Kassennachschau - 27. April 2023

Kontrollinstrument eigener Art

Seit 2018 gibt es ein eigenständiges Verfahren, steuererhebliche Sachverhalte zeitnah aufzuklären. Konkret geht es um die ordnungsgemäße Erfassung von Geschäftsvorfällen, insbesondere Kassenaufzeichnungen. Aber Vorsicht: Nicht jeder, der vorgibt, zur Prüfung legitimiert zu sein, ist tatsächlich dazu berechtigt.

Eine Kassennachschau erfolgt ohne Vorankündigung. Sie kommt für die Betriebsinhaberin oder den Betriebsinhaber überraschend und trifft sie oder ihn daher meist unvorbereitet, denn eine vorherige Prüfungsanordnung ergeht nicht. Die Kassennachschau ist keine Betriebsprüfung im Sinne des § 193 Abgabenordnung (AO). Der Prüfer kann zu jeder Öffnungszeit des Betriebs zur Prüfung erscheinen. In der Regel beobachtet er vorher die Betriebsabläufe, bestellt zum Beispiel im Gastronomiebereich testweise ein Essen oder etwas zu trinken und beobachtet dabei insbesondere die Abläufe rund um die mobilen Geräte zur Bestellaufnahme beziehungsweise die elektronische Kasse. Dabei erfasst er natürlich, ob andere Gäste sowie er selbst unaufgefordert einen Bon bei der Bezahlung erhalten. Weiter könnte er beobachten, ob überhaupt boniert oder die Bestellung zunächst auf einem Bierblock notiert wird, um sie später zu bonieren. Vielleicht wird er auch Getränke bestellen und beobachten, wie Sofortstornos erfolgen, und womöglich wird er am Schluss auch die Bezahlweise ändern und mit einer Karte bezahlen wollen. Sofern der Prüfer mit weiteren Kollegen zur Nachschau sowie zum Testeinkauf erscheint, werden die Prüfer wahrscheinlich getrennt voneinander bezahlen, um die unterschiedlichen Verbuchungen und Abrechnungen miteinander zu vergleichen.

Schriftlicher Auftrag als Grundlage

Bei dem Prüfer handelt es sich in der Regel um einen Betriebsprüfer, dessen Namen man sich natürlich in jedem Fall notieren sollte. Dieser Prüfer hat einen internen, schriftlichen Auftrag, den der Steuerpflichtige oder ein die Kassennachschau betreuender Restaurantleiter zur Sicherheit neben dem Dienstausweis des Prüfers einsehen sollte. Tagsüber ist es natürlich auch möglich, sich zusätzlich beim Finanzamt über die Person des Prüfers und die angelaufene Kassennachschau zu informieren, etwa um sicherzugehen, dass der erschienene Prüfer tatsächlich beim Finanzamt bekannt ist. Anders verhält es sich, wenn der Prüfer abends beispielsweise gegen 22:00 Uhr erscheint. Dann ist es nahezu unmöglich, beim Finanzamt noch jemanden zu erreichen, um sich die Authentizität des Prüfers bestätigen zu lassen.

Ablauf der Prüfung

Im Regelfall wird der Prüfer mit dem Steuerpflichtigen nicht im Geschäftslokal, sondern möglichst in einem Nebenraum das Bargeld zählen wollen. Jedoch zählt der Prüfer das Geld nicht selbst und er wird es auch nicht persönlich erfassen. Er wird verlangen, dass der Steuerpflichtige ihm das Geld vorzählt. Daher sollte man in jedem Fall einen oder mehrere Zeugen zu der Maßnahme hinzuziehen. Der Anfangsbestand plus die rechnerischen Tageseinnahmen abzüglich der bar bezahlten Betriebsausgaben sollten den tatsächlichen rechnerischen Bestand dann wiedergeben. Kleinere Differenzen sind jedoch völlig normal. Das kann auf Wechselgelddifferenzen, Zählfehler oder Trinkgelder zurückzuführen sein. Im Gastronomiebereich gehören die sogenannten Kellnerportemonnaies häufig den Servicekräften. Dann sind Letztere für den Anfangsbestand im Portemonnaie selbst verantwortlich, sodass während einer Kassennachschau lediglich der sogenannte X-Bon zum Zwecke der Durchführung eines Kassensturzes in Betracht kommt und dann mit der Servicekraft entsprechend abzurechnen ist. In diesem Fall müsste die Kasse dann die Summe aller Abrechnungen mit den Kellnern beinhalten und sie müsste identisch sein mit den insgesamt bis dahin gebuchten Tagesumsätzen. Mitunter wollen die Prüfer am Ende der Kassennachschau Originalunterlagen mitnehmen. Darauf sollte sich der Steuerpflichtige nicht einlassen, sondern hier Kopien anbieten oder dem Prüfer erlauben, die entsprechenden Unterlagen zu fotografieren.

