Maßnahmen im Bauplanungsrecht - 25. April 2024

Moderne Stadtplanung

Auch im vergangenen Jahr wurden im Sommer die Hitzerekorde gebrochen, was vor allem den Menschen in Stadtgebieten zu schaffen machte. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Um den Folgen der Erderwärmung entgegenzuwirken, stehen jedoch heute schon zahlreiche rechtliche Instrumente zur Verfügung.

Nicht nur der Klimawandel stellt die Stadtplanung vor große Herausforderungen. Es fehlt vielerorts noch immer an bezahlbarem Wohnraum. Das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel, wonach jährlich mindestens 400.000 neue Wohnungen entstehen sollen, ist auf Jahre nicht erreichbar. Gleichzeitig müssen zusätzliche Flächenversiegelungen vermieden oder zumindest reduziert werden, um Aufheizung und Trockenstress von urbanen Räumen einzudämmen. Diese doppelte Innenentwicklung ist eine Mammutaufgabe. Dennoch zeigt sich das geltende Recht für diese Aufgabe schon heute gut gewappnet und hält zahlreiche planungsrechtliche Instrumente bereit.

Upcycling von Bestandsbauten

Der Leerstand von Gewerbe- und Einzelhandelsflächen hat sich durch die Corona-Pandemie und die Digitalisierung rapide beschleunigt. Hieraus erwachsen nicht nur Probleme, sondern auch Chancen, etwa durch eine Aktivierung dieser Flächen für den Wohnungsbau. Denn häufig eignen sich ungenutzte Gewerbebauten für eine Umnutzung in Wohnraum. Durch den Umbau im Bestand werden Abriss und Neubau vermieden, was graue Energie einspart. Gleichzeitig lassen sich neue Wohnungen schaffen, die dringend benötigt werden. Zwar eignet sich nicht jedes Bürogebäude oder Kaufhaus für einen Umbau in ein Wohnhaus oder für hybride Nutzungen. Durch Neubauten auf früheren Gewerbestandorten lässt sich aber zumindest eine Neuversiegelung von Flächen für den Wohnungsbau vermeiden. Obgleich es noch keine baurechtliche Umbauordnung gibt, die Umnutzungen einen Vorrang einräumen würde, fördert aber das geltende Baurecht solche Umnutzungen bereits heute. In Städten mit einem förmlich festgestellten angespannten Wohnungsmarkt können etwa nach dem Baugesetzbuch (BauGB) zugunsten von Wohnbauprojekten umfangreiche Befreiungen erteilt werden (§ 31 Abs. 3 BauGB). Im Gegensatz zur Standardbefreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt es dabei unter anderem nicht darauf an, ob die Grundzüge der Planung berührt sind. Dadurch lassen sich auch größere Liegenschaften für den Wohnungsbau umnutzen, selbst wenn der Bebauungsplan dies grundsätzlich nicht zulässt. Allerdings sind die Baubehörden noch sehr zurückhaltend bei der Anwendung dieser Regelung und lassen damit wertvolle Flächenpotenziale ungenutzt.

Grüne Stadt

Eine nachhaltige Stadtentwicklung ist nur zu erreichen, wenn vorhandene Grünbestände in urbanen Räumen erhalten und ausgeweitet werden. Die zahlreichen Ökosystemleistungen des Stadtgrüns sind unverzichtbar, um die Folgen des Klimawandels im urbanen Raum abzumildern. Unter anderem kann das Mikroklima erheblich verbessert werden und bepflanzte Böden speichern Niederschlag effizienter, wodurch sich die Folgen von Starkregenereignissen abmildern lassen. Neben der Ausweisung neuer Grünflächen kann das Ziel einer grünen Stadt vor allem auch durch konkrete Vorgaben in den Bebauungsplänen zur Flächenbegrünung gefördert werden. Die Europäische Union (EU) wird diese Ziele durch die künftige Verordnung über die Wiederherstellung der Natur verstärkt fördern und von den Städten einen größeren Beitrag zur durchgehenden Begrünung der Städte einfordern.

Grünflächen und Vorbildwirkung

Städte können Grünflächen in ihren Bebauungsplänen festsetzen und dadurch erhalten oder neu ausweisen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB). Öffentliche Flächen wie innerstädtische Plätze und Innenflächen von Wohnsiedlungen in kommunaler Trägerschaft sind häufig durch fast vollständige Versiegelung gekennzeichnet. Hier können die Kommunen eine durchgehende Begrünung des Stadtgebiets selbst fördern, indem diese Steinflächen entsiegelt und in Grünflächen umgewandelt werden. Damit werden die Städte auch ihrer Vorbildfunktion gerecht. Die mitunter für Eigentümerinnen und Eigentümer sehr kostspieligen Vorgaben zur Grundstücksbegrünung werden sicherlich auf mehr Zustimmung treffen, wenn die Stadt mit gutem Beispiel bei ihren eigenen Flächen vorangeht.

