Energetische Sanierung - 26. Oktober 2023

Neues Problem für Erbengemeinschaften

Das Gebäudeenergiegesetz kann sich negativ auf Erbschaften auswirken, denn die Pflicht zur Sanierung besteht auch dann, wenn der frühere Eigentümer selbst von einer Sanierungspflicht befreit war.

Ein Haus zu erben, das wünscht sich nahezu jeder. Wer Erbin oder Erbe einer Immobilie ist, hat jedoch zunächst einmal etwas anderes im Kopf als die Sanierung des Objekts. Verdrängen darf man diesen Aspekt aber nicht. Leider wird gerade bei älteren Immobilien häufig übersehen, dass damit teure Renovierungspflichten verbunden sind. So erklären sich leerstehende Immobilien in bester Lage, die im schlimmsten Fall verwahrlosen. Grund dafür sind meistens Erbengemeinschaften, deren Mitglieder sich nicht auf eine gemeinsame Sanierung einigen können. Denn kaum jemand in einer uneinigen Erbengemeinschaft wird freiwillig eigenes Geld in etwas investieren, was ihm nicht selbst zu 100 Prozent gehört beziehungsweise worüber er über Jahre hinweg nicht verfügen kann.

Energetische Gebäudesanierung

Nach dem kommenden Gebäudeenergiegesetz (GEG) sollen Eigentümer von älteren Bestandsimmobilien ihr Haus sanieren, wenn Dämmung und Heizungsanlage nicht mehr auf neuestem Stand sind. Wurde beispielsweise die Heizungsanlage im Jahr 1991 oder später eingebaut, muss ein Austausch nach 30 Jahren Betriebszeit erfolgen. Hinzu kommen Dämmpflichten für Außenfassaden, das oberste Geschoss und frei liegende Leitungen in unbeheizten Räumen. Diese Sanierungspflicht besteht auch, wenn ein neuer Eigentümer das Haus mit alter Heizung kauft oder es infolge einer Erbschaft auf den oder die Erben übergeht. Das gilt auch, wenn der frühere Eigentümer selbst von einer Sanierungspflicht befreit war, weil er seit 2002 in der Immobilie gewohnt hat. Auf diese Privilegierung kann sich der neue Besitzer nicht berufen. Die Auflagen, die das kommende GEG den Neueigentümern eines Anwesens macht, verschonen also die Erben einer Immobilie nicht. Das hat zur Folge, dass eine Erbschaft durchaus nennenswerte Kosten nach sich ziehen kann. Je nach Haustyp können nach dem GEG schnell zwischen 50.000 und 150.000 Euro an Sanierungskosten auf die Erben zukommen. Finanzielle Unterstützung bietet unter gewissen Umständen die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Hohe Bußgelder

Das Thema einfach auszusitzen, kann für die Erben sehr gefährlich sein. Denn nach dem GEG sollen 50.000 Euro Bußgeld fällig werden, wenn die Erben ihrer gesetzlichen Sanierungspflicht innerhalb von zwei Jahren seit dem Erbfall nicht nachkommen, etwa wenn die obersten Geschossdecken nachgerüstet werden müssen, weil sie nicht dem Mindestwärmeschutz genügen, oder eine Isolierung von Warmwasser führenden Rohren in unbeheizten Räumen ansteht beziehungsweise ein Austausch des Heizkessels. Wer also beispielsweise im Jahr 2023 eine Wohn- oder Anlageimmobilie erbt, die noch nicht dem aktuellen Standard entspricht, müsste diese bis 2025 modernisieren.

Zündstoff für Erbengemeinschaften

Erbengemeinschaften sind generell sehr streitanfällig, weil sich in ihnen die unterschiedlichsten Charaktere als Miterben wiederfinden können. Nicht wenigen dient diese gesetzliche Zwangsgemeinschaft dazu, ein altes Hühnchen aufgrund vergangener Familienfehden zu rupfen. Zwar hat der Gesetzgeber die Erbengemeinschaft nur als zeitlich begrenztes Provisorium ausgestattet, die Realität jedoch ist eine andere. Oft dauert es nämlich Jahre, bis die Erben die Erbschaft aufgeteilt haben. Die Sanierungspflicht nach dem GEG treibt die Mitglieder einer Erbengemeinschaft nun weiter in die Enge, da ein wirtschaftlich denkender Mensch freiwillig wohl kaum Geld in eine Immobilie investieren wird, die ihm zum Beispiel nur zu 33 Prozent gehört. Am ehesten dürften diejenigen Erben mit einer Sanierung einverstanden sein, die das Anwesen zum höchstmöglichen Preis verkaufen wollen. Dagegen wird sich ein Erbe, der selbst zu einem geringen Mietzins im Familienhaus wohnt, gegen eine schnelle Sanierung sträuben, denn solange die Immobilie nicht saniert ist, lässt sie sich schwerer verkaufen. Für einen Querulanten in der Erbengemeinschaft bedeutet dies, dass er länger zu einem günstigen Mietzins wohnen bleiben kann.

Fazit und Ausblick

In einem turbulenten Gesetzgebungsprozess konnte das GEG erst nach der Sommerpause im Bundestag am 8. September beschlossen werden. Nun soll sich das GEG an dem Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung orientieren, wonach bis Ende 2026 Wärmeplanungen aufzustellen sind, aus denen ersichtlich ist, wo welche Wärmenetze verlegt werden. Alle übrigen Kommunen haben für die Wärmeplanung Zeit bis Ende 2028. Niemand weiß derzeit, welche weiteren Sanierungspflichten nun auf die Immobilienbesitzer tatsächlich zukommen. Gerade auch für Mitglieder einer Erbengemeinschaft ist dies ein weiterer Grund, über einen möglichst schnellen Verkauf der Immobilie nachzudenken oder sich von dem eigenen Erbanteil zu trennen, wenn etwa Miterben die Aufteilung blockieren.

Zum Autor

MG
Manfred Gabler

Betriebswirt und Geschäftsführer der ErbTeilung GmbH in Weilheim

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