Existenzgründer - 24. August 2023

Musterprotokoll statt Satzung

Sobald die eigene Geschäftsidee steht, kommen auf den Existenzgründer zahlreiche Anforderungen zu, nicht zuletzt auch in finanzieller und formeller Hinsicht.

Wenn die Geschäftsidee gefunden ist, stellt sich für Gründerinnen und Gründer die Frage, in welcher Weise das Unternehmen aufgesetzt werden soll. Häufig entscheiden sie sich für die Gründung einer Kapitalgesellschaft in Form einer GmbH oder einer Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt). Bei Letzterer handelt es sich streng genommen nicht um eine eigenständige Rechtsform, sondern um eine Sonderform der GmbH, die mit einem Stammkapital gegründet wird, das das Mindestkapital der GmbH in Höhe von 25.000 Euro unterschreitet. Entscheidender Vorteil einer Kapitalgesellschaft gegenüber einer Personengesellschaft ist, dass die Kapitalgesellschaft nur mit ihrem eigenen Vermögen haftet. Sollte sich herausstellen, dass die Geschäftsidee nicht so zündet, wie sich die Gründer dies vorstellen, ist das Risiko auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt und die Gesellschafter tragen das Verlustrisiko für ihre Einlage, wohingegen bei einer Personengesellschaft die jeweiligen Gesellschafter – wie der Einzelkaufmann auch – grundsätzlich vollumfänglich und mit ihrem gesamten Vermögen haften.

GmbH oder UG (haftungsbeschränkt)

Die Entscheidung, ob zunächst eine UG oder gleich eine vollwertige GmbH gegründet werden soll, richtet sich nach den Anforderungsbedürfnissen der Gesellschafter. Bei der UG kann das Stammkapital theoretisch zwischen 1 und 24.999 Euro liegen, das bei Gründung voll einzuzahlen ist. Demgegenüber verfügt die GmbH über ein Stammkapital von mindestens 25.000 Euro, das bei Gründung mindestens hälftig eingezahlt werden muss. Wenn abzusehen ist, dass die Gesellschaft schnell einen hohen Kapitalbedarf aufweisen wird, bietet es sich an, direkt eine GmbH zu gründen. Wenn demgegenüber eine völlig neue Geschäftsidee in einem kleinen Rahmen erprobt werden soll oder aber eine Gesellschaft lediglich gegründet wird, um für den Gesellschafter Beteiligungen an einem anderen Unternehmen zu halten, ohne dass die Gesellschaft selbst am Markt tätig wird, kann es sich anbieten, eine UG zu gründen. Jedenfalls ist zu berücksichtigen, dass die UG nicht als GmbH, sondern mit dem Rechtsformzusatz UG (haftungsbeschränkt) im Rechtsverkehr auftritt und dass sie im Zweifel aufgrund ihrer geringen Kapitalausstattung als weniger wertig im Vergleich zur GmbH angesehen wird. Ein wesentlicher Unterschied zwischen GmbH und Unternehmergesellschaft ist die gesetzliche Verpflichtung bei der UG (haftungsbeschränkt), in ihrer Bilanz eine Rücklage zu bilden, in die ein Viertel des um einen Verlustvortrag geminderten Jahresüberschusses einzustellen ist. Auf diese Weise soll die Unternehmergesellschaft Kapital ansparen, bis der Wert des Mindeststammkapitals einer GmbH, also 25.000 Euro, erreicht ist. Eine Zeitvorgabe hierfür oder eine Umwandlungspflicht nach Erreichen des Betrags besteht nicht.

Satzung oder Musterprotokoll?

