Will ein familiengeführtes Unternehmen eine Holding-Struktur errichten, sind nicht nur diverse gesellschaftsrechtliche Fragen zu klären, sondern auch zahlreiche steuerliche Aspekte zu beachten.
Die Erfolgsgeschichte von familiengeführten Unternehmen hat nicht selten als Einzelkaufmann beziehungsweise Einzelkauffrau oder kleine Gesellschaft begonnen. In der zweiten oder dritten Generation, ist vom lokal agierenden Kleinunternehmen über den klassischen Mittelstand bis zum Weltmarktführer alles vertreten. Eines aber eint all diese Unternehmen: Soll der Einfluss und die Leitung des Unternehmens durch die Familie auch für zukünftige Generationen sichergestellt werden, ist die Implementierung einer Holding-Struktur ratsam. Bei der Gründung einer Familien-Holding sollten vor allem gesellschaftsrechtliche und steuerrechtliche Überlegungen vorangestellt werden, um die für den jeweiligen Einzelfall optimale Struktur zu identifizieren und zu implementieren.
Gesellschaftsrechtliche Überlegungen
Üblicherweise werden mit gesellschaftsrechtlichen Überlegungen zunächst nur die Fragen nach Haftung, Stimmverteilung und Gewinnbeteiligung verbunden. Allem vorangestellt wird in der Regel aber die Frage nach der Rechtsform. Doch letztlich kristallisiert sich diese erst aus den Antworten auf die entscheidenden, dahinterliegenden Themen heraus, die auf den ersten Blick meist keine Beachtung finden. Darüber hinaus gibt es noch weitere wichtige Aspekte, die – unabhängig von der Rechtsformwahl – bei der Errichtung einer Familien-Holding zu beachten sind. Die nachfolgende Aufzählung enthält die relevantesten Aspekte, die es zu beachten gilt:
- operativ (mit-)tätige versus ausschließlich haltende Holding
- persönliche Haftung
- Stimmrechte – Verteilung und Ausübung
- Möglichkeit der Fremdgeschäftsführung
- optionale Gremien oder Organe
- Publizität – öffentliche Zugänglichkeit des Gesellschaftsvertrags und so weiter
- Nachfolgegestaltung
- Regelungen betreffend der Übertragung von Anteilen
Optionale Gremien oder Organe
Bekanntermaßen hat jede Gesellschaft mindestens zwei Organe. Ein operatives, geschäftsführendes (Geschäftsführer oder Vorstand) sowie ein – mehr oder weniger – kontrollierendes, letztentscheidendes Organ (Gesellschafter-, Aktionärs- oder Mitgliederversammlung). Den Gesellschaftern steht es jedoch frei, zusätzliche Organe einzurichten. Am geläufigsten ist den meisten der Beirat. Im Rahmen einer Familien-Holding kann dieser als beratendes, überwachendes oder auch entscheidendes Organ implementiert werden. So kann die jüngere Generation die Geschäftsführung bereits wahrnehmen, während sich die vorangehende Generation in den Beirat zurückzieht, um von dort aus weiterhin am operativen Geschäft beteiligt zu sein. Der Grad, in dem der Beirat in das operative Geschäft eingebunden ist, kann ganz individuell festgelegt werden.
Publizität
In aller Regel enthalten Gesellschaftsverträge von Familienunternehmen diverse individuelle Regelungen. Viele dieser Regelungen finden ihren Ursprung in historischen Gegebenheiten und dem eigenen Charakter, den jeder Familienverbund aufweist. Doch eines haben die meisten solcher Regelungen gemein: Sie sind familienintern und geben einen intimen Einblick in die Organisation der Familie. Dem damit verbundenen Interesse nach Vertraulichkeit läuft eine Veröffentlichung des Gesellschaftsvertrags diametral entgegen. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten, eine Publizität von Regelungen des Gesellschaftsvertrags zu vermeiden. Einmal kann man durch die Wahl der Rechtsform bestimmen, ob der Gesellschaftsvertrag im Handelsregister veröffentlicht werden muss, so bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und der Aktiengesellschaft (AG), nicht jedoch bei den Personengesellschaften. Doch auch, wenn der Gesellschaftsvertrag veröffentlicht werden muss, gibt es – mit einigen Ausnahmen und Einschränkungen – noch die Möglichkeit, einzelne Regelungen in eine neben dem Vertrag bestehende schuldrechtliche Gesellschaftervereinbarung auszulagern. Das hat den Charme, dass es keiner Veröffentlichung bedarf. In solchen Gesellschaftervereinbarungen oder „Side Letters“ kann eine Vielzahl von Punkten durch die Gesellschafter geregelt werden. Allerdings haben solche schuldrechtlichen Nebenvereinbarungen auch Nachteile, weshalb es stets einer Abstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag sowie einer Betrachtung im Einzelfall bedarf, ob der Abschluss einer solchen nützlich ist oder am Ende mehr Probleme als Lösungen liefert. An dieser Stelle sei mit Blick auf das mittlerweile viel diskutierte Transparenzregister angemerkt, dass eine Publizität der wirtschaftlich Berechtigten – als die tatsächlichen Entscheider in einem Unternehmen – nicht mehr durch die Wahl der Rechtsform für eine Gesellschaft beeinflusst werden kann. Auch kann es dazu kommen, dass Stimmrechtsregelungen, die in unveröffentlichten Dokumenten getroffen wurden (Stichwort Gesellschaftervereinbarung), offengelegt werden müssen.
