Neue gesetzliche Vorgaben zwingen Unternehmen zur Offenlegung von Beteiligungsstrukturen. Compliance-Systeme werden Pflicht. Bußgelder drohen.
Die Finanzwelt scheint im Umbruch. Hinter wohlklingenden Namen wie den Paradise Papers stecken Erkenntnisse mit Sprengkraft. Prominente Einzelpersonen und Großkonzerne haben sich in ihrem Einfallsreichtum zur Steuervermeidung scheinbar jahrelang gegenseitig überboten. Scharfe Grenzen zwischen anständig und anstößig sind dabei rückblickend ebenso schwer zu ziehen, wie zwischen legal und verboten. Nur eines ist klar: In Zukunft soll alles – wie so oft – besser werden. Vor diesem Hintergrund erleben wir derzeit, national wie international, beispiellose Bemühungen. Der Informationsaustausch soll verbessert, Steueroasen trockengelegt, Schlupflöcher geschlossen und Meldepflichten geschaffen werden. Kurzum: Die Daumenschrauben ziehen an. Aus diesem Geiste resultieren in Deutschland nicht nur die Umsetzung des internationalen Standards zum automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Standard) sowie die vielfältigen Neuerungen des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes (StUmgBG). Daneben hat der Gesetzgeber zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie in diesem Jahr auch das Geldwäschegesetz (GwG) neu aufgelegt und die Einführung eines Transparenzregisters beschlossen. Seinem eigentlichen Namen nach dient das GwG übrigens dem Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten. Gemeint sind Verbrechen und schwerwiegende Vergehen aus dem Katalog des § 261 Strafgesetzbuch (StGB). Betreffen werden die neu geschaffenen Regelungen indes jedermann. Im Transparenzregister (www.transparenzregister.de) werden Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten eines Unternehmens gespeichert. Die Einsichtnahme in das Register soll dann einen unkomplizierten Überblick darüber verschaffen, welche Personen wirklich hinter einem Unternehmen stehen. Geheime Treuhandverhältnisse und stille Beteiligungen, so die Intention, soll es in Zukunft nicht mehr geben. Dadurch will der Gesetzgeber die Nutzung undurchsichtiger Beteiligungskonstruktionen erschweren und eine weitere Front zur Bekämpfung von Kriminalität, Geldwäsche und Terrorismus eröffnen. Die erforderlichen Angaben mussten erstmals zum 1. Oktober 2017 an das elektronisch geführte Transparenzregister übermittelt werden.
Wer ist betroffen?
Die neuen Transparenzpflichten gelten für Vereinigungen im Sinne des Gesetzes. Darunter fallen alle juristischen Personen des Privatrechts, wie etwa AG, GmbH, UG, Vereine, Genossenschaften, Stiftungen, SE sowie eingetragene Personengesellschaften (OHG, KG, PartG) und weitere Rechtsgestaltungen im Zusammenhang mit Trusts. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist grundsätzlich nicht erfasst. Etwas anderes kann aber gelten, wenn eine GbR beispielsweise an anderen Unternehmen beteiligt ist.
Welche Pflichten bestehen?
Die betroffenen Unternehmen sind verpflichtet, Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten „einzuholen, aufzubewahren, auf aktuellem Stand zu halten und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen“ (§ 20 Abs. 1 Satz 1 GwG). Die Angaben umfassen Vor- und Nachname, Geburtsdatum und Wohnort des Berechtigten sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses (§ 19 Abs. 1 GwG). Letzteres soll insbesondere aufzeigen, woraus die wirtschaftliche Berechtigung folgt. Offenzulegen ist also zum Beispiel die Stellung als Anteilseigner, gesetzlicher Vertreter, Partner, geschäftsführender Gesellschafter oder die Ausübung von Kontrolle auf sonstige Weise – womit künftig ein Schlaglicht insbesondere auf Treuhandverhältnisse und Ähnliches geworfen wird.
Wer ist wirtschaftlich Berechtigter?
