Die aktuellen Pläne des Gesetzgebers zur Grundsteuer verletzen nicht nur das Leistungsprinzip der Besteuerung, sondern vermögen auch dem Äquivalenzprinzip nicht zu genügen. Daran ändert auch das kürzlich auf den Weg gebrachte Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz nichts.
Nach Ansicht des Gesetzgebers hat sich während der Umsetzung der Grundsteuerreform aufgrund der zuletzt ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Bewertung diverser notwendiger Gesetzgebungsbedarf ergeben. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung nun das Gesetz zur erleichterten Umsetzung der Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts, kurz: Grundsteuerreform- Umsetzungsgesetz (GrStRefUG), mit einem Referentenentwurf auf den Weg gebracht.
Wesentliche Aspekte des Umsetzungsgesetzes
Insoweit geht es zunächst um die Möglichkeit, die auf Grundlage der bisherigen Regelung zum Umfang der wirtschaftlichen Einheit bei Ehegatten und Lebenspartnern nach § 26 Bewertungsgesetz (BewG) sowie bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft nach § 34 Abs. 4 bis 6 BewG gebildeten wirtschaftlichen Einheiten beizubehalten. Zu diesem Zweck wird der neue § 266 Abs. 5 BewG eingeführt. Darüber hinaus soll es zu verschiedenen gesetzlichen Klarstellungen kommen, etwa zur Berechnung des maßgeblichen Gebäudealters im Rahmen der Ermittlung des Grundsteuerwerts. Des Weiteren ist eine Aktualisierung der im Ertragswertverfahren erforderlichen Nettokaltmieten geplant, einschließlich der Einführung einer neuen Mietniveaustufe 7 unter Berücksichtigung des Mikrozensus 2018 des Statistischen Bundesamts. Zu nennen sind schließlich auch noch die Absenkung der Steuermesszahl für Wohngrundstücke sowie gesetzliche Änderungen zur sach- und praxisgerechten Anwendung der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten der Gutachterausschüsse beziehungsweise eine Definition konkreter Anforderungen an die fachliche Eignung der Gutachterin oder des Gutachters beim Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).
Weiter auf dem Irrweg
Bedauerlicherweise sind aber auch die voranstehenden Anpassungen nicht dazu geeignet, die tatsächlichen Probleme rund um die Grundsteuerreform zu lösen. Denn durch das Grundsteuer-Reformgesetz vom 18. Oktober 2019 sind leider wertabhängige, mithin vermögensbezogene Normen entstanden, die nach Lage der Dinge wieder vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) landen werden. Die ersten Anzeichen dafür sind – da sich die Politik inhaltlich nur wenig oder in die falsche Richtung bewegte – längst sichtbar. So sind unter anderem beim Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf eine Klage, mit der die Kläger – aus verfassungsrechtlichen Gründen – eine Aufhebung ihres Grundsteuerbescheids für das Jahr 2020 zu ihrem Wohneigentum beantragt haben (Az. 5 K 2578/20), sowie drei grundsätzlich in die gleiche Richtung zielende Klagen beim VG Braunschweig (Az. 8 A 177/20, 8 A 178/20 und 8 A 180/20) anhängig.
Maßnahmen überdenken
Eine Rechtfertigung der Grundsteuer aufgrund des Grundsteuer-Reformgesetzes ist nach weitverbreiteter Ansicht – und daran ändert sich auch mit dem GrStRefUG nichts – leider unmöglich. Zumal dazu auch noch der Fachliteratur zu entnehmen ist, dass es sich bei den gesamten Maßnahmen infolge des Grundsteuer-Reformgesetzes um eine Herkulesaufgabe für Grundstückseigentümer, die Berater sowie die Finanzverwaltung handelt. Einen Vorgeschmack auf dieses Mammutprojekt haben die Beiträge von Reinhard Stöckel (NWB Nr. 12/2020, S. 850–859) sowie von Jörg Ramb (NWB Nr. 18/2020, S. 1356–1371) gegeben. In die gleiche Kerbe schlägt auch Prof. Dr. Matthias Loose, Richter am BFH, der ausführt, dass insbesondere aufgrund der Neubewertung von Millionen Grundstücken die Finanzämter, Kommunen, Berater sowie Eigentümer- und Mieterverbände vor einer bislang noch völlig unterschätzten Aufgabe stehen (NWB Nr. 7/2021, S. 511). Und, so der BFH-Richter weiter, die Umsetzung der Grundsteuerreform müsse gelingen, da anderenfalls eine der wichtigsten Säulen der Finanzierung unseres Gemeinwesens zusammenbrechen würde. Dass es in der Finanzverwaltung zu einigen Tausend Neueinstellungen kommen werde, war schließlich schon im Entwurf des Grundsteuer-Reformgesetzes (dort auf Seite 100) nachzule – sen. Daher sollte man Vernunft walten lassen und die bereits angelaufenen, kostenintensiven Maßnahmen ernsthaft überdenken.