Eine Masche für Betrüger

Die Kassennachschau als Kontrollinstrument eigener Art ist jedoch nicht nur für die Finanzbehörden interessant, sondern ruft zuweilen auch Betrüger auf den Plan. Jedenfalls sollte man immer bedenken, dass es gegebenenfalls gefährlich werden könnte, wenn jemand im Unternehmen erscheint, um wie oben skizziert im Hinterzimmer mit dem Leiter des Betriebs einen Kassensturz zu machen. Wenn man sich also nicht sicher ist, ob es sich tatsächlich um einen Prüfer handelt, sollte man eher die Polizei rufen, als die Kasseneinnahmen einem vermeintlichen Prüfer zu zeigen beziehungsweise ihm diese vorzuzählen. Man stelle sich vor, der im Betrieb erschienene Prüfer behauptet, die Kasse sei nicht in Ordnung, er müsse die Belege sowie das Geld beschlagnahmen und man werde am darauffolgenden Tage von ihm Weiteres hören. Danach stellt der Prüfer womöglich einen Beleg über die Beschlagnahme der Unterlagen beziehungsweise des Gelds aus und verschwindet wieder. Den eigenen Steuerberater erreicht der Unternehmer natürlich um diese Uhrzeit nicht, ebenso wenig wie das zuständige Finanzamt. Das ganze Prozedere dauert in der Regel nicht länger als eine Stunde. Während des Anrufs beim Steuerberater am nächsten Morgen erfährt der Steuerpflichtige dann nur, dass eine Kassennachschau zulässig ist und mittlerweile bei bargeldintensiven Betrieben häufig vorkommt. Irritierend ist dann aber, dass der Steuerpflichtige weder am Tag nach der Prüfung noch in den darauffolgenden Tagen etwas von dem vermeintlichen Prüfer hört. Ein Anruf beim Finanzamt ergibt schließlich, dass man den Namen des Prüfers dort zwar kennt, dieser sich jedoch im Urlaub befände und erst in zwei Wochen wieder da sei.

Legitimation überprüfen

Daher ist es unabdingbar, die Authentizität des Prüfers vor der Kassennachschau festzustellen. In der Regel wird der Prüfer natürlich echt sein und einen Ausweis vom Finanzamt sowie einen Prüfungsauftrag vorzeigen können. Beim Ausweis des Finanzamts handelt es sich zumeist um ein graues DIN-A6-Papier mit Lichtbild, Dienstnummer und Ausstellungsdatum, Stempel sowie dem Namen der ausstellenden Behörde. Nur Niedersachsen hat einen Ausweis herausgebracht, der aus Plastik und weiß ist und Scheckkartenformat hat. Die anderen Bundesländer haben kein Muster veröffentlicht aus Angst, die verkehrten Kreise könnten die Ausweise dann leichter fälschen. Da aber damit die Dienstausweise nicht bekannt sind und niemand außerhalb der Öffnungszeiten des Finanzamts etwa über Google prüfen kann, wie solch ein Ausweis aussieht, ist letztendlich die Unsicherheit bei den Steuerpflichtigen groß, denen solch ein Dienstausweis unbekannt ist und die die Prüfmerkmale nicht kennen. Es wäre aber doch sicher leicht möglich, fälschungssichere Kennzeichen, etwa wie bei den Geldscheinen, einzupflegen. So bleibt nur die Anmerkung, dass die Ausweise nach Bundesland unterschiedlich sind und nicht wirklich auf Echtheit überprüfbar sind. Man kann anhand eines solchen Ausweises glauben, dass der Erschienene ein Amtsträger ist. Ein echter Nachweis ist der Ausweis aber in der Praxis mangels Prüfbarkeit letztendlich nicht. Der interne Prüfungsauftrag ist nicht mehr als ein Aktenvermerk beziehungsweise eine interne Verfügung darüber, wo die Prüfung stattfinden soll. Da jedoch auf dem Aktenvermerk auch der Name des Prüfers steht, muss dieser natürlich identisch sein mit dem Namen auf dem Dienstausweis. Sofern einem das immer noch nicht genügt, kann man sich zusätzlich auch noch den Personalausweis des Prüfers zeigen lassen. Mehr kann jedoch außerhalb der Öffnungszeiten des Finanzamts nicht überprüft werden.

