Wissensmanagement - 21. Dezember 2020

Die Wissensarbeiter

Anlässlich des 20. Geburtstags von Wikipedia lohnt ein Blick darauf, wie wertvoll geteiltes Wissen ist – und wie wichtig es ist, die Wissensprozesse in unseren Kanzleien entsprechend zu strukturieren.

Unter uns gesprochen: Wie oft suchen Sie am Tag nach den verschiedensten Begriffen in Suchmaschinen? Und wie häufig schauen Sie zuerst in Wikipedia nach? Wo man früher noch das Lexikon aus dem Regal nahm und zum Stichwort blätterte, können wir uns heute ein Leben ohne die freie Internetenzyklopädie nicht mehr vorstellen. Geteiltes Wissen ist eben nicht halbes Wissen, sondern mehr verbreitetes Wissen für alle.

Wikipedia im 20. Jahr

In diesen Wochen feiert Wikipedia seinen 20. Geburtstag und ist mehr als erwachsen geworden. Denn der Gedanke, der hinter dem Projekt steht, wird in diesen Zeiten besonders relevant: digitales Teilen, über lokale und hierarchische Grenzen hinweg. Wikipedia-Artikel werden nicht nur von mehreren Autoren verfasst, sondern auch nach dem Prinzip des kollaborativen Schreibens fortwährend weiterentwickelt, überprüft und bearbeitet. Ein solcher Wissensfundus gewinnt in Krisenzeiten an Bedeutung – zumal er elektronisch vorhanden und von fast überall zugänglich ist.

Schließlich können wir beispielsweise nicht mehr mal eben ins Büro der Partner oder der Mitarbeiter gehen und etwas nachfragen. Mehr denn je benötigen wir eine Plattform für Kollaboration. Aber dass wir Prozesse des Wissenstransfers strukturieren und gestalten müssen, sollte auch grundsätzlich zur Routine werden. Zu viele Dokumente sind in zu vielen unterschiedlichen Systemen abgelegt. Aktuellen Studien zufolge verbringen 42 Prozent der Arbeitnehmer täglich mehr als eine halbe Stunde damit, relevante Informationen zu finden. Und diese Zahl ist womöglich noch zu tief gegriffen.

Wissenstransfer für den Kanzleialltag

Nicht nur, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder auch Partner die Kanzlei verlassen, sind vorgegebene Prozesse für den Wissenstransfer entscheidend. Auch im Alltag hilft eine gut geführte Dokumenta­tion, ein Kanzlei-Wiki oder ein anderes Instrument, um Wissen zu schaffen, festzuhalten und für andere zugänglich zu machen: etwa Interviews, Workshops, Wissens- und Kommunikationsnetzwerke – oder auch Knowledge-Cafés oder Wissens-Meetings.

Natürlich hat Ihre favorisierte Wahl Folgen für die Umsetzung – sowohl für die technische als auch die fachliche Seite. Interessanterweise berichten Kollegen aus eigener Erfahrung, dass die technische Implementierung weniger Zeit in Anspruch nimmt als die fachliche Ausarbeitung. Was wiederum von ihren individuellen Gegebenheiten abhängt und nicht nur vom Wissen, das gespeichert und transferiert werden soll. So spielen die Kanzleigröße und die zur Verfügung stehenden Ressourcen eine Rolle, ebenso die Aktualität der Informationen, die eingestellt werden sollen. Vielleicht muss an der ein oder anderen Stelle noch nachjustiert werden, vielleicht sollen aber auch nicht alle Bereiche abgebildet werden.

Fundierte Wissensarbeit erforderlich

Möglicherweise braucht es eine Art Wissenshausmeister, der die Fäden in der Hand hält, erster Ansprechpartner für die Prozesse ist und so ein effizientes Arbeiten sicherstellen kann. Zugleich sind alle Mitarbeiter Wissensträger und damit Wissensarbeiter, sollten also Wissen beitragen sowie Anmerkungen und Verbesserungen anbringen können.
Den Erfahrungsschatz, den alle in der Kanzlei gerade in diesen schwierigen Zeiten anhäufen konnten, macht das Wissensmanagement so wertvoll. Was hat sich als praktikabel herausgestellt, was kann künftig routinierter abgearbeitet werden – und wie kann dieses Wissen noch besser verteilt werden? Gerade die Umstände, die wir zurzeit erleben, machen klar: Wissensmanagement ist mehr als nur ein Dokumentenarchiv. Es ist Ressource, Grundlage für Weiterentwicklung und Bewertung. Und es ist einer der wenigen Schätze, die wertvoller werden, wenn sie geteilt werden.

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Zum Autor

Prof. Dr. Robert Mayr

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
CEO der DATEV eG; Die Genossenschaft gehört zu den größten Softwarehäusern und IT-Dienstleistern in Deutschland.
Seine Themen: #DigitaleTransformation, #DigitalLeadership, #Plattformökonomie und #BusinessDevelopment.
Seine These: „Die digitale Transformation ist keine Frage des Könnens, sondern des Wollens“

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