Die grundlegenden Rechte und Pflichten in der Gesellschaft sind in der Satzung verankert. Hier bietet eine maßgeschneiderte Satzung die Möglichkeit, den spezifischen Bedürfnissen der Gesellschafter Rechnung zu tragen. Neben der Möglichkeit, eine individuelle Satzung durch einen Rechtsanwalt oder Notar gestalten zu lassen, gibt es aber auch die Möglichkeit, eine Gründung mit dem sogenannten Musterprotokoll durchzuführen. Hierbei handelt es sich um eine Standardsatzung, die der Gesetzgeber im Anhang zum GmbH-Gesetz vorgesehen hat. Das Musterprotokoll ist wie die Gründungsurkunde bei einer GmbH-Gründung mit individueller Satzung notariell zu beurkunden. Mit Eintragung im Handelsregister entsteht eine herkömmliche GmbH, auf die die Vorschriften des GmbH-Gesetzes anwendbar sind. Wenn ein Musterprotokoll für die Gründung der Gesellschaft verwendet wird, bietet dies im Vergleich zur Gründung mit individueller Satzung einen Kostenvorteil bei den Notar- und Handelsregisterkosten. Während bei einer Gründung ohne Musterprotokoll ein Mindestgeschäftswert von 30.000 Euro zugrunde gelegt wird [§ 107 Abs. 1 S. 2, § 105 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG)], ist bei der Gründung mit Musterprotokoll das festgesetzte Stammkapital der Gesellschaft maßgeblich (§ 105 Abs. 1 S. 1 GNotKG). Allerdings bestehen in jedem Fall Mindestgebühren (120 Euro bei der Mehrpersonengründung, 60 Euro bei der Einpersonengründung, vgl. KV Nr. 21100 GNotKG bzw. KV Nr. 21200 GNotKG). Das bedeutet, dass beispielsweise bei Gründung einer Einpersonenunternehmergesellschaft mit einem Stammkapital von 100 Euro bei Verwendung des Musterprotokolls Notarkosten in Höhe von insgesamt unter 200 Euro anfallen würden. Bei Gestaltung einer individuellen Satzung beliefen sich die Notarkosten hingegen auf einen Betrag in Höhe von gut 800 Euro. Je höher das angedachte Stammkapital der Gesellschaft ausfällt, desto geringer sind die sich aus der Verwendung des Musterprotokolls ergebenden Kostenvorteile. Zudem ist zu berücksichtigen, dass bei einer Gründung unter Verwendung des Musterprotokolls von diesem (abgesehen von rein redaktionellen Anpassungen und dem Ausfüllen der vorgesehenen Lücken) nicht abgewichen werden darf. Wenn eine Regelung des Musterprotokolls verändert wird, stellt sich die Gründung als solche mit individueller Satzung dar, sodass der Kostenvorteil entfiele. Damit scheidet die Nutzung des Musterprotokolls in einer Vielzahl von Fällen aus. Ein Musterprotokoll kann nur verwendet werden, wenn höchstens drei Gesellschafter beteiligt sein sollen. Das Musterprotokoll sieht zudem jeweils nur einen Geschäftsanteil je Gesellschafter vor. Auch dann, wenn spezielle Regelungen hinsichtlich des Schicksals der Geschäftsanteile beim Tod oder sonstigen Ausscheiden eines Gesellschafters oder beispielsweise hinsichtlich der Gewinnverwendung erforderlich erscheinen, kommt eine Gründung mit Musterprotokoll nicht in Betracht. Bei der Gründung mit Musterprotokoll kann nur ein Geschäftsführer bestellt werden, der von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist. Es gilt die allgemeine Vertretungsregelung nach § 35 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG). Soll von der Vertretungsregelung des § 35 GmbHG im Nachhinein abgewichen werden, insbesondere einzelnen Geschäftsführern Einzelvertretungsberechtigung eingeräumt werden, macht dies im Fall der Gründung mit Musterprotokoll eine Satzungsänderung erforderlich, deren Kosten sich wiederum anhand eines Mindestgeschäftswerts von 30.000 Euro bemessen. Auch die Befreiung eines später hinzutretenden Geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB macht eine Satzungsänderung erforderlich. Wenn bereits bei Gründung feststeht, dass in absehbarer Zeit ein weiterer Geschäftsführer hinzutreten soll, ist regelmäßig von der Verwendung des Musterprotokolls abzuraten.

Weiter gehende Kosten

Weitere Kosten, die die Gründer im Zusammenhang mit der Gründung im Blick behalten müssen, ergeben sich durch die Gewerbeanmeldung (rund 35 Euro) sowie die Anmeldung beim Handelsregister (150 Euro bei Gründung ohne Musterprotokoll) und die Eintragung beim Transparenzregister (jährliche Kosten von 20,80 Euro sowie einmalige Kosten von circa 85 Euro, wenn die Erstregistrierung durch den Notar vorgenommen wird).

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Zu den Autoren

SK
Stefanie Kalke

Rechtsanwältin sowie Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht. Sie ist Equity-Partnerin bei FPS in Berlin.

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JS
Justus Schweizer

Rechtsanwalt und Associate Partner bei FPS in Berlin

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