Legal Tech im Notariat - 28. September 2023

Fahrt aufgenommen

Welchen Einfluss wird die Digitalisierung auf den Beruf des Notars haben? Die Frage ist berechtigt, da inzwischen digitale oder automatisierte Prozesse auch hier Einzug gehalten haben.

Auch wenn die Notarinnen und Notare im Bereich der Grunderwerbsteuer hierzulande im Vergleich zu unserem Nachbarland Österreich immer noch hinterherhängen, lässt sich dennoch festhalten, dass sich in den vergangenen Monaten die digitalisierten Prozesse in den Notariaten exorbitant weiterentwickelt haben. Deutlich wird dies am Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG), das am 1. August 2022 in Kraft getreten ist. Dadurch wird die voranstehend genannte Richtlinie der Europäischen Union (EU) in nationales Recht umgesetzt. Damit verbunden sind auch umfangreiche Änderungen im Registerwesen.

Wie digital sind Notare?

Wesentliche Bereiche des Handels- und Gesellschaftsrechts werden modernisiert und die digitale Datenübermittlung wird vereinfacht. Insoweit kann sicherlich von einem Fortschritt gesprochen werden. In anderen Bereichen des Notarwesens, so könnte man den Eindruck gewinnen, ist das Ausdrucken und die postalische Weiterleitung von Schriftstücken nahezu der einzige Fortschritt seit Entwicklung der Computer und Abschaffung der Schreibmaschine. Wie digital und fortschrittlich ist ein Notariat jenseits der Anwendung des DiRUG wirklich und wie digital könnte es eigentlich sein?

Plattform XNP und beN

Insbesondere im Handels- und Gesellschaftsrecht und im Zusammenhang mit dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) hat sich die Arbeitsweise in den Notariaten enorm und stetig verändert. So müssen die Anträge und die weiterführende Korrespondenz weitgehend elektronisch über die Plattform XNP und das besondere elektronische Notarpostfach (beN) an das zuständige Gericht übermittelt werden. Die gesetzliche Grundlage bildet das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (FördElRV) in Verbindung mit § 14b FamFG. Ziel dieser Normen ist, das Potenzial der jüngeren technischen Entwicklungen mit gesetzlichen Maßnahmen zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs auf prozessualem Gebiet zu nutzen und die Zugangshürden für eine elektronische Kommunikation mit der Justiz bedeutend zu senken. Darüber hinaus sollte das Vertrauen im Umgang mit den neuen Kommunikationswegen gestärkt werden.

Große Einsparpotenziale

Der erforderliche Erfüllungsaufwand war 2013 noch mit großen Unsicherheiten behaftet. Tatsächlich wurden die öffentlichen Haushalte nicht übermäßig belastet. Vielmehr haben sich Einsparungen gegenüber der Kommunikation in Papierform über den Postweg (Porto, Gebühren für Telefaxe) ergeben und zu einer spürbaren Entlastung beigetragen. Aus unserer Praxiserfahrung lässt sich festhalten, dass die elektronische Übermittlung als Kommunikationsweg große Einsparungen hinsichtlich des Papierverbrauchs mit sich brachte.

Werden Notariate überflüssig?

Eine ganz andere Frage ist, wohin die Digitalisierung aber in letzter Konsequenz führen kann oder wird. Werden manche Berufe, etwa der des Notars, überflüssig? Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit hat hierzu ein Projekt aufgesetzt. Mit dem Online-Tool Job-Futuromat lässt sich prognostizieren, welche Tätigkeiten eines Berufs sich in Zukunft automatisieren lassen. Nachstehend die Prognosen für die Mitarbeiter eines Notariats:

BerufsbezeichnungAutomatisierbarkeit im BerufKerntätigkeiten in diesem Beruf, die heute schon automatisierbar sind
Notar/-in33 %1 von 3
Fachwirt/-in – Notariat43 %3 von 7
Bürovorsteher/-in (Rechtsanwaltskanzlei/Notariat)50 %6 von 12
Notargehilfe/-gehilfin75 %6 von 8
Notarfachangestellte/-r78 %7 von 9
Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte/-r80 %8 von 10

Die Notare können erleichtert aufatmen, ihr Beruf wird nicht obsolet werden. Auch wenn die hohe Prozentzahl bei den Fachangestellten zeigt, dass bei den Arbeitsprozessen einige wesentliche Veränderungen anstehen, bedeutet das nicht, dass Arbeitsplätze in Gefahr sind. Die Arbeitsprozesse haben sich in jeder Kanzleiform weiterentwickelt und werden sich durch eine stärkere Digitalisierung noch weiter verändern. So wird in naher Zukunft die ein oder andere Arbeitsstelle eine andere Tätigkeitsbeschreibung bekommen müssen.

FAZIT

Festzuhalten bleibt, dass die Digitalisierung zum Arbeitsalltag eines modernen Notariats gehört. Sie wird in Zukunft noch mehr Raum bei standardisierbaren Tätigkeiten einnehmen. Legal Tech als Sammelbegriff für Software, die bei juristischen Tätigkeiten unterstützt, findet sich also auch im Notariat wieder, aber deutlich weicher als umgangssprachlich verstanden. Zum Einsatz von Robotern, die komplizierte Erbfolgeregelungen mit künstlicher Intelligenz treffen, wird es wohl jedoch, zumindest in absehbarer Zeit, nicht kommen.

Zum Autor

PP
Dr. Pierre Plottek

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht sowie Notar in Bochum

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