Grunderwerbsteuer - 29. Juni 2023

Von der Besteuerung nicht befreit

Die Zurechnung eines Anteils am Gesamthandsvermögen aufgrund einer Treuhandabrede führt nicht zu einer Steuerbefreiung nach den §§ 5 und 6 Grunderwerbsteuergesetz.

Der Anteil am Vermögen einer Gesamthand im Sinne des § 6 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) kann auch über eine mehrstöckige Beteiligung vermittelt werden. Bei Treuhandverhältnissen ist der Anteil an dem Vermögen der Gesamthand der Treuhänderin beziehungsweise dem Treuhänder zuzurechnen. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in einem relativ aktuellen Fall, bei dem er die eingelegte Revision als unbegründet zurückwies. Zur Bestimmung des Anteils am Vermögen einer Gesamthand im Sinne der §§ 5 und 6 GrEStG stellte der BFH klar, dass er künftig ausschließlich auf die wertmäßige Beteiligung des einzelnen Gesamthänders am Gesamthandsvermögen abstellen und nicht mehr an die dingliche Mitberechtigung der Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen anknüpfen werde.

Ausgangsfall

Die Klägerin und Revisionsklägerin, eine GmbH & Co. KG (K), erwarb von der C-KG (C) aufgrund notariell beurkundeten Kaufvertrags diverse Grundstücke. Alleinige Kommanditistin der K war die CT-KG (T) als Zwischengesellschaft. An ihr waren die die Grundstücke verkaufende C als persönlich haftende Gesellschafterin (ohne Beteiligung am Vermögen) und die X-GmbH (X) als alleinige Kommanditistin beteiligt. Letztere war aufgrund eines Treuhandvertrags außerdem Treuhänderin für die C. Das Finanzamt (FA) setzte gegenüber der K Grunderwerbsteuer fest. Dagegen erhob die K Einspruch und machte geltend, für den Erwerb sei gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 S. 1 GrEStG die Grunderwerbsteuer nicht zu erheben, da die Kommanditbeteiligung an der als Personengesellschaft transparenten Zwischengesellschaft der Verkäuferin als Treugeberin auch im Rahmen des § 6 GrEStG zuzurechnen und damit die Verkäuferin mittelbar zu 100 Prozent am Vermögen der Klägerin beteiligt sei. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. § 6 GrEStG setze eine unmittelbare Beteiligung voraus. Zudem sei ein Treugeber nicht am Vermögen der Gesamthand beteiligt, sondern habe allenfalls gegen den Treuhänder schuldrechtliche Ansprüche.

Voraussetzung für eine Steuerfreistellung

Auf die Klage der K hin entschied das Finanzgericht, dass durch den Erwerb der Grundstücke der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verwirklicht wurde und die Voraussetzungen für eine Nichterhebung der Steuer nach § 6 Abs. 3 S. 1 in Verbindung mit Abs. 1 S. 1 GrEStG nicht vorlägen. Beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand wird nach § 6 Abs. 3 S. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 S. 1 GrEStG die Steuer nicht erhoben, soweit die Anteile der Gesamthänder am Vermögen der erwerbenden Gesamthand ihren Anteilen am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen (BFH-Beschluss vom 05.06.2019 – II B21/18, BFH/NV 2019, 1253 Rz. 8).

Anteil am Vermögen

Als Anteil am Vermögen einer Gesamthand im Sinne der §§ 5 und 6 GrEStG ist die wertmäßige Beteiligung des einzelnen Gesamthänders am Gesamthandsvermögen anzusehen. Dies entspricht der herrschenden Meinung (vgl. auch grundlegend BFH-Urteil vom 05.02.2020 – II R9/17, BFHE 267, 511 = BStBl. II 2020, 658 Rz. 24 ff.).

Personengesellschaft als selbstständiger Rechtsträger

Das Grunderwerbsteuerrecht sieht eine Personengesellschaft seit jeher als selbstständigen Rechtsträger an. Die Befreiungsvorschriften der §§ 5 und 6 GrEStG sehen daher bei einem grundsätzlich steuerbaren Rechtsträgerwechsel von der Erhebung der Grunderwerbsteuer ab, soweit der Gesamthänder als Veräußerer zunächst Eigentümer des Grundstücks war und dann anteilsmäßig über das Vermögen der Gesamthand beteiligt wird. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das Grundstück aufgrund einer gesamthänderischen Verbundenheit der Gesellschafter trotz des Rechtsträgerwechsels in demselben grunderwerbsteuerlichen Zurechnungsbereich verbleibt. Bei doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaften ist daher nicht die Zwischengesellschaft als solche als Zurechnungssubjekt anzusehen, sondern ein Rückgriff auf die an dem Vermögen der Zwischengesellschaft beteiligten Gesamthänder geboten.

Rechtliche Würdigung

Im vorliegenden Fall war die C zwar persönlich haftende Gesellschafterin der T als Zwischengesellschaft. Als solche war sie aber nicht am Gesamthandsvermögen der T beteiligt. Das Treuhandverhältnis mit der X allein reicht nicht aus, um C als Treugeberin eine Beteiligung am Vermögen einer Gesamthand im Rahmen der §§ 5 und 6 GrEStG – unmittelbar oder mittelbar – zuzurechnen. § 39 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) gilt hier nicht, da allein X als Treuhänderin zivilrechtlich am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Auch die Notwendigkeit einer erweiternden Auslegung hinsichtlich einer mittelbaren Gesellschafterstellung beziehungsweise eines mittelbaren Anteilserwerbs stellt sich hier – anders als bei einem Erwerb nach § 1 Abs. 2a GrEStG, also auf der Tatbestandsebene – bei der Bestimmung der Beteiligung an einer Gesamthand nicht. Daher hatte die Klage keinen Erfolg. Auch die Revision beim BFH blieb erfolglos (BFH-Urteil vom 12.01.2022 – II R 16/20).

Zum Autor

AB
Dr. Andreas Bock

Rechtsanwalt und Steuerberater sowie Partner bei der WTS Group am Standort in München

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