Immobilien im EU-Ausland - 30. März 2023

Andere Länder, andere Umsatzsteuer

Der Erwerb von Immobilien in der Europäischen Union und deren Vermietung ist gängige Praxis. Allerdings zeigt sich, dass vom Erwerb bis zur Vermietung die nationalen Vorgaben in der Umsatzsteuer stark variieren.

Ausländischer Immobilienbesitz, vor allem innerhalb der Europäischen Union, ist nicht außergewöhnlich. Auch wenn der Erwerb einer Immobilie im Ausland auf unterschiedlichen Erwägungen beruhen mag, erfolgt dies bei Privatpersonen etwa aus Gründen der Kapitalanlage, bei Unternehmerinnen und Unternehmern hingegen ist der Erwerb schlichtweg betrieblich erforderlich, so haben beide Personenkreise etwas gemeinsam, sofern es zu einer entgeltlichen Vermietung dieser Immobilie kommt: Sie gelten als Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne. Aufgrund dieses Status müssen sie sich auch mit den umsatzsteuerrechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Aktivitäten sowie den Besonderheiten des jeweiligen nationalen Besteuerungssystems vertraut machen.

Nationale Besonderheiten

Dass die nationalen umsatzsteuerrechtlichen Vorgaben zwischen den EU-Mitgliedstaaten deutlich differieren können, zeigt sich bereits beim Erwerb der Immobilien und den hierfür geltenden Steuersätzen, die zum Beispiel in Ungarn von der Größe des erworbenen Gebäudes abhängen können. Des Weiteren bestehen nationale Unterschiede etwa auch in der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Vermietungsumsätze selbst. Abgesehen von bestehenden Sonderregelungen zur kurzfristigen Beherbergung von Personen, gilt die Vermietung einer Liegenschaft grundsätzlich als von der Umsatzsteuer befreit [Art. 135 Abs. 1 Buchst. l Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL)]. Allerdings können die Mitgliedstaaten es den Steuerpflichtigen erlauben, derartige Vermietungsumsätze als steuerpflichtig zu behandeln, indem für diese Umsätze zur Umsatzsteuerpflicht optiert wird (Art. 137 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL). Neben bestimmten Vorgaben, die vom Mieter zu erfüllen sind, wie etwa dessen Status als Unternehmer im Sinne des Mehrwertsteuerrechts, unterscheiden sich jedoch auch die zu beachtenden Formalien für eine wirksame Option innerhalb der EU. Während eine derartige Option beispielsweise nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz bereits wirksam ausgeübt ist, wenn der Vermieter hierfür lediglich in der Rechnung über die Vermietungsumsätze die Umsatzsteuer gesondert ausweist, ist im Gegensatz dazu in Frankreich eine Option nur dann erfolgreich, wenn sie auch im Vorfeld schriftlich bei den dortigen Steuerbehörden angezeigt wird.

Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug

Die Bemühungen des Vermieters um die Steuerpflicht sind dabei stets einem entscheidenden Element des europäischen Umsatzsteuerrechts geschuldet: dem Recht auf Vorsteuerabzug. Gemeinhin gelten umsatzsteuerfreie Vermietungsumsätze grundsätzlich als sogenannte vorsteuerschädliche Umsätze. Einem Vermieter wäre also der Vorsteuerabzug aus den mit der Vermietung zusammenhängenden Eingangsleistungen, wie etwa dem Erwerb der Immobilie oder laufenden Instandhaltungsaufwendungen, verwehrt. Eine wirksam ausgeübte Option verwandelt die vorsteuerschädlichen Vermietungsumsätze hingegen in umsatzsteuerpflichtige Umsätze und für solche darf der Vermieter prinzipiell die ihm in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge geltend machen. Während sich die Frage nach dem Recht auf den Vorsteuerabzug vordergründig somit zunächst im Belegenheitsstaat der Immobilie abzuspielen scheint, können sich aber durchaus umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen in dem Mitgliedstaat ergeben, in dem der Vermieter seinen Wohnsitz, seinen allgemeinen Aufenthaltsort oder – bei juristischen Personen und Personengesellschaften – den Sitz der Geschäftsleitung hat. Exemplarisch sei hierfür auf die Erstellung der ausländischen Steuererklärung für diese Vermietungsumsätze verwiesen. Wird sie zum Beispiel durch einen in Deutschland ansässigen Steuerberater für den ebenfalls in Deutschland ansässigen Vermieter erstellt, so müsste dieser Steuerberater sein Honorar zuzüglich deutscher Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Ein Vorsteuerabzug würde dem Vermieter in Deutschland aber nur dann gewährt werden, wenn er zumindest auch im Belegenheitsstaat der Immobilie wirksam zur Umsatzsteuerpflicht optiert hat. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) müsste in diesem Fall auch noch zusätzlich geprüft werden, ob die Option für die Vermietungsleistungen auch nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht möglich ist (sogenannte fiktive Option, vgl. BFH-Urteil vom 06.05.2004, V R 73/03, BStBl. 2004, II 856).