Vorgaben an die Grundstücksgestaltung

In der planerischen Praxis nehmen die Festsetzungen der Bebauungspläne über die Begrünung von Grundstücken mittlerweile einen großen Umfang ein. Durch solche Festsetzungen lässt sich die Begrünung und Bepflanzung sowohl von Grünflächen als auch von anderen Flächen wie insbesondere von bebaubaren Grundstücken regeln. Für Investoren und Bauherren ergeben sich daraus häufig umfangreiche Pflichten zur Freiflächen- und Gebäudegestaltung, die mitunter sowohl in der Herstellung als auch in der Unterhaltung sehr kostspielig sein können. Aufgrund der zu erwartenden zusätzlichen Vorgaben der geplanten EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur wird damit zu rechnen sein, dass diese Vorgaben eher mehr als weniger werden. Zudem formulieren zunehmend mehr Städte das stadtplanerische Ziel, den Grünanteil im Stadtgebiet zu erhöhen, und folgen damit den Zielen des Bunds. Seit jeher sieht der Festsetzungskatalog des § 9 Abs. 1 BauGB für Bebauungspläne die Möglichkeit vor, vorhandene Grünbestände zu schützen und Neuanpflanzungen zu verlangen. Dementsprechend wird zwischen Erhaltungspflichten (§ 9 Abs. 1 Nr. 25 lit. b BauGB) und Anpflanzpflichten (§ 9 Abs. 1 Nr. 25 lit. a BauGB) unterschieden. Erhaltungspflichten bedeuten, dass vorhandene Vegetation geschützt ist und nicht ohne Erlaubnis beseitigt werden darf. Bei illegalen Baumfällungen etwa drohen deswegen Geldbußen. Anpflanzpflichten bestimmen zumeist, dass auf Baugrundstücken eine von der Grundstücksgröße abhängende Anzahl von Bäumen und Hecken zu pflanzen ist. Darüber hinaus können auch Dach- und Fassadenbegrünungen verlangt werden.

Erneuerbare Energien

Ein wichtiger Baustein in der Klimapolitik ist die Transformation der Energieerzeugung. Zahlreiche Bundesländer haben bereits die Installationspflicht für Solaranlagen bei Neubauten und Dachsanierungen in ihren Landesklimaschutzgesetzen geschaffen. In Bebauungsplänen lassen sich vergleichbare Pflichten für Neubauten festsetzen (§ 9 Abs. 1 Nr. 23 lit. b BauGB). Des Weiteren können in Bebauungsplänen insbesondere Flächen für Anlagen zur Gewinnung regenerativer Energie ausgewiesen werden. Für größere Anlagen wie Solarparks ist dies auch zwingend erforderlich, weil sie im Außenbereich nur eingeschränkt zulässig sind. Solche Anlagen sind dort bislang nur entlang von Autobahnen und Bahnstrecken erlaubt (§ 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB). Auch die jüngste Änderung des BauGB im Juli 2023 brachte hierzu keine grundlegenden Neuerungen. Mit der Förderung erneuerbarer Energien im urbanen Raum gehen auch Probleme einher, unter anderem auch zwischen den klimapolitischen Zielen. Wegen der dichten Bebauung der Städte kann die Leistungsfähigkeit von Solaranlagen durch Verschattung beeinträchtigt sein. Insbesondere Bäume können Solaranlagen so stark verschatten, dass sie nur eingeschränkt leistungsfähig sind.

Interessenabwägung

Handelt es sich um geschützte Bäume, ist eine Genehmigung, den Baum zu fällen, erforderlich. Im Rahmen des Antragsverfahrens ist dann zu entscheiden, welcher Belang Vorrang genießt: erneuerbare Energien oder Naturschutz. Dabei kommt es meist auf eine Abwägung zwischen der Bedeutung des geschützten Baums und der Solaranlage an. Die Regelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wurde kürzlich geschaffen, um solche Konflikte aufzulösen (§ 2 EEG). Danach kommt dem Interesse am Ausbau von Anlagen zur Gewinnung von regenerativer Energie bei Abwägungsentscheidungen ein Vorrang gegenüber konkurrierenden Interessen zu. Der Gesetzgeber hat damit eine klare Aussage zugunsten regenerativer Energien getroffen. Dennoch gilt dieser Vorrang nicht absolut und man wird beispielsweise kleinen Balkonsolaranlagen keinen Vorrang gegenüber dem Erhalt einer 80 Jahre alten Eiche einräumen können.

Fazit

Die Stadtplanung steht vor zahlreichen Herausforderungen, die sie gleichzeitig zu bewältigen hat. Die planungspolitischen Entscheidungen variieren lokal mitunter sehr stark, der rechtliche Rahmen ist jedoch fast überall gleich. Die geltende Rechtslage hält zahlreiche Instrumente bereit, um städtebauliche und klimapolitische Ziele umzusetzen. Der Gesetzgeber muss und wird auch in absehbarer Zeit diesen Instrumentenkasten erweitern. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob dadurch nur neue rechtliche Konflikte oder sinnvolle Ergänzungen geschaffen werden.

Zum Autor

CV
Dr. Cedric Vornholt

Rechtsanwalt in der Kanzlei FPS Rechtsanwälte in Frankfurt am Main. Er berät Unternehmen und Behörden zu öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, insbesondere im Bau- und Umweltrecht.

Weitere Artikel des Autors