Das Jahr 2020 hält viele Veränderungen und Herausforderungen für uns bereit. Die Rolle von Unternehmen wandelt sich: Sie müssen mehr Verantwortung übernehmen und über ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen hinausdenken – und handeln.

Jahrzehnt der Veränderung

Das kommende Jahr steht ganz im Zeichen einer dreigeteilten (Technologie-) Welt: Die USA und China wetteifern um globale Wettbewerbsvorteile, während Europa zunehmend einen eigenen Weg und damit auch die eigene Identität prüft. Das industrielle Internet der Dinge ist dabei eines der wichtigsten Innovationsmerkmale das nicht auf den „Shopfloor? beschränkt bleibt, sondern allumfassend sein muss bis hin zu sektorübergreifenden Datenclustern im Sinne von dezentralen Innovationspartnerschaften. Es ist die wichtigste Schnittstelle zur Cloud-Ökonomie und der zukünftig dominanten, dezentral aufgestellten Wertschöpfung, welche die uns heute bekannten Plattformen ablösen wird.

Jahrzehnt der Herausforderung

Dabei überdeckt die öffentliche Diskussion um Nachhaltigkeit das Kernproblem einer schnell alternden „Gesellschaft der unterschiedlichen Geschwindigkeiten? die sich immer weniger in der Lage sieht, den passenden Talentpool für wirtschaftliche und politische Problembewältigung zu stellen. Deutsche Unternehmen haben im digital dominierten Konsumentenbereich die zentralen Innovationen verpasst und werden nun bis in den Bereich der Logistik insbesondere durch die hierzulande neu aufspielenden Player wie Alibaba herausgefordert. Auch im industriellen Bereich sind die Herausforderungen immens: Reichweite, gefolgt von neu gesetzten Standards gefolgt von Wertschöpfung ist das Paradigma des digitalen Zeitalters.

Zukünftig wird die Maschinenintelligenz Unternehmen ihre eigene digitale Identität verleihen, wobei „Maschine? hierbei auch den gesamten Softwarebereich und damit den Dienstleistungssektor umfasst, wie heute schon über die Prozessautomatisierung (RPA) etabliert. Standards setzt, wer Vertrauen generiert; Reichweite generiert, wer die Nutzerbasis dominiert.

Um Unternehmen von der Sinnhaftigkeit der Auslagerung zentraler Geschäftsprozesse in die Cloud und der darin gebundenen, höchst vertraulichen Informationen zu überzeugen brauchen die Anbieter vor allem „trust capital? – womit wir wieder bei den eingangs beschriebenen Standards sind: „Die Zeiten, in denen es ausschließlich um Gewinnmaximierung geht, sind vorbei. Unternehmen haben eine Verantwortung für ihre Mitarbeiter und die Gesellschaften, in denen Sie aktiv sind. Und aus dieser heraus müssen sie sich für weltweite Offenheit, fairen Wettbewerb und sozialen Zusammenhalt einsetzen. Als wichtiger Teil der Gesellschaft sollten sie ihre Stimme im öffentlichen Diskurs dafür erheben, eine klare Haltung einnehmen und diese vor allem auch leben.“ (Eva Schulz-Kamm, Siemens)

Unternehmen als politische Akteure

Unternehmen als digitale Corporate Identities mit globaler Reichweite kommen als vertrauensvolle Gestalter und Influencer eine steigende Bedeutung zu. Das heißt auch, die Verantwortung der Firmen wird größer und wirtschaftliche Interessen sollten nicht länger ausschließlicher Fokus sein.

Sie sollten sich im Sinne von corporate statecraft auch als „politische Akteure“ verstehen und auch so agieren. Dies gilt nicht nur für Programme wie Green Track – nachhaltige Unternehmen sind nachweislich wirtschaftlich erfolgreicher – sondern insbesondere im Wettkampf mit den großen Plattformakteuren, die ihre Dominanz im Alltag der Bürger auf die Industrie übertragen möchten.

In meinen Augen wirken damit 4 zentrale Faktoren:

  • Märkte verändern sich zukünftig stärker durch Initiativen des Gesetzgebers. Die Gründung von Airbus war eine industrielle Notwendigkeit, die von der Politik betrieben wurde, um ein strategisches Gleichgewicht herzustellen. Unternehmen verlieren Marktanteile und Kunden wenn sie weniger innovativ sind, die eigentliche Verantwortung für versäumte Modernisierungsmaßnahmen liegt aber bei den Regierungen: Sie haben die notwendige Förderung von moderner Verwaltung, Steuergesetzgebung und gezielten Investitionen, etwa in groß angelegte KI-Programme versäumt wodurch sich insbesondere Deutschland in einem Aufholwettbewerb befindet.
  • Erneut stehen heute die politischen Entscheidungsträger Europas vor der Frage, ob wir einen „Airbus 2.0? brauchen, um nicht zwischen den USA und Asien marginalisiert zu werden. Die Position der „Plattform-Giganten? wird offen in Frage gestellt und stark nachreguliert.
  • Wertschöpfung geschieht nicht durch Vernetzung, sondern durch konkrete Vorteile, die nach der Vernetzung möglich werden: Software (Code) ist hierbei der entscheidende Faktor. Unternehmen und Organisationen müssen noch viel besser als bislang zur dezentralen Wertschöpfung befähigt werden.
  • Normen erweitern die Regulierung hin zum einzelnen Produkt oder Anwender: Konsumenten sind heute sowohl lauter in der Öffentlichkeit als auch Entwicklungspartner der OEM. Zukünftig werden sie auch auf EU-Ebene stärker direkt eingebunden, um ihr Feedback in neue Regularien einfließen zu lassen.

Zusammenfassend lässt sich sagen das wir im letzten Jahrzehnt erlebt haben, wie ein Übermaß an Technologie in alle Teilbereiche von Gesellschaft und Unternehmen vordringt – im kommenden Jahrzehnt, geprägt durch die „Rückgewinnung des Maßgeblichen?, werden wir entscheiden müssen, welche Art von Technologie für unsere Organisationen tatsächlichen Mehrwert bringt oder ob sie uns nur zu Datenlieferanten macht.

Diese Kompetenz fehlt uns aktuell oft noch und es ist eine Bringschuld unserer Regierung sie auf der großen Bühne unter Beweis zu stellen während die Unternehmen den Mut aufbringen müssen noch weitaus mehr Talente als bislang vielfältig zu entwickeln und an sich zu binden – um ihnen im besten Fall nach einigen Jahren als Gründer und zukünftige Geschäftspartner die Freiheit des Unternehmers geben zu können.

Autor: Dr. Martin Schössler

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