Künstliche Intelligenz - 27. April 2023

Assistenz ohne Mythos

Die innovative, KI-basierte Technologie ChatGPT ist derzeit in aller Munde. Diese Form der künstlichen Intelligenz dürfte jedoch erst der Anfang sein zu einem technologisch neu geprägten Zeitalter – mit Chancen auch für unseren Berufsstand.

„Wir werden letztlich vom Denken über Maschinen beim Denken durch Maschinen angelangen.“ Nein, dies ist kein Zitat aus der aktuellen Diskussion um die neuen KI-basierten Technologien von Chatbots wie ChatGPT und Bard. Diese Aussage war bereits vor mehr als 150 Jahren in der englischen Satirezeitschrift Punch zu lesen – ein Blatt, das die britische Kulturgeschichte bis weit ins 20. Jahrhundert prägte. Wenn man die medialen Debatten der damaligen Zeit betrachtet, stellt man viele Ähnlichkeiten zur heutigen Zeit fest: technischer Fortschritt im Eiltempo, der viele skeptisch, andere optimistisch stimmte. Technologien, die Fluch und Segen zugleich zu sein scheinen: Furcht vor dem Verlust der Menschlichkeit gegen ungeahnte neue Einsatzmöglichkeiten in der Arbeitswelt.

Angst vor Jobverlust durch KI

Und heute? Laut aktuellen Untersuchungen befürchtet knapp ein Viertel der Befragten, den Arbeitsplatz infolge des Einsatzes von künstlicher Intelligenz zu verlieren. Ein ähnlicher Prozentsatz plant auf Arbeitgeberseite, Stellen abzubauen. Was ich aber ebenfalls wahrnehme: Die neuen Technologien werden nicht komplett verteufelt, es besteht vielmehr Neugier über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, wobei noch viele Fragen offen sind. Fakt ist, dass die großen US-amerikanischen Konzerne sich bereits strategisch auf die konsequente Integration von KI-Technologien in bestehende Lösungen einstellen. Auch Google hat inzwischen nachgezogen und den Chatbot Bard vorgestellt – allerdings noch ohne ihn wie geplant in die Google-Suche zu integrieren. Dennoch ist es sicher nicht zu viel gesagt, die generativen KI-Sprachmodelle als Meilenstein der KI-Entwicklung zu bezeichnen. Es ist davon auszugehen, dass künstliche Intelligenz in den nächsten fünf Jahren in der Mehrheit der Unternehmen an Bedeutung stark gewinnen wird – und zwar in allen Stufen der Wertschöpfungskette. Neue Dienstleistungen werden entstehen, möglicherweise sogar komplett neue Geschäftsmodelle.

Steuerberatung und Chatbots

In Deutschland sind wir in Bezug auf die Nutzung von Chatbots noch in einer Anfangsphase. Während es einige Unternehmen gibt, die Chatbots einsetzen, gibt es noch viel Raum für Wachstum und Innovation. Es ist jedoch zu erwarten, dass sich die Nutzung von Chatbots in den nächsten Jahren schnell ausbreiten wird. Was bedeutet das für den steuerberatenden Berufsstand?
Steuerberatung ist ein Beruf, der auf menschlichen Interaktionen basiert. Es ist ein Beruf, der auf Vertrauen und Vertraulichkeit beruht. Daher ist es unwahrscheinlich, dass Chatbots den steuerberatenden Beruf ersetzen werden. Allerdings können Chatbots in der Steuerberatung eingesetzt werden, um bestimmte Aufgaben zu automatisieren und zu vereinfachen. Zum Beispiel können Chatbots genutzt werden, um einfache Steuerfragen zu beantworten. Dies kann Zeit und Ressourcen sparen und es den Steuerberaterinnen und Steuerberatern ermöglichen, sich auf andere, komplexere Aufgaben zu konzentrieren, bei denen menschliche Interaktionen, Expertise, Koordination oder Überblick erforderlich sind.

KI hilft in der Routine

Auf mittlere Sicht lassen sich viele Tätigkeiten mithilfe von KI automatisieren, möglicherweise sogar substituieren – vor allem dann, wenn es um untergeordnete Routineaufgaben geht. Das gilt beispielsweise für Textzusammenfassungen, gute Übersetzungen, Generierung von Source Code oder die Gestaltung von PowerPoint-Präsentationen.
Auch wir bei DATEV beschäftigen uns bereits seit einigen Jahren mit künstlicher Intelligenz: Mit unserem DATEV Automatisierungsservice Rechnungen ist es in den Kanzleien schon jetzt möglich, sich einen Teil der Routinetätigkeit beim Buchen von Geschäftsvorfällen von der Maschine abnehmen zu lassen. Auch bei der Liquiditätsbetrachtung eines Mandanten leistet KI bereits heute mit dem Liquiditätsmonitor online einen wertvollen Beitrag. Durch die Analyse der tagesaktuellen Bankdaten prognostiziert sie automatisiert die voraussichtliche Entwicklung der Liquidität in den kommenden Wochen. So kann der Steuerberater über eine einfache Simulation ermitteln, wie sich zum Beispiel etwaige Forderungsausfälle oder steigende Lieferantenverbindlichkeiten auf die Liquidität auswirken würden. Genau genommen bietet die Steuerberatung ideale Voraussetzungen für den Einsatz künstlicher Intelligenz, zumindest dort, wo Aufgaben sich wiederholen und aus routinierten Arbeitsabläufen bestehen. Potenzielle Anwendungsfelder gibt es einige, zum Beispiel Entlastung bei Klassifizierung, Kategorisierung und dem Tagging von Daten oder die Automatisierung von Datenerfassung. Nicht zuletzt ließe sich auf diese Weise die Datenübermittlung zu Finanzbehörden und Banken optimieren. Arbeitserleichterungen, die dem Berufsstand ermöglichen, sich auf komplexere Fragen und Sachverhalte zu konzentrieren. Denn verstehen, erklären und beraten wird immer notwendig sein. Daher gilt es, künstliche Intelligenz zu entmystifizieren und sowohl Mitarbeiter als auch Mandanten mit der neuen
Technologie vertraut zu machen. Sehen wir KI als das, was es sein kann und sein sollte: nicht als Ersatz des Menschen, sondern als Assistenz.

PS: Bei dieser Kolumne habe ich mir ein wenig vom Assistenten ChatGPT helfen lassen. Erkennen Sie, wo genau? Die Auflösung finden Sie beim Sternchen *.

* Der Abschnitt „Steuerberatung und Chatbots“ wurde von ChatGPT erstellt.

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Zum Autor

Prof. Dr. Robert Mayr

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
CEO der DATEV eG; Die Genossenschaft gehört zu den größten Softwarehäusern und IT-Dienstleistern in Deutschland.
Seine Themen: #DigitaleTransformation, #DigitalLeadership, #Plattformökonomie und #BusinessDevelopment.
Seine These: „Die digitale Transformation ist keine Frage des Könnens, sondern des Wollens“

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