzeptanz der Maßnahmen und erleichtert Verhandlungen um die Budgetfreigabe für neue digitale Vorhaben erheblich“, so Jens Rohde von Sopra Steria Next.

Autor: Jürgen Schreier

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