Wie Sie das Experten-Know-how Ihrer Berufskollegen nutzen können, um Ihre Kanzlei zu einer digitalen Kanzlei zu machen.
Digitalisieren? Na klar! Wer allerdings meint, es wäre damit getan, die IT-Infrastruktur zu modernisieren und aktