GmbH in der Nachfolge - 29. April 2021

Ungewollte Effekte verhindern

Bei der Übertragung des Unternehmens auf die nächste Generation sind aus steuerlicher Sicht in erster Linie die Vorgaben des Erbschaftsteuergesetzes zu berücksichtigen. Daneben spielen aber auch ertragsteuerliche Aspekte wie etwa das Verhindern der ungewollten Beendigung einer Betriebsaufspaltung eine Rolle.

Die steuerliche Nachfolgeberatung bei einer GmbH beziehungsweise einem GmbH-Gesellschafter hinsichtlich der Nachfolge erfordert aus steuerlicher Sicht vor allem, dass ein besonderes Augenmerk auf die Ausgestaltung von entsprechenden Satzungsklauseln und Stimmbindungsvereinbarungen gerichtet wird, um erbschaftsteuerliche Betriebsvermögensbegünstigungen in Anspruch nehmen zu können. Darüber hinaus sind weitere erbschaftsteuerliche Vorgaben und ertragsteuerliche Aspekte in die Überlegungen einzubeziehen.

Erbschaftsteuerliche Aspekte der Nachfolge

Für den Erwerb von Betriebsvermögen unterhalb der Großerwerbsschwelle gewährt das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) einen 85-prozentigen Verschonungsabschlag (Regelverschonung) beziehungsweise eine vollumfängliche Steuerbefreiung (Optionsverschonung) (§ 13a ErbStG). Während Beteiligungen an gewerblichen sowie landwirtschaftlichen und selbstständig tätigen Personengesellschaften unabhängig von der Beteiligungsquote bereits per se zum begünstigungsfähigen Betriebsvermögen zählen, müssen GmbH-Anteile einen gewissen Beteiligungsumfang erreichen, um in den Genuss der Steuerbegünstigung zu kommen. Nur wenn der Schenker beziehungsweise der Erblasser zu mehr als 25 Prozent unmittelbar am Nennkapital einer GmbH beteiligt ist, zählen die Anteile gemäß § 13b Abs. 1 Zif. 3 ErbStG zum begünstigungsfähigen Betriebsvermögen. Bei einer Nachfolge in Raten hinsichtlich einer GmbH mit begünstigtem Produktivvermögen ist also darauf zu achten, dass beim letzten Übertragungsakt noch Anteile mit einer Beteiligungsquote von mehr als 25 Prozent für eine Weitergabe zur Verfügung stehen. Wird die Mindestbeteiligungsquote nicht erreicht, besteht die Möglichkeit, die Anteile mit anderen Anteilen zu poolen, um so die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Betriebsvermögensbegünstigungen zu schaffen (§ 13b Abs. 1 Zif. 3 S. 2 ErbStG). Der Pool-Vertrag erfordert – neben einer Stimmbindung – eine Verpflichtung dergestalt, dass die Gesellschafter untereinander bestimmen, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen.

Begünstigungen

In Konzern- beziehungsweise mehrstufigen Beteiligungsstrukturen ist zudem zu beachten, dass ein Unterschreiten der Mindestbeteiligungsgrenze bei Tochter-Kapitalgesellschaften diese grundsätzlich als begünstigungsschädliches Verwaltungsvermögen qualifiziert. Wird die erbschaftsteuerliche Verschonung in Anspruch genommen, ist auf die Einhaltung der maßgeblichen Mindestlohnsumme und Behaltensvoraussetzungen zu achten; anderenfalls entfällt die Begünstigung (anteilig) wieder und es fällt Nachsteuer an. Besonderheiten bei der GmbH als Rechtsform ergeben sich insoweit, dass bei gepoolten Anteilen die Aufhebung der Verfügungsbeschränkung oder Stimmrechtsbündelung innerhalb der maßgeblichen Behaltensfrist ebenfalls einen Verstoß gegen die Behaltensvoraussetzungen darstellt (§ 13a Abs. 6 Zif. 5 ErbStG). Andererseits kann die GmbH-Struktur bei einer Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen die Betriebsvermögensbegünstigung retten, sofern das Vermögen nicht an die Gesellschafter verteilt wird, was bei einer Personengesellschaft wegen der steuerlichen Transparenz nicht möglich ist.

Bewertung der GmbH-Anteile

Für Zwecke der Erbschaftsteuer hat eine Bewertung der GmbHAnteile zu erfolgen. Die Bewertung kann anhand des sogenannten vereinfachten Ertragswertverfahrens gemäß §§ 199ff. Bewertungsgesetz (BewG) oder unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder mittels einer anderen anerkannten, üblichen Methode durch ein Sachverständigengutachten erfolgen. Da das vereinfachte Ertragswertverfahren vergangenheitsbezogen ist und von einem festen Vervielfältiger in Höhe von 13,75 Prozent – bezogen auf die Erträge der letzten drei Wirtschaftsjahre vor der Schenkung beziehungsweise des Erbfalls – ausgeht, führt dieses oft zu überhöhten Unternehmenswerten. Allerdings muss sich dies bei Betriebsvermögen – im Hinblick auf die Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote und die sogenannte Schmutzgrenze gemäß § 13b Abs. 7 ErbStG – nicht in jedem Fall nachteilig auf die Erbschaftsteuer auswirken.

Einziehungs- und Abtretungsklauseln

Sieht der Gesellschaftsvertrag Einziehungs- und/oder Abtretungsklauseln vor, gilt Folgendes: Während zivilrechtlich der Erbe oder die Erbengemeinschaft die GmbH-Anteile erwirbt, wobei der Erwerb durch die Ausübung des Einziehungsrechts beziehungsweise der Abtretungsoption auflösend bedingt ist, bestimmt das Erbschaftsteuerrecht zugunsten des Erben, dass nur der Abfindungsanspruch zum steuerpflichtigen Erwerb gehört (§ 10 Abs. 10 S. 2 ErbStG). Liegt der Abfindungswert unter dem Steuerwert des Anteils, so ist die darin liegende Bereicherung der verbleibenden Gesellschafter gemäß § 7 Abs. 7 S. 3 ErbStG beziehungsweise § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG steuerpflichtig. Bei der Abtretung an die Gesellschaft selbst ist die Gesellschaft Erwerber. Unterschiede bei den einzelnen Klauseln ergeben sich insbesondere bei der Inanspruchnahme der Betriebsvermögensbegünstigung. Die Finanzverwaltung gewährt für den Fall der Einziehung keine Betriebsvermögensbegünstigung. Werden die Anteile an die Gesellschaft selbst abgetreten, kann § 19a ErbStG nicht in Anspruch genommen werden, da dieser nur für natürliche Personen gilt. Lediglich für die Abtretung an Mitgesellschafter kommt das Verschonungsregime vollumfänglich in Betracht, da nur hier die Gesellschafter Anteile erwerben (R E 10.13 Abs. 3 S. 4, R E 3.4 Abs. 3 S. 9 Erbschaftsteuer- Richtlinie 2019 – ErbStR 2019). Insofern ist die Abtretung an Mitgesellschafter der Einziehung beziehungsweise der Abtretung an die Gesellschaft vorzuziehen. Ein Erwerber kann die Befreiung nicht in Anspruch nehmen, soweit er verpflichtet ist, das begünstigte Vermögen aufgrund einer letztwilligen oder rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers/Schenkers auf einen Miterben/Dritten zu übertragen [Weitergabeverpflichtung (§ 13a Abs. 5 S. 1 ErbStG)], oder bei einer freiwilligen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (§ 13a Abs. 5 S. 2 ErbStG). Der Dritte beziehungsweise der Miterbe als Erwerber des begünstigten Vermögens hat in diesen Fällen selbst einen Anspruch auf Befreiung gemäß § 13a ErbStG.

Finanzierung der Erbschaftsteuer

Da die Nachfolge eine erhebliche Erbschaftsteuerbelastung auslösen kann, sollte sie frühzeitig in die Liquiditätsplanung einbezogen werden. Sofern dies nicht durch die entsprechende Ausschüttungsplanung darstellbar ist, erscheint im aktuellen Zinsumfeld eine Fremdfinanzierung sowohl über ein Bankdarlehen als auch über ein fremdübliches Darlehen der GmbH an den Gesellschafter attraktiv. Daneben besteht auch die Möglichkeit, Vorsorge über eine Versicherungslösung zu treffen (Risikolebensversicherung). Für begünstigtes Betriebsvermögen besteht schließlich die Option einer zinslosen Stundung der Erbschaftsteuer gemäß § 28 ErbStG. Allerdings greift diese Regelung nur beim Erwerb von Todes wegen, nicht bei lebzeitigen Schenkungen.

Ertragsteuerliche Aspekte der Nachfolge

Im Grunde ergeben sich bei der Schenkung oder Vererbung von GmbH-Anteilen auf Gesellschafterebene keine ertragsteuerlichen Konsequenzen. Es liegt grundsätzlich weder ein Veräußerungstatbestand noch ein Anschaffungsvorgang vor. Werden die Anteile im Privatvermögen gehalten, tritt der Erwerber hinsichtlich der Anschaffungskosten in die Fußstapfen des Schenkers oder Erblassers (§ 17 Abs. 2 S. 5 Einkommensteuergesetz – EStG beziehungsweise § 20 Abs. 4 S. 6 EStG). Zu beachten ist, dass durch die Schenkung oder den Erbfall eine im Sinne von § 17 Abs. 1 S. 1 EStG unwesentliche Beteiligung in eine wesentliche Beteiligung hineinwachsen kann. Hat der Veräußerer den veräußerten Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich erworben, so gilt Satz 1 entsprechend, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger oder, sofern der Anteil nacheinander unentgeltlich übertragen worden ist, einer der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre im Sinne von Satz 1 beteiligt war. Bei einer gemischten Schenkung ist der Vorgang in einen unentgeltlichen und einen entgeltlichen Teil aufzuteilen. Die Vereinbarung einer Versorgungsrente beziehungsweise eines Nießbrauchs führt auch im Bereich der Ertragsteuer nicht dazu, dass es sich um ein teilentgeltliches Geschäft handelt. Dagegen ist von einem (teil)entgeltlichen Vorgang auszugehen, wenn beim Tod des Gesellschafters dessen Anteile gegen Abfindung eingezogen werden oder die Satzung eine entsprechende Zwangsabtretung vorsieht. Vorsicht ist aus ertragsteuerlicher Sicht allerdings auch bei einer reinen Schenkung oder beim Vererben der Anteile geboten, wenn der GmbH-Gesellschafter Wirtschaftsgüter an die GmbH zur Nutzung überlassen hat. Liegt eine sachliche und personelle Verflechtung vor, die zu einer Betriebsaufspaltung geführt hat, ist darauf zu achten, dass diese bei der Nachfolge nicht ungewollt beendigt wird und es zur Aufdeckung von stillen Reserven kommt. Besteht beim Vermögensübergeber eine Betriebsaufspaltung, weil er etwa Grundbesitz an die GmbH zur Nutzung überlässt, und entfällt die personelle Verflechtung, indem die GmbH-Anteile verschenkt werden, das Grundstück selbst aber zurückbehalten wird, unterliegen die stillen Reserven im Grundstück und den GmbH-Anteilen (Besitzunternehmen) im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens der Einkommen- und Gewerbesteuer. Soll dies vermieden werden, ist darauf zu achten, dass Geschäftsanteil und Grundstück zusammen vererbt oder verschenkt werden. Die gleichen Erwägungen gelten, wenn die GmbHAnteile zu einem Sonderbetriebsvermögen gehören.

Grenzüberschreitende Aspekte

Auch bei einer Schenkung oder Vererbung von GmbH-Anteilen an im Ausland ansässige Personen droht eine ertragsteuerliche Folge. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Außensteuergesetz (AStG) wird in diesen Fällen von einer fiktiven Veräußerung der GmbH-Anteile im Sinne des § 17 EStG ausgegangen mit der Konsequenz, dass der Unterschiedsbetrag zwischen dem Verkehrswert im Übertragungszeitpunkt und den Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers der Einkommensteuer unterliegt. Derzeit gibt es hier zwar diverse Stundungsmöglichkeiten, insbesondere wenn der Rechtsnachfolger im EU/EWR-Ausland ansässig ist, doch nach aktuellen Überlegungen zur Überarbeitung des Außensteuerrechts könnten auch diese Möglichkeiten stark eingeschränkt werden.

Steuerliche Verlustvorträge

Bestehen auf Ebene der Gesellschaft steuerliche Verlustvorträge, ist die Regelung des § 8c Körperschaftsteuergesetz (KStG) zu beachten, wonach Verluste vollständig entfallen, wenn mehr als 50 Prozent der Gesellschaftsanteile übertragen werden, wobei vom Wortlaut sowohl entgeltliche als auch unentgeltliche Übertragungen erfasst sind. Allerdings nimmt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) Anteilübertragungen im Wege eines Erbfalls sowie der unentgeltlichen Erbauseinandersetzung vom Anwendungsbereich der Vorschrift aus (BMF-Schreiben vom 28.11.2017, BStBl. I 2017, 1645 Tz. 4). Ebenfalls sollen nach Ansicht der Finanzverwaltung Übertragungen im Wege der unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge zwischen Angehörigen im Sinne des § 15 Abgabenordnung (AO) nicht unter § 8c KStG fallen.

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Zum Autor

SR
Stephanie Renner

Rechtsanwältin und Steuerberaterin bei der WTS Group AG Steuerberatungsgesellschaft in München

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