Die offenzulegenden wirtschaftlich Berechtigten sind diejenigen natürlichen Personen, denen ein Unternehmen letztlich gehört beziehungsweise die es mittelbar oder unmittelbar kontrollieren. Bei juristischen Personen oder sonstigen Vereinigungen ist das jede Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile hält, mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt. Mittelbare Kontrolle über ein Unternehmen liegt vor allem dann vor, wenn entsprechende Anteile von einer anderen Vereinigung gehalten werden, die ihrerseits von einer natürlichen Person kontrolliert wird. Die notwendige Kontrolle besitzt derjenige, der unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen ausüben kann.
Mitteilungsfiktion
Den Unternehmen sollen keine zusätzlichen Belastungen durch redundante Mehrfachmeldungen entstehen.
Besondere Beachtung verdient die sicherlich sehr praxisrelevante Einschränkung der sogenannten Mitteilungsfiktion. Danach gilt die Mitteilungspflicht nämlich dann als erfüllt, wenn sich alle Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten bereits aus anderen öffentlich zugänglichen Registern oder Quellen ergeben. Den Unternehmen sollen keine zusätzlichen Belastungen durch redundante Mehrfachmeldungen entstehen. Darum reichen bereits bestehende Eintragungen, etwa im Handels-, Partnerschafts- sowie Genossenschafts- oder Vereinsregister gegebenenfalls aus. Das gilt aber nur dann, wenn sich auch tatsächlich alle notwendigen Informationen aus den bestehenden Registereintragungen ergeben und die dort hinterlegten Angaben vollständig und richtig sind. Ist also beispielsweise im Handelsregister keine Gesellschafterliste hinterlegt, bleibt die Mitteilungspflicht an das Transparenzregister bestehen. Stichwort Treuhand: Gleiches gilt natürlich für den Fall, dass zwar eine Gesellschafterliste hinterlegt ist, diese aber die wirklich Berechtigten gar nicht enthält.
Pflichten der Leitungsorgane
Die Leitungsorgane der betroffenen Unternehmen trifft die Pflicht, die wirtschaftlich Berechtigten zu eruieren und die erforderlichen Informationen zu erheben. Diese sind aufzubewahren, aktuell zu halten und an die registerführende Stelle zu melden. Auch künftige Änderungen sind von der Mitteilungspflicht umfasst. Dazu muss ein Compliance-System geschaffen werden, mit dem sichergestellt ist, dass zumindest einmal jährlich überprüft wird, ob Änderungen bei den wirtschaftlich Berechtigten eingetreten sind. Die Leitungsorgane trifft in diesem Zusammenhang eine Nachfragepflicht, aber wohl keine eigene Nachforschungspflicht. Daneben enthält das GwG für verpflichtete Unternehmen – hauptsächlich aus der Finanz- und Versicherungsbranche – sowie für bestimmte weitere Berufsgruppen zusätzliche Compliance-Anforderungen. Diese beziehen sich auf das Risikomanagement, die Risikoanalyse, interne Sicherungsmaßnahmen, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten sowie besondere Anforderungen an Mutterunternehmen bei Konzernstrukturen.
Welche Sanktionen drohen?
Verstöße gegen die externen Transparenzpflichten oder die zu ihrer Sicherstellung dienenden internen Compliance-Pflichten stellen Ordnungswidrigkeiten dar und können schon bei einfachen Verstößen mit Geldbußen bis zu 100.000 Euro geahndet werden. Bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen drohen Bußgelder bis zu einer Million Euro oder des Doppelten des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils. In Einzelfällen kann die Geldbuße sogar bis zu fünf Millionen Euro oder – je nachdem, was höher ist – bis zu zehn Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes betragen. Ungleich schmerzlicher kann die Regelung des § 57 GwG wirken. Danach haben die Aufsichtsbehörden bei Verstößen gegen das GwG bestandskräftige Maßnahmen sowie unanfechtbare Bußgeldentscheidungen auf ihrer Internetseite bekannt zu machen (sogenanntes Naming & Shaming). In der Bekanntmachung sind Art und Charakter des Verstoßes sowie die verantwortlichen natürlichen und juristischen Personen oder Personenvereinigungen zu benennen. Die Bekanntmachungen müssen in dieser Form fünf Jahre veröffentlicht bleiben.
