Arbeitsrecht - 18. April 2024

BAG: Digitale Bewerbungsunterlagen reichen für den Betriebsrat

BRAK, Mitteilung vom 18.04.2024 zum Beschluss 1 ABR 28/22 des BAG vom 13.12.2023

Muss der Betriebsrat der Einstellung eines neuen Mitarbeiters zustimmen, reicht es, wenn er die Bewerbungsunterlagen digital erhält, so das BAG.

Das BAG hat in einem nun veröffentlichten Beschluss entschieden, dass ein Betriebsrat auch Bewerbungsunterlagen in digitaler Form akzeptieren muss. Er könne seine gem. § 99 Abs. 1 BetrVG erforderliche Zustimmung zur Einstellung eines neuen Mitarbeiters nicht deshalb verweigern, weil ihm die Bewerbungsunterlagen nicht in Papierform vorgelegt worden seien (Beschluss vom 13.12.2023, Az. 1 ABR 28/22).

Das Unternehmen, um das es hier ging, arbeitete mit einem digitalen Bewerbungssystem. Sowohl direkt digital als auch zunächst in Papierform eingereichte Bewerbungsunterlagen werden letztlich digital darin verarbeitet. Im Jahr 2021 sollte ein Bewerber als „Prozess- und Projektspezialist Technik“ eingestellt werden. Dem Betriebsrat wurden seine digital eingereichten Bewerbungsunterlagen in entsprechender Form im internen System zur Verfügung gestellt. Doch obwohl die Betriebsratsmitglieder über Dienst-Laptops verfügten, verweigerten sie unter Verweis auf die fehlende Vorlage in Papierform die Zustimmung. Vor Gericht erstritt der Arbeitgeber nun die Ersetzung der Zustimmung gem. § 99 Abs. 4 BetrVG, wobei ihm alle drei Instanzen Recht gaben.

BAG: Auslegung ergibt, dass digitale Bewerbungsunterlagen reichen

Der Betriebsrat sei durch die Vorlage der digitalen Unterlagen ordnungsgemäß gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG unterrichtet worden, so das BAG. Eine Auslegung von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergebe, dass die Bewerbungsunterlagen hierfür nicht in Papierform eingereicht werden müssten. Eine Auslegung der Norm ergebe, dass die digitale Form genüge.

Der Wortlaut des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG lautet:

„[…] hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung […] die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen […].“ Zwar zeigten die Begriffe „Bewerbungsunterlagen“ und „vor(zu)legen“, dass dem im Jahr 1972 in Kraft getretenen § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Vorstellung zugrunde liegt, derartige Unterlagen würden stets in Papierform eingereicht und müssten dem Betriebsrat daher auch in dieser Form überlassen werden. Der Wortlaut (insbes. „Original“) lasse jedoch erkennen, dass wenn dem Arbeitgeber die „Bewerbungsunterlagen“ selbst nur digital zur Verfügung stehen, er sie dem Betriebsrat auch nur in dieser Form zur Verfügung stellen müsse. „Unterlagen“ könnten zudem alle Interessenbekundungen sein, egal in welcher Form.

Auch Sinn und Zweck des Gesetzes ergäben nichts anderes. Der Betriebsrat brauche die Informationen, um zu prüfen, ob er seine Zustimmung nach Abs. 2 verweigern will und um Anregungen für die Auswahl der Bewerber zu geben und Gesichtspunkte vorzubringen. Wenn er für die Dauer des Zustimmungsverfahrens digital auf die Unterlagen zugreifen könne, reiche dies aus.

Aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber im Jahr 2021 mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz den entsprechenden § 99 BetrVG nicht angepasst habe, lasse sich ebenfalls keine zwingende Papierform ableiten. Vielmehr lasse sich dies so interpretieren, dass der Gesetzgeber die Regelung trotz der ihm bekannten Veränderungen in der Arbeitswirklichkeit für ausreichend halte.

Quelle: BRAK