Immobilien als Kapitalanlage - 26. Oktober 2023

Folgen des Klimaschutzes

Die Verwalter von Vermögen müssen künftig auch den Immobilienbesitz ihrer Kunden berücksichtigen, da sich die geplante Energiewende hier massiv auswirken wird.

Immobilien in Deutschland waren stets eine sehr gefragte Investition und Kapitalanlage. Ihr Wert verdoppelte sich in manchen Lagen binnen eines Jahrzehnts. Grund waren niedrige Zinsen und die realen Kaufkraftverluste festverzinslicher Investments. Nicht zuletzt deshalb zeichnen sich die Vermögenswerte von Gutverdienerinnen und Gutverdienern und Vermögenden in Deutschland durch hohe Immobilienanteile aus. Je größer die Vermögen, desto geringer ist im Regelfall der Anteil freier Geldanlagen am Gesamtvermögen zugunsten von Immobilien und Betriebsvermögen. Wenn man den Bereich der vermögenden privaten Haushalte und deren Anlagevermögen betrachtet, gewinnt nun aber zunehmend ein neuer Aspekt an Brisanz: der Klimaschutz. Das erklärte Ziel gemäß Bundesklimaschutzgesetz (KSG) ist es, die Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu erreichen und damit fünf Jahre früher, als auf Ebene der Europäischen Union (EU) im Europäischen Klimaschutzgesetz vereinbart. Die Klimaneutralität des Gebäudesektors soll dabei durch das Zusammenwirken zweier Faktoren erreicht werden:

  • Steigerung der Energieeffizienz des Gebäudebestands,
  • Deckung des verbleibenden Energiebedarfs durch erneuerbare
    Energien.

Das zentrale Instrument zur Umsetzung ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das in zwei Schritten novelliert werden wird. Die Vorgaben zur Steigerung der Energieeffizienz der Gebäude wird sich dabei an der Novelle der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) orientieren. Die Regelungen zur Deckung des verbleibenden Energiebedarfs durch regenerative Energien erfolgen über die kurz mit Heizungsgesetz umschriebenen Änderungen im GEG.

EU-Gebäuderichtlinie

Die EU arbeitet an einer Neufassung der EPBD. Hauptziel ist die Umsetzung des Nullemissionshaus-Standards für neu errichtete Gebäude bis spätestens 2030 sowie für bestehende Gebäude bis 2050. Die EU-Kommission hatte bereits im Dezember 2021 einen Vorschlag für die neue EPBD vorgelegt. Der Rat der EU sowie das Europäische Parlament müssen sich nun im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsprozesses auf eine gemeinsame Fassung verständigen. Sobald dies erfolgt ist, wird die novellierte EPBD in Kraft treten. Während bei den Vorschriften in Bezug auf Neubauten sowie den europaweit einheitlichen Energieausweis die Vorstellungen nicht weit auseinander liegen, sind die Positionen zu den Mindesteffizienzstandards für Bestandsgebäude sehr unterschiedlich. Eine Einigung beider EU-Institutionen dürfte entsprechend schwer zu erreichen sein.

Gesetzgebungsverfahren zum GEG

In einem Gesetzgebungsprozess, den man als turbulent bezeichnen kann, einigte sich das Bundeskabinett am 30. Juni 2023 auf einen Entwurf zur Änderung des GEG, über den aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts erst am 8. September 2023 im Bundestag abgestimmt wurde. Der Bundesrat hat dem sogenannten Heizungsgesetz Ende September zugestimmt. Es wird am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Zu Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren kam es, weil über den Zeitpunkt, ab dem nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die mindestens 65 Prozent Wärme aus erneuerbaren Energien erzeugen, Uneinigkeit bestand. Schließlich setzte sich die FDP mit ihrer Vorstellung durch, dass dieser Zeitpunkt an das Vorhandensein einer Wärmeplanung der jeweiligen Kommune geknüpft sein muss. In dem noch im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Gesetz zu kommunaler Wärmeplanung sollen Großstädte verpflichtet werden, bis Ende 2026 Wärmeplanungen aufzustellen, aus denen ersichtlich ist, wo welche Wärmenetze verlegt werden. Alle übrigen Kommunen haben für die Wärmeplanung Zeit bis Ende 2028. Aus Sicht der Bürger ist es natürlich zu begrüßen, dass man zunächst erfährt, ob für das eigene Gebäude zukünftig ein Anschluss an ein Wärmenetz möglich ist, bevor die Entscheidung über den Einbau einer Heizung, die den Vorgaben des GEG entspricht, zu treffen ist. Womöglich öffnet die zeitliche Verschiebung nun aber eine Flanke für Klagen in Sachen Klimaschutz. War doch der verpflichtende Einbau einer Heizung, die mindestens 65 Prozent Wärme aus erneuerbaren Energien erzeugt, schon ab dem 1. Januar 2024 ein wesentlicher Baustein des Sofortprogramms gemäß KSG für den Gebäudesektor, das am 13. Juli 2022 vorgestellt wurde, um die Einhaltung der Klimaziele zu gewährleisten. Diese können nun ohne entsprechende Kompensationen an anderer Stelle nicht mehr erreicht werden. Die Erfolgsaussichten entsprechender Klagen sind also als hoch einzuschätzen.