Sonstige Gesellschafterrechte
Generell müssen sich die Gesellschafter und Familienmitglieder über das Bestehen solcher Rechte im Allgemeinen sowie die Gesellschafterrechte im Einzelnen im Klaren sein. Wie sollen die Stimmrechte verteilt werden? Soll es eine Stammesregelung geben? Wer darf einen Gesellschafter bei dessen Stimmrechtsausübung vertreten? In vielen Familiengesellschaften findet sich häufig eine mehr oder minder komplexe Stammesregelung. Gegenstand solcher Klauseln ist meist, dass ein Familienstamm nur einheitlich abstimmen kann und dem Stamm als solchem Sonderrechte und Pflichten zukommen. Mit Blick auf die Stimmrechte ist stets oberstes Gebot, dass die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft gewahrt bleibt, es also nie dazu kommt, dass die Gesellschafterversammlung keine Entscheidung mehr treffen kann. Ebenfalls von entscheidender Bedeutung ist die Frage nach der freien Verfügung über Gesellschaftsanteile. In der Regel besteht ein großes Interesse daran, dass familienfremde Dritte nicht ohne Zustimmung der Mehrheit oder gar aller Gesellschafter in die Gesellschaft aufgenommen werden. Hier gilt es, in einem ersten Schritt herauszuarbeiten, wer wann zu welchem Teil gegenüber wem über seinen Gesellschaftsanteil verfügen darf. Zur Umsetzung stehen diverse Regelungen – am geläufigsten sind Vinkulierungsklauseln und Vorerwerbsrechte – zur Verfügung.
Steuerliche Überlegungen
Steuerlich stehen bei der Planung einer familiären Holding-Struktur regelmäßig ertrag- und erbschaftsteuerliche Ziele sowie die Voraussetzungen und Folgen der Umsetzung dieser Ziele im Vordergrund der Überlegungen. Im Einzelfall können auch umsatzsteuerliche Aspekte bedeutsam sein. Stets bedarf es einer Analyse der individuellen Situation, da eine universell für alle passende Musterstruktur nicht existiert. So beeinflussen die vorstehend dargelegten zivilrechtlichen Aspekte die steuerliche Gestaltung und umgekehrt. Ganz wesentlich ist die Berücksichtigung grenzüberschreitender Gesichtspunkte, da eine Struktur steuerlich unter Umständen ganz unterschiedliche Auswirkungen haben kann, wenn auch nur ein Beteiligter – sei es die Holding oder eineoperative Gesellschaft, sei es ein Gesellschafter durch Veräußerung oder Erwerb, durch Rechtsgeschäft oder von Todes wegen – steuerlich im Ausland ansässig ist.
Ertragsteuer
Durch Begründung einer Organschaft in körperschaft- und gewerbesteuerlicher Hinsicht können Gewinne und Verluste verschiedener Gesellschaften innerhalb des Organkreises steuerlich miteinander verrechnet werden. Das kann zivilrechtlich erwünschte Abschirmwirkungen allerdings beeinträchtigen. Fungiert eine Kapitalgesellschaft als Holding, so sind von ihr vereinnahmte Dividendenzahlungen aus Tochterkapitalgesellschaften zu 95 Prozent von der Körperschaftsteuer gemäß § 8b Körperschaftsteuergesetz (KStG) freigestellt; Entsprechendes gilt für die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen. Werden durch die operative Unternehmenstätigkeit generierte Gewinne also nicht für die private Lebensführung der Familiengesellschafter benötigt, sondern sollen sie für Investitionen zur Verfügung stehen, können diese Gewinne mit der minimalen Steuerbelastung von 1,5 Prozent in einer Holding-Gesellschaft thesauriert werden.