Äquivalenzprinzip
In diesem Zusammenhang bedeutsam ist auch, dass nach dem BVerfG das Äquivalenzprinzip von der Aufwandsseite des Steuergläubigers her zu verstehen und damit von einer kostenmäßigen Gruppenäquivalenz auszugehen ist (siehe hierzu Volker Freund, Grundsteuerreform 2019, Seite 9). Danach würde sich die Grundsteuer durch ihre örtlich begründete Verknüpfung mit den durch die Grundstücke verursachten Kosten für die Gemeinde rechtfertigen, so auch der BFH (Urteil vom 19.07.2006, II R 81/05). Tatsächlich ist das aber nicht der Fall, denn Prof. Dr. Gregor Kirchhof sprach in seinem Gutachten vom April 2020 im Auftrag des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) davon, dass insoweit nur eine allgemeine Äquivalenz gegeben ist – pauschal und typisierend. Auch Prof. Dr. Johanna Hey ging in ihrem Gutachten lediglich von einer groben Typisierung aus. Wenn man zudem noch berücksichtigt, dass ein großer Anteil der Grundsteuer als Kreisumlage – nochmals pauschal und typisierend – an die überörtlichen Landkreise abgeführt wird, so ist eine örtlich radizierbare Verknüpfung zwischen Grundsteuer und Kosten der Gemeinden, die durch die Grundstücke oder wirtschaftlichen Einheiten verursacht werden, ausgeschlossen.
Keine örtlich radizierbare Verknüpfung
So geht für die Bürger jegliche Transparenz verloren und etwaigen Hebesatzerhöhungen stehen sie völlig hilflos gegenüber. Eine allgemeine Äquivalenz kann übrigens schon deshalb nicht vorliegen, weil sie sämtliche Kosten beinhalten müsste. Dann dürften aber für den Kern der objektbezogenen Leistungen (Straßenausbau- und Erschließungsbeiträge, die jährliche Konzessionsabgabe für Strom und Heizung sowie die Straßenreinigungs-, Schmutz- und Regenwasser- beziehungsweise Müllabfuhrgebühr) keine gesonderten Bescheide mehr erteilt und Rechnungen gestellt werden, was bekanntlich aber der Fall ist. Auch das BVerfG führte aus, dass eine weitere Besonderheit der Realsteuer (Äquivalenzaspekt) ihre örtlich radizierbare Verknüpfung mit den durch die Grundstücke verursachten Lasten, also Kosten, für die Gemeinde sei (BVerfG-Urteil vom 27.05.1992, 2 BvF 1, 2/88, 1/89 und 1/90, BVerfGE 86, 148,232). Somit liegt eine derart allgemeine, letztlich überhaupt nicht greifbare Äquivalenz vor, die zur Rechtfertigung des Grundsteuer-Reformgesetzes so nicht herangezogen werden darf.
Leistungsfähigkeitsprinzip
Dagegen scheidet das Leistungsfähigkeitsprinzip von vornherein schon zur Rechtfertigung der Grundsteuer aus. So hat das Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (BMF), Prof. Dr. Christoph Spengel, ausgeführt, das Leistungsfähigkeitsprinzip tauge nicht für eine Begründung der Grundsteuer. Und selbst aus dem Rechtswörterbuch Creifelds ist zu entnehmen, dass die Grundsteuer eine Real-, Objekt- oder Sachsteuer gemäß § 3 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) ist, wobei Objektsteuern auf einzelnen Gegenständen lasten. Der BFH führte hierzu bereits 2006 aus, dass das Steuerobjekt – bei der Grundsteuer also der Grundbesitz – ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten sowie ihre persönliche Beziehung zum Steuerobjekt erfasst wird (BFH-Urteil vom 19.07.2006, II R 81/05, BStBl. 2006 II S. 767). Daher wird auch nicht auf die persönliche Leistungsfähigkeit abgestellt (vgl. hierzu auch BVerfG-Beschluss vom 25.10.1977, 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224,237, BStBl. II 1978, 125, unter B.I.3.). Die persönlichen Verhältnisse, insbesondere die Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners, werden nicht berücksichtigt. Dass das Leistungsfähigkeitsprinzip somit nicht zur Rechtfertigung des Grundsteuer-Reformgesetzes herangezogen werden darf, ist demzufolge auch weitgehend unumstritten – außer wohl beim derzeitigen Gesetzgeber und leider auch Teilen der Justiz.