Standhaft bleiben

Der voranstehend skizzierte Dienstausweis ist jedoch nicht fälschungssicher. Vom Prinzip her könnte nahezu jeder einen solchen Ausweis sowie die der Prüfung zugrunde liegende Verfügung selbst herstellen. Hinzu kommt, dass kaum jemand weiß, wie ein solcher Dienstausweis tatsächlich aussieht, und daher kaum in der Lage ist, die Echtheit eines solchen Ausweises zu prüfen. Man kann sich also von diesem Stück Papier beeindrucken lassen und glauben, es sei echt, oder man kann dies bezweifeln. Sofern der Steuerpflichtige also unsicher ist, sollte er die Polizei rufen, wenn die Prüfung außerhalb der üblichen Öffnungszeiten des Finanzamts stattfinden soll. Sofern die Kassennachschau innerhalb der üblichen Öffnungszeiten des Finanzamts erfolgt, sollte man sich durch einen Anruf beim Finanzamt über diesen Prüfungsvorgang sowie die Echtheit des Prüfers Gewissheit verschaffen und den Prüfer solange warten lassen. Natürlich wird er seine Legitimation beteuern und vielleicht sogar verärgert oder überrascht darüber sein, dass man daran zweifelt, und sich vielleicht empört zeigen. Der Hauptmann von Köpenick hat uns aber gezeigt, dass nicht jeder, der vorgibt, ein Amtsträger zu sein, ein solcher ist, selbst wenn er eine Uniform trägt.

Indiz für die tatsächliche Legitimation

Apropos Uniform: Betriebsprüfer, Steuerfahnder und Personen, die mit einer Kassennachschau beauftragt sind, erscheinen immer in Zivil sowie unbewaffnet. Gleiches gilt für Mitarbeiter des Ordnungsamts. Der Zoll hingegen kann in einer Uniform und bewaffnet erscheinen, jedoch unter Umständen auch unbewaffnet in Zivil. Eine Kassennachschau erfolgt häufig in Restaurants, Bars sowie anderen bargeldintensiven Betrieben, entweder durch einen Betriebsprüfer allein oder im Zusammenwirken mit dem Ordnungsamt beziehungsweise der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Je mehr Personen erscheinen und amtlich aussehende Dienstausweise vorlegen oder bewaffnet sind, umso wahrscheinlicher ist es natürlich, dass es sich um einen legitimierten Vorgang handelt.

Fazit und Ausblick

Letztendlich sollte man genau prüfen, ob der im Betrieb Erschienene tatsächlich berechtigt ist, eine Kassennachschau durchzuführen. Bestehen daran Zweifel, kann man den vermeintlichen Prüfer auffordern, zu gehen und am nächsten Tag wiederzukommen, da es erst dann möglich ist, seine Identität zu prüfen. Falls man gar den Verdacht haben sollte, dass der Prüfer ein Betrüger ist, kann ihm auch ein Hausverbot erteilt werden oder man ruft die Polizei beziehungsweise nimmt ihn gemäß § 127 Strafprozessordnung (StPO) sogar vorläufig fest. Unabhängig von diesen faktischen Problemen sowie der geringen Chance, die Echtheit eines Prüferausweises außerhalb der Öffnungszeiten des Finanzamts zu überprüfen, ist es ratsam, eine potenzielle Kassennachschau gedanklich einmal durchzuspielen. Da eine reale Prüfung jederzeit droht, sollte man sich bestmöglich darauf vorbereiten.

Mehr dazu

finden Sie unter www.datev.de/marktplatz-kasse
LEXinform IWW Betriebswirtschaft im Blickpunkt (BBP) inklusive Sonderausgabe: TSE-Pflicht richtig umsetzen, Kassen-Nachschauen vermeiden, www.datev.de/shop/64033
Präsenzseminar (Workshop) „Simulation einer Kassen-Nachschau: Prüfungsszenarien von A–Z inkl. AmadeusVerify“, www.datev.de/shop/78631
Präsenzseminar mit Übung „Wenn der Kassenprüfer klingelt – Verfahrensdokumentation und Kassendatenanalyse“, www.datev.de/shop/78161
Lernvideo (Vortrag) „Verfahrensdokumentation Kasse in der Praxis“, www.datev.de/shop/78858
DATEV-Fachbuch: Kassenführung in der Gastronomie, 3. Auflage, www.datev.de/shop/35496
Mandanten-Info-Broschüre: Ordnungsgemäße Kassenführung, www.datev.de/shop/36181

Zum Autor

JB
Dr. Jörg Burkhard

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, Wiesbaden

Weitere Artikel des Autors