Besteuerungs- und Meldepflichten

Nach diesen Vorüberlegungen zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Vermietungsumsätzen, stellt sich für den Vermieter im Weiteren dann aber noch die Frage, ob er im Belegenheitsstaat der Immobilie für die Meldung der Vermietungsumsätze sowie die Abführung der Umsatzsteuer an den Fiskus verantwortlich ist oder ob diese Verpflichtungen im Wege der sogenannten Umkehr der Steuerschuldnerschaft auf seinen Mieter als Leistungsempfänger übergehen. Den Grundfall der Steuererhebung bildet die Entrichtung der Umsatzsteuer durch den Leistenden (Art. 193 MwStSystRL). Allerdings sieht das Gesetz in Art. 194 MwStSystRL vor, dass die Mitgliedstaaten auch den unternehmerisch tätigen Leistungsempfänger – hier den Mieter – zum Steuerschuldner bestimmen können. Diese Sonderregelung greift regelmäßig dann, wenn der Leistende nicht im Belegenheitsstaat ansässig ist beziehungsweise dort keine umsatzsteuerrechtliche Betriebsstätte unterhält. Deutschland hat diese Sonderregelung zwar in das Umsatzsteuergesetz übernommen, dennoch gilt beispielsweise ein ausländischer Unternehmer, der in Deutschland gelegene Grundstücke umsatzsteuerpflichtig vermietet, nach Auffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich dieser Umsätze stets als im Inland ansässig (vgl. Abschn. 13b.11 Abs. 2 S. 2 Umsatzsteuer-Anwendungserlass ). Folglich müsste sich der ausländische Vermieter in Deutschland umsatzsteuerlich registrieren lassen und die Vermietungsumsätze sowie die darauf entfallende in der Rechnung gesondert auszuweisende Umsatzsteuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren dem zuständigen Finanzamt melden. Kerngedanke dieser Rechtsauffassung ist, das Grundstück per se bereits als Betriebstätte anzusehen. Allerdings hat der EuGH mit seiner Entscheidung in der Rechtssache Titanium (Urteil vom 03.06.2021, C-931/19) klargestellt, dass eine solche Verwaltungspraxis nicht dem Unionsrecht entspreche. Abweichend vom Ertragsteuerrecht ist das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Betriebsstätte ausschließlich nach dem Unionsrecht zu beurteilen (vgl. Art. 11 Mehrwertsteuerverordnung). Demnach ist von einer Betriebsstätte auszugehen, wenn diese über einen ausreichenden Bestand an Sach- und Personalmitteln verfügt, um Leistungen empfangen oder erbringen zu können. Nach Auffassung des EuGH bedarf eine feste Niederlassung daher jedenfalls auch einer entsprechenden personellen Ausstattung, die zu autonomem Handeln befähigt. Eine vermietete Immobilie könnte somit nur dann als umsatzsteuerliche Betriebsstätte angesehen werden, wenn sich beispielsweise vor Ort ein Büro befindet, in dem eigenes Personal des Vermieters eingesetzt wird, das nicht nur für unterstützende und verwaltungstechnische Aufgaben im Hinblick auf dessen Vermietungsunternehmen zuständig ist.