Energetische Modernisierung

Mit Blick auf die zu erwartenden neuen Vorgaben zu Energieeffizienz und den Heizungen stehen einige Fragen im Raum. Wie soll eine Immobilie nach der energetischen Modernisierung aussehen? Welche Maßnahmen sind zur Erreichung dieses Ziels erforderlich und in welcher Reihenfolge sollen sie ausgeführt werden? Können regenerative Energien gewonnen werden, wie etwa durch Photovoltaikanlagen, Solarthermie oder Erdwärme, und zur Verbesserung der Energiebilanz eines Gebäudes dienen? Welche Förderzuschüsse oder verbilligten Kredite können über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in die Finanzierung der Maßnahmen einbezogen werden? Dies alles bedarf rechtzeitiger und vorausschauender Planung, Ermittlung der Kosten sowie deren Finanzierung. Die energetische Modernisierung einer Immobilie sichert in der Zukunft Werte und Mieteinnahmen. Auch die Auswirkungen am Immobilienmarkt sind zu beachten, da die Veräußerung einzelner Objekte sinnvoll sein kann, um frisches Kapitel in die energetische Modernisierung zu investieren.

Kosten

Die voraussichtlichen Kosten für eine erforderliche energetische Modernisierung des Gebäudebestands in Deutschland lassen sich nur überschlägig ermitteln. Geht man beim deutschen Wohnungsbestand davon aus, dass vermutlich 80 Prozent der rund 39,6 Millionen bewohnten Wohnungen bis 2045 einer energetischen Modernisierung unterzogen werden müssen, ergibt sich ein Volumen von insgesamt rund 1,3 Billionen Euro beziehungsweise 55 Milliarden Euro jährlich. Auch wenn ein Teil der Maßnahmen als Ersatzbeschaffung einzustufen ist und staatliche Förderungen partiell Kosten abdecken, wird sich für viele Eigentümer die Frage der Mittelbeschaffung stellen. Die über die staatliche Förderung hinausgehenden Kosten einer energetischen Modernisierung können entweder mit Krediten oder bestehendem Anlagevermögen finanziert werden, was zu beachtlichen Geldabflüssen führen kann oder gar den Verkauf von Bestandsimmobilien in größerem Umfang erforderlich macht. Besonders aber für Vermögensverwalter kann ihr enger Fokus auf renditeträchtige Anlagen bald zum Bumerang werden, denn lassen sich Immobilien nicht veräußern oder sollen sie im Bestand bleiben, führt das zwangsläufig zu hohen Abflüssen in den Depotbeständen. Die Verwalter sollten deshalb künftig im Interesse ihrer Kunden auch deren Immobilien in den Fokus nehmen, da der Klimaschutz sowohl Auswirkungen auf die Marktentwicklung als auch den Investitionsbedarf haben wird.

Fazit und Ausblick

Aus der sogenannten Business Judgement Rule (BJR) wurde ein Prüfverfahren abgeleitet, die Private Vermögensstrukturanalyse (PVSA). Vermögensverwalter, die gemeinsam mit ihren Klienten eine Überprüfung nach dieser Analyse durchführen, können direkt Lösungsvorschläge zu einer optimalen Finanzierung der energetischen Modernisierung mit ihren Kunden besprechen und Abflüsse in den Depots in Grenzen halten.

MEHR DAZU

finden Sie unter www.datev.de/go/marktplatz-immobilien

Zu den Autoren

MS
Manfred Speidel

Steuerberater in München; StiftungsMentor

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MS
Michael Schurr

Stiftungsbeauftragter und Pressesprecher bei StiftungsMentor

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DE
Dieter Eimermacher

Diplom-Ingenieur/Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH) und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken

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