Objekt- und Realsteuer – keine Vermögensteuer
Vor diesem Hintergrund stellt sich der Beschluss des 10. Senats beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (Nds. OVG) vom 22. Juli 2020 (10 ME 129/20) als unhaltbar dar. Denn danach werden Straßenausbaubeiträge für den grundstücksbezogenen Sondervorteil der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke erhoben, während der Grundsteuer dagegen dieser konkrete Bezug völlig fehle. Die Kommunen jedoch könnten Einnahmen aus einer erhöhten Grundsteuer zur Kompensation von Einnahmeausfällen, etwa aufgrund einer Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung, verwenden. Dies allerdings nur dann, wenn die Gesamthaushaltslage es zulasse, so das Nds. OVG. Wenn also im (allgemeinen) Gesamthaushalt ein Defizit gegeben ist, müssen die Grundsteuerbeträge zum Ausgleich des Haushalts verwendet werden. Das Gericht verkennt aber dabei, dass hier eine Objekt- beziehungsweise Realsteuer, nämlich eine besondere Steuer gemäß § 3 Abs. 2 AO (siehe hierzu auch aktuell BStBl. II vom 09.09.2020, S. 436 ff., BFH-Urteil vom 23.01.2020 – III R 9/18) gegeben ist, keineswegs jedoch – wovon das Gericht ausgeht – eine (nur) normale Steuer gemäß § 3 Abs. 1 AO. Damit hat das Gericht das Äquivalenzprinzip ignoriert und ist, völlig unhaltbar, von einem hier bestehenden Leistungsprinzip ausgegangen. Und das Nds. OVG hat demzufolge unzulässigerweise eine Entscheidung zu einer Vermögensteuer getroffen, in dem es nur zwei Kriterien/Faktoren heranzieht (Vermögenswert/Grundbesitz und Zwang zum Haushaltsausgleich). Soweit mithin insbesondere Entscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf § 3 Abs. 1 AO beruhen und den Gemeinden – ohne Rechtfertigung – die Möglichkeit geben, die vereinnahmten Grundsteuerbeträge für Defizite jeglicher Art im Haushalt zu verbrauchen, handelt es sich nach hier vertretener Ansicht um klare Fehlurteile.
Fazit und Ausblick
Das aktuell vorgestellte GrStRefUG darf ebenso wenig wie das weiterhin in der Diskussion stehende Grundsteuer-Reformgesetz nicht als Grundlage, sondern lediglich als Verteilungsmaßstab für eine Grundsteuer verwendet werden, deren Gesamthöhe, ausgehend vom Belastungsgrund, bereits vorab ermittelt worden ist. Und nur wertunabhängig auf Basis des § 42 Grundsteuergesetz (GrStG) ließe sich ein Erhalt der Grundsteuer überhaupt noch rechtfertigen sowie – bisher immer wieder gefordert, aber niemals erreicht – ein Höchstmaß an Transparenz für die Bürger herstellen. Dann würden sich auch die aktuell noch notwendigen Verfahren sowohl vor den Finanz- als auch vor den Verwaltungsgerichten, verbunden mit gegebenenfalls sehr hohen Sachverständigenkosten, erübrigen. Dieser, von uns bereits seit Juli 2019 favorisierte Weg einer Grundsteuerreform würde aller Voraussicht nach also zusätzlich auch noch zu einer spürbaren Kostenminderung führen. Hinsichtlich der Grundsteuer A sollte in jedem Fall bei Umsetzung der Reform das land- und forstwirtschaftliche Vermögen freigestellt werden, da das geringe Steueraufkommen die Befolgungs- und Erhebungskosten nicht rechtfertige, so jedenfalls Steuerberater Prof. Dr. Franz Jürgen Marx (Uni Bremen) in „Die Steuerberatung“ (Ausgabe 02/2021). Darüber hinaus, so Prof. Dr. Marx weiter, sei mit Blick auf die Grundsteuer C zweifelhaft, ob damit die intendierten Lenkungsziele erreicht werden können.