Reform des Stiftungsrechts - 26. August 2021

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Die vor Kurzem beschlossenen neuen Regelungen gelten auch für Bestandsstiftungen. Daher sollten die rechtlichen und steuerlichen Berater spätestens jetzt aktiv werden, um notwendige Satzungsänderungen noch rechtzeitig anzustoßen.

Das bisher in den jeweiligen Landesstiftungsgesetzen geregelte Stiftungsrecht wird nun bundeseinheitlich geregelt. Dazu wurden die §§ 80–88 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) neu gefasst und durch 36 neue Paragrafen ersetzt. Die Stiftungsgesetze der Länder werden dementsprechend teilweise außer Kraft treten und sollen zukünftig dann nur noch die Aufsicht über die Stiftungen regeln.

Vermögenszusammensetzung und -verwaltung

Die Reform bringt erstmals eine bundesrechtliche Regelung zur Zusammensetzung des Stiftungsvermögens. Sie entspricht aber vielen bisher in den Landesstiftungsgesetzen enthaltenen Vorschriften. Die Einteilung des Stiftungsvermögens in das auf Dauer zu erhaltende Grundstockvermögen und das sonstige Vermögen ist gängige Praxis. Das neue Gesetz sieht eine gewisse Flexibilität insoweit vor, als die Stiftungssatzung den vorübergehenden Verbrauch von Teilen des Grundstockvermögens erlauben kann, wenn die Stiftung verpflichtet ist, das Grundstockvermögen in absehbarer Zeit wieder aufzufüllen. Der Gesetzgeber hat mit der Reform außerdem eine Streitfrage gelöst: Gewinne aus der Umschichtung von Grundstockvermögen stehen grundsätzlich für die Zweckerfüllung zur Verfügung und erhöhen nicht das Grundstockvermögen. Die Satzung kann davon abweichen. Dies ist bei künftigen Neugründungen zu berücksichtigen. Auch bei bestehenden Stiftungen sind die Satzungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern, falls eine automatische Erhöhung des Grundstockvermögens erwünscht ist. Dies wurde von manchen Aufsichtsbehörden in der Vergangenheit gefordert. Ein Novum ist die Regelung des § 81 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wonach das der Stiftung gewidmete Vermögen „zu deren eigener Verfügung“ zu überlassen ist. Die Reichweite dieser Neuerung ist fraglich. Teilweise wird vertreten, dass dadurch auch Nießbrauchgestaltungen und Nutzungsvermächtnisse verboten werden. Laut der Begründung will der Gesetzgeber ausdrücklich Dauertestamentsvollstreckungen am Stiftungsvermögen verbieten.

Testamente prüfen

Bestehende Testamente sollten aufgrund der Gesetzesänderung überprüft werden. Gerade bei einer geplanten Stiftung von Todes wegen ist die Anordnung von Testamentsvollstreckung der Normalfall. Eventuell müssen hier Einschränkungen bei den Aufgaben des Testamentsvollstreckers vorgenommen werden. Die Vereinbarung eines (Quoten-)Nießbrauchs am Grundstockvermögen ist bereits nach geltendem Recht problematisch. Ob durch die Gesetzesänderung hier weitere Verschärfungen eintreten, bleibt abzuwarten. Soll das Stiftungsvermögen mit einem Nießbrauch oder mit sonstigen Nutzungsrechten beschwert werden, so wäre eine Beschränkung des Nießbrauchs auf das sonstige Vermögen zu prüfen.

Verbrauchsstiftung

Die rechtsfähige Stiftung ist grundsätzlich darauf ausgelegt, ewig zu existieren, und tatsächlich gibt es Stiftungen bereits im Mittelalter, die heute noch aktiv sind. In der Praxis hat sich aber gezeigt, dass es durchaus im Interesse des Stifters liegen kann, einen gemeinnützigen Zweck nur für zehn, 20 oder 50 Jahre zu verfolgen und in dieser Zeit das Stiftungsvermögen vollständig aufzubrauchen. Den Nachteil der ewigen Stiftung, die ihr Stiftungsvermögen auf Dauer erhalten muss und den Stiftungszweck nur aus den Erträgen ihres Vermögens verfolgen darf, hat diese Stiftung auf Zeit nicht. Die Verbrauchsstiftung wird mit der Reform des Stiftungszivilrechts umfangreich geregelt. Dabei wird allerdings der Stiftung ein enges Korsett angelegt, weil bereits bei Errichtung einer Verbrauchsstiftung Bestimmungen zur Verwendung und zum vollständigen Verbrauch des Stiftungsvermögens innerhalb der geplanten Zeit in der Satzung vorgegeben werden müssen. Hier wäre mehr Flexibilität wünschenswert gewesen, damit Stiftungen auf geänderte Umstände besser reagieren könnten. Dies war in der nun beschlossenen Reform nicht vorgesehen. Auch die heutigen Aufsichtsbehörden fordern vom Vorstand der Verbrauchsstiftung eine entsprechende Planung. Diese muss aber aktuell noch nicht Satzungsbestandteil sein und lässt sich dadurch leichter an geänderte Sachverhalte anpassen.