Folgewirkungen der EuGH-Rechtsprechung

Das vorstehende Urteil in der Rechtssache Titanium befasste sich explizit mit der Rechtsauffassung der österreichischen Finanzverwaltung. Jedoch ist eine solche Sichtweise nach der Entscheidung des EuGH nicht mit der MwStSystRL vereinbar. Im Hinblick auf die steuerlichen Erklärungs- und Abführungspflichten ist der Entscheidung des EuGH somit generell zu entnehmen, dass ein im Ausland ansässiger Vermieter für Zwecke der Bestimmung des Steuerschuldners als im Ausland ansässig anzusehen ist, auch wenn er ein im Inland gelegenes Grundstück an einen Unternehmer vermietet, vorausgesetzt er optiert zur Steuerpflicht. Die Registrierungspflicht, die sich aus der Annahme einer inländischen Betriebsstätte ergibt, sowie damit einhergehende Erklärungs- und Zahlungspflichten des Vermieters entfallen. Dies ist aus der Perspektive des Steuerpflichtigen nicht nur positiv zu bewerten. Der Vermieter ist in diesen Fällen gezwungen, Vorsteuerbeträge im Belegenheitsstaat im Rahmen des sogenannten Vorsteuervergütungsverfahrens geltend zu machen. Dieses Verfahren unterliegt regelmäßig strengeren Formalien und Fristbindungen. Zudem ist zu beachten, dass Vermieter, die außerhalb der EU ansässig sind, gegebenenfalls von der Nutzung des Vorsteuervergütungsverfahrens ausgeschlossen sein könnten; insoweit sei auf die vergleichbaren Regelungen zur Gegenseitigkeit in Deutschland verwiesen [§ 18 Abs. 9 S. 6 Umsatzsteuergesetz (UStG)]. Ferner muss der Vermieter in derartigen Fällen sicherstellen, dass die Rechnungen über die Vermietungsumsätze nur noch in Höhe der Nettobeträge, also ohne gesonderten Steuerausweis, ausgestellt werden. Weist ein Vermieter dennoch weiterhin Umsatzsteuer aus, so schuldet er diese Beträge gegenüber dem Fiskus, während für den Leistungsempfänger keine Berechtigung besteht, die ausgewiesene Steuer als Vorsteuer abzuziehen. Als Reaktion auf dieses Urteil hatte die österreichische Finanzverwaltung ihre Auffassung zunächst an diese Rechtsprechung angepasst. Ab dem 1. Januar 2022 sollten im Ausland ansässige Unternehmer beziehungsweise Unternehmer, die zwar nicht ihren Sitz, aber ein im Inland gelegenes Grundstück haben und steuerpflichtig vermieten, nur dann als inländische Unternehmer gelten, wenn sie im Inland beziehungsweise für die Immobilie über eigenes Personal bei der Leistungserbringung im Zusammenhang mit der Vermietung verfügen, das zu autonomem Handeln befähigt ist. Dies mag den österreichischen Gesetzgeber bewogen haben, das österreichische UStG durch das Abgabenänderungsgesetz 2022 mit Wirkung zum 1. Januar 2023 so zu ändern, dass de facto das Ergebnis vor der Rechtssache Titanium erzielt wird.

Fazit und Ausblick

Nur in wenigen Wirtschaftsbereichen treten die nationalen Unterschiede des harmonisierten Mehrwertsteuerrechts so deutlich zutage wie im Immobiliensektor. Insbesondere mit Blick auf die Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen sowie der vorgelagerten steuerrechtlichen Registrierung folgen die EU-Mitgliedstaaten unterschiedlichen Ansätzen – nicht immer zu Recht, wie vom EuGH zuletzt festgestellt wurde. Flankierend zu wirtschaftlichen Überlegungen ist es daher unentbehrlich, die im jeweiligen Belegenheitsstaat maßgeblichen Vorgaben und umsatzsteuerrechtlichen Pflichten zu eruieren. Die Überwachung der nationalen Besteuerungsregelung ist dabei fortwährend sicherzustellen, da sich – ausweislich der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Titanium – die Spielregeln jederzeit ändern können. Abzuwarten bleibt, ob der deutsche Gesetzgeber dem Beispiel Österreichs folgt und ausdrücklich einen Übergang der Steuerschuldnerschaft für steuerpflichtige Grundstücksvermietungen ausschließt. Ob diese Reaktion eines Mitgliedstaats von Art. 194 MwStSystRL gedeckt ist, könnte dann wiederum der EuGH zu klären haben.

Mehr dazu

Kompaktwissen Beratungspraxis: Vorsteuerabzug und Vorsteueraufteilung bei Grundstücken und Gebäuden, 3. Auflage, www.datev.de/shop/35789

DATEV Umsatzsteuer-Expertisen, www.datev.de/shop/68265

Zu den Autoren

HJ
Dr. Helge Jacobs

Rechtsanwalt und Steuerberater sowie Partner bei der WTS Group am Standort in München

Weitere Artikel des Autors
UF
Uwe Fetzer

Rechtsanwalt und Steuerberater sowie Director bei der WTS Group am Standort in München

Weitere Artikel des Autors