Wer hat Einsicht in das Transparenzregister?
Hinsichtlich der Informationen im Transparenzregister sieht das Gesetz einen gestaffelten Zugang vor. Zur Einsichtnahme sind vorrangig die Aufsichts-, Finanz-, Wirtschafts-, Steuer-, Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden berechtigt. Daneben können auch verpflichtete Unternehmen selbst das Register einsehen, um die untereinander geltenden Sorgfaltspflichten zu erfüllen, die das GwG im geschäftlichen Verkehr vorsieht. Darüber hinaus können allerdings auch sonstige Personen das Transparenzregister einsehen, sofern ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. Nach der Gesetzesbegründung soll darunter ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse zu verstehen sein, das insbesondere dann besteht, wenn ein Bezug zur Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vorgebracht wird. Nach dem Willen des Gesetzgebers zielt diese Regelung vor allem auf Nichtregierungsorganisationen (NGO) und Fachjournalisten, die sich ernsthaft und sachbezogen mit der Verhinderung oder Bekämpfung von Geldwäsche und Korruption beschäftigen. Zwar sieht das Gesetz Einschränkungen zum Schutz von Persönlichkeitsrechten vor, jedoch liegt der Ball insofern bei dem wirtschaftlich Berechtigten, der in einem Antrag darlegen muss, dass einer Einsichtnahme eigene überwiegende schutzwürdige Interessen, etwa bei Minderjährigkeit, Geschäftsunfähigkeit beziehungsweise der Gefahr schwerer Straftaten, entgegenstehen.
Berechtigte Kritik
Schon im Gesetzgebungsverfahren war das neue Transparenzregister vielfältiger Kritik ausgesetzt. Datenschutzrechtliche Gesichtspunkte, bürokratischer Mehraufwand sowie eine teils erhebliche Unschärfe hinsichtlich der Normadressaten sowie der auferlegten Pflichten waren nur einige Steine des Anstoßes. Die nunmehr in Kraft getretene Fassung hat, so scheint es, keine dieser Bedenken nachhaltig zerstreut. Vieles ist ungeklärt, etwa der künftige Umgang mit komplexen ausländischen Beteiligungskonstruktionen in der Praxis. Damit bleibt abzuwarten, ob das Transparenzregister gerade die internationale Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung wirklich voranbringt oder letztlich nur diejenigen gängelt, die ohnehin schon redlich bemüht sind, alles richtig zu machen. Gerade im Zusammenhang mit den seit Juli 2017 erheblich verschärften Vorschriften zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung sind unzählige Verfahren zu erwarten, in denen offengelegte Treuhandverhältnisse und Vermögen zu plausibilisieren sein werden. Steuerlich war diese Offenlegung ohnehin Pflicht. Wegen des Steuergeheimnisses nach § 30 Abgabenordnung (AO) wurden die Informationen indes nicht ohne weitere Verdachtsmomente anderen Behörden oder gar Dritten offenbart.
Ausblick und Fazit
Im Ergebnis kann wohl festgehalten werden, dass der gläserne Bürger schon lange keine Zukunftsvision mehr ist. Auch das neue Transparenzregister dürfte seinem Namen alle Ehre machen. Da das neue GwG am 26. Juni 2017 in Kraft getreten ist, mussten die Mitteilungspflichten erstmals zum 1. Oktober 2017 erfüllt werden. Zur Einsichtnahme soll das Register online seit dem 27. Dezember 2017 zur Verfügung stehen. Für Unternehmen und Private besteht also auch künftig Handlungsbedarf. Neben den Leitungsorganen haben sich interne wie externe Berater die gesetzlichen Pflichten des Unternehmens zu vergegenwärtigen, hinterlegte Informationen zu überprüfen, Einsichtnahmen zu überwachen und – nicht zuletzt – die fortwährende Einhaltung von Compliance-Regelungen sicherzustellen. In diesem Zusammenhang bleibt vor allem abzuwarten, wie die Praxis angesichts schwammiger Kriterien, wie einem ernsthaften Sachbezug zur Korruptionsbekämpfung mit Einsichtsbegehren Dritter umgehen wird.
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