Stiftungsregister

Die für 2026 vorgesehene Einführung eines Stiftungsregisters wird von der Praxis begrüßt. Bisher stellten insbesondere die fehlende Publizität der Vorstandsmitglieder und der fehlende Nachweis ihrer Vertretungsmacht die Beteiligten bei Vertragsschlüssen vor Herausforderungen. Mit den §§ 82b ff. BGB und dem neuen Stiftungsregistergesetz wird nun ein öffentliches Stiftungsregister mit Publizitätswirkung geschaffen, aus dem Name, Sitz, Gründungsjahr der Stiftung und Name, Geburtsdatum und Wohnort des Vorstands entnommen werden können. Auch die Satzung der Stiftung wird beim Stiftungsregister hinterlegt und für jedermann einsehbar. Diese Neuregelung stellt Familienstiftungen vor Probleme und beeinträchtigt ihr Interesse an Diskretion.

Geheimhaltungsbedürftige Satzungsbestandteile

Familienstiftungen sollten daher nach der beschlossenen Gesetzesreform ihre Satzung überprüfen und insbesondere überlegen, ob geheimhaltungsbedürftige Satzungsbestandteile in andere Regelwerke, wie beispielsweise eine Geschäftsordnung für den Vorstand, wirksam ausgelagert werden können. Neu ist die Einführung eines zwingend vorgeschriebenen Namenszusatzes für Stiftungen: eingetragene Stiftung oder e. S. Verbrauchsstiftungen müssen den Zusatz eingetragene Verbrauchsstiftung oder e. VS. führen.

Transparenzregister

Stiftungen profitieren heute nicht von der Meldefiktion des § 20 Abs. 2 Geldwäschegesetz (GwG), sodass für Stiftungen in jedem Fall eine Meldung zum Transparenzregister erforderlich ist. Auch zur Beschränkung dieser Meldepflicht wird das neue Stiftungsregister eingeführt. Allerdings wird § 20 Abs. 2 GwG mit Wirkung seit dem 1. August 2021 aufgrund eines Gesetzesvorhabens zum GwG abgeschafft und dadurch das Transparenzregister zum Vollregister aufgewertet. Die geplante Erleichterung von Transparenzpflichten wird mit dem nun beschlossenen Gesetz zur Reform des Stiftungsrechts also nicht erreicht. In dem Zusammenhang ist auch noch auf das neue Zuwendungsempfängerregister gemäß § 60b Abgabenordnung (AO) in der ab 1. Januar 2024 geltenden Fassung hinzuweisen, sodass rechtsfähige Stiftungen zukünftig in drei unterschiedlichen Registern eingetragen sein müssen.

Organhaftung

Die Haftung von Stiftungsvorständen wird zukünftig eigenständig im BGB geregelt. Dabei gelten für ehrenamtliche Vorstände mehrere Haftungserleichterungen. In der Satzung kann der Stifter die Haftung von Organmitgliedern jedoch auch verschärfen oder die Haftung für Organmitglieder weiter gehend beschränken. Neu ist zudem die Aufnahme einer sogenannten Business Judgement Rule, die dem Recht der Aktiengesellschaft (§ 93 Abs. 1 S. 2 Aktiengesetz – AktG) entlehnt ist. Danach handeln Organmitglieder nicht pflichtwidrig, wenn sie unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln.

Stiftung & Co. KG

Die Stiftung & Co. KG ist eine seltene, dennoch zulässige Rechtsform. In der Begründung des Gesetzesentwurfs wird die Stiftung & Co. KG allerdings als Beispiel für eine unzulässige Selbstzweckstiftung dargestellt. Ob dies Auswirkungen auf die Praxis hat, bleibt abzuwarten.

Verwaltungssitz im Inland

Stiftungen müssen künftig ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben. Anderenfalls droht die zwangsweise Auflösung. Das betrifft alle Stiftungen mit Sitz in Deutschland, die vom Ausland aus verwaltet werden.

Auswirkungen auf Bestandsstiftungen

Die neuen Regelungen gelten ab Inkrafttreten der beschlossenen Reform, im Wesentlichen also ab dem 1. Juli 2023, auch für alle bereits bestehenden Stiftungen. Übergangsvorschriften sind nicht vorgesehen. Die rechtlichen und steuerlichen Berater von Stiftungen sollten daher nach der beschlossenen Reform etwa erforderliche Satzungsänderungen rechtzeitig vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes anstoßen. Angesichts der Tatsache, dass Satzungsänderungen genehmigungspflichtig sind, empfiehlt sich eine frühzeitige Einbeziehung der jeweiligen Aufsichtsbehörde.

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Zum Autor

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Andreas Hintermayer

Rechtsanwalt bei Ecovis

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