Nachlassimmobilien - 23. November 2023

Gemeinsam versteigern

Die Variante der einvernehmlichen Teilungsversteigerung bietet mehreren Erben die Chance, die ungewollte Pattsituation in einer Erbengemeinschaft ohne Streit zu beenden.

In zwei von drei Fällen erben mehrere Personen eine Immobilie gemeinsam. Dann will der eine oft verkaufen, der andere vermieten und ein Dritter die Immobilie selbst bewohnen. Doch alle drei Varianten sind für die Erbengemeinschaft riskant. Vor allem dann, wenn die Immobilie selbst in die Jahre gekommen ist.

Fallbeispiel

Albert (A), Franz (F) und Konstantin (K) haben von ihrer Mutter eine 50 Jahre alte Villa geerbt, in der bisher A allein zur Miete wohnte. F will diese lieber heute als morgen verkaufen und glaubt, sie sei 1,8 Millionen Euro wert. K weiß dagegen nicht so recht, wie er in Zeiten galoppierender Inflation seinen 600.000-Euro-Anteil anlegen würde und drückt sich vor einer Entscheidung. A will unter keinen Umständen verkaufen – er zahlt vergleichsweise wenig Miete. Was die drei Erben bisher nicht mit ins Kalkül gezogen haben, ist die Tatsache, dass es in der Villa vor drei Jahren einen Wasserschaden gegeben hat, der die Bodenplatte des Gebäudes durchtränkte. Zwar wurde der Keller anschließend getrocknet. An einigen Stellen bildete sich gleichwohl Schimmel. Auch die Ölheizung müsste ausgetauscht werden. Zwei kontaktierte Makler widersprechen sich beim Kaufpreis: Während der eine die Immobilie trotz der Mängel für 2 Millionen Euro anbieten möchte, sieht der andere Makler den Wert der Immobilie eher bei 1 Million Euro.

Teilungsversteigerung

Diese Situation ist typisch für viele Erbengemeinschaften. Die geerbte Immobilie ist in die Jahre gekommen und weist diverse Mängel auf, von deren Existenz die Erbinnen und Erben entweder nichts ahnen oder von denen sie nicht wissen, wie viel Geld die Sanierung kostet. Daher kann man nur davor warnen, das Thema auf die lange Bank zu schieben. Eine Erbengemeinschaft ist auf die Auflösung der Erbschaft gerichtet und von Gesetzes wegen nicht auf Dauer angelegt. Statt sich jahrelang wegen einer Nachlassimmobilie zu streiten, sollten sich die Erben auf eine Veräußerung des Anwesens einigen. Alternativ können sie die Immobilie aber auch in einer Teilungsversteigerung verwerten. Diese Variante kommt vor allem dann in Betracht, wenn die Immobilie in die Jahre gekommen ist und deshalb ein Sanierungsstau gegeben ist. Hier drohen den Erben beim freihändigen Verkauf erhebliche Haftungsrisiken, die mit einer einvernehmlichen Teilungsversteigerung vermieden werden können.

Immobilie wird nicht verramscht

Im Klartext heißt das: Die Immobilie wird zwangsversteigert. Das klingt zunächst einmal niederschmetternd. Denn damit verbinden viele Menschen, dass das Haus weit unter Wert verramscht wird. Doch die Zeiten, in denen Immobilien weit unter Wert versteigert wurden, sind lange passé. Gerade in der Teilungsversteigerung liegt das Ziel darin, einen möglichst hohen Preis für die Immobilie zu bekommen. Außerdem müssten Kaufinteressenten im ersten Zwangsversteigerungstermin mindestens 70 Prozent des Verkehrswerts bieten, um die Immobilie zu erwerben. Dies geht aus einer Analyse des Verlags für Wirtschaftsinformationen ARGETRA hervor, der seit Jahrzehnten die gesamten Zwangsversteigerungstermine bei den rund 500 Amtsgerichten in Deutschland sammelt und analysiert.

Sachverständigengutachten bringt Klarheit

Die Teilungsversteigerung einer Immobilie hat einige Vorteile gegenüber dem freihändigen Verkauf. Zum einen spart man sich die Maklerprovision und zum anderen erhalten die Erben ein Gutachten über den Wert der Immobilie, weil das Gericht vor dem Versteigerungstermin einen Sachverständigen beauftragt. Dieser stellt dann auch fest, welche Mängel die Immobilie aufweist und wie sich das wertmäßig darstellt. Im Fallbeispiel erfahren die Erben also, wie sich die Schimmelbildung auf den Kaufpreis auswirkt und ob die Heizung ausgetauscht und die Außenwände isoliert werden müssen, um klimaneutral zu werden.

Erben werden haftungsfrei gestellt

Ein weiterer wesentlicher Vorteil der Teilungsversteigerung besteht für Erben darin, dass sie für etwaige Mängel der Immobilie nicht haften. Denn bei einem freien Verkauf würde die normale Gewährleistung auf die drei Erben zukommen. Und je nachdem, was sie über den Zustand der Immobilie wussten, aber vielleicht gegenüber dem Käufer nicht offengelegt haben, drohen ihnen Schadenersatzzahlungen sowie eine Annullierung des Kaufvertrags.

Stark im Kommen, aber kein Selbstläufer

Teilungsversteigerungen haben in den letzten Jahren prozentual stark zugenommen. So wurden im ersten Halbjahr 2022 über 770 Millionen Euro Verkehrswerte aus diesem Segment aufgerufen, das waren 47 Prozent aller Termine, im Jahr 2021 waren es 42 Prozent. Dies betraf 52 Prozent aller Grundstücke und 34 Prozent aller Ein- und Zweifamilienhäuser. Allerdings ist die Teilungsversteigerung kein Selbstläufer, denn sie muss strategisch gut vorbereitet werden. Daher bedarf es der Begleitung durch einen Experten mit praktischer Erfahrung in dieser Rechtsmaterie.

Zum Autor

MG
Manfred Gabler

Betriebswirt und Geschäftsführer der ErbTeilung GmbH in Weilheim

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