Struktur und Sitz der Holding
Gegebenenfalls kann es steuerlich sinnvoll sein, über einer Holding-Kapitalgesellschaft als oberste Familien-Holding eine GmbH & Co. KG zu installieren. Damit kann eine etwaige Wegzugsbesteuerung eines Gesellschafters bei Übersiedlung ins Ausland vermieden oder durch Nutzung von Doppelbesteuerungsabkommen die Besteuerung ausländischer Tochterkapitalgesellschaften nur zum niedrigeren ausländischen Körperschaftsteuersatz gewährleistet werden. Auch die Wahl des Sitzes der Holding-Gesellschaft ist zwingend unter Berücksichtigung der steuerlichen Implikationen zu treffen. Der Sitz einer Holding in Form einer Kapitalgesellschaft in einer vermeintlichen Steueroase kann in Deutschland zur Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz führen, falls keine aktiven Tätigkeiten nachweisbar sind. Das Gleiche gilt, wenn die Holding die Erträge immaterieller Wirtschaftsgüter, etwa Patent- oder Markenrechte, bündeln soll. Eine Besteuerung der vereinnahmten Lizenzgebühren im Inland unterbleibt dann nur, wenn das geistige Eigentum im Wesentlichen im Ausland erschaffen wurde. Auch kann die Zwischenschaltung einer ausländischen Kapitalgesellschaft als Holding Mehrsteuern dadurch verursachen, dass die deutsche Finanzverwaltung 25 Prozent Kapitalertragsteuerabzug vornimmt und die bei reinem Inlandssachverhalt bestehende Möglichkeit der Reduktion verweigert. Bei einer Auslandsberührung kommt zudem der Einrichtung eines Verrechnungspreissystems eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Und ganz wichtig ist bereits beim Aufsetzen der Struktur die Prüfung der Steuerneutralität hinsichtlich der erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen. Bei Rechtsakten, die sich im Anwendungsbereich des Umwandlungs- beziehungsweise des Umwandlungssteuergesetzes oder im Rahmen der EU-Fusionsrichtlinie bewegen, ist das regelmäßig der Fall. Die Einbeziehung von Drittstaaten bedarf stets der besonderen steuerlichen Beachtung.
Erbschaft- und Schenkungsteuer
Für Familien ist die steuerschonende Übertragung von Vermögenswerten auf die nachfolgende Generation regelmäßig von besonderer Bedeutung. Das deutsche Erbschaftsteuergesetz sieht Verschonungsregelungen für die Übertragung von Betriebsvermögen vor, die bei der optimalen Gestaltung einer Holding-Struktur unbedingt zu berücksichtigen sind. So ist etwa die Vererbung oder Schenkung von Anteilen an Kapitalgesellschaften erst ab einer Mindestbeteiligung von mehr als 25 Prozent erbschaftsteuerlich begünstigt. Dieser Umstand kann die Installation einer Personengesellschaft als Dach-Holding ratsam machen, um Beteiligungen zu bündeln und so über den erforderlichen Schwellenwert der Mindestbeteiligung zu gelangen. Ferner sollte die maximale Ausnutzung der gesetzlich vorgesehenen Freibeträge von Anfang an Teil der Strukturplanung sein, um einen sukzessiven Einstieg der Nachfolgegeneration zu ermöglichen. Bei der Nachfolgeplanung schließlich kommt den Auslandssachverhalten ebenfalls eine besondere Bedeutung zu, da die erbschaftsteuerlichen Bestimmungen in Deutschland wie in anderen Ländern ganz wesentlich an Wohnsitz beziehungsweise Ansässigkeit von Erblasser (Schenkender) und Erbe (Beschenkter) sowie an die steuerliche Belegenheit der übergehenden Vermögensgegenstände anknüpfen.
Zusammenfassung
Die Errichtung einer Familien-Holding sollte wohlüberlegt sein. Die Erfahrung zeigt, dass ein Großteil des Aufwands in der Klärung der Gestaltungsziele, der Analyse der Ist-Situation und dem darauf basierenden Entwurf der Holding-Struktur liegt. Der eigentliche Akt der Errichtung nimmt dann nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der insgesamt für das Projekt notwendigen Zeit in Anspruch. Es empfiehlt sich daher, rechtzeitig, steuerliche und rechtliche Vorüberlegungen – bezogen auf die individuelle Konstellation – anzustellen und mit der Umsetzung nicht erst kurz vor zwölf zu beginnen, wenn der Wechsel der Generationen unmittelbar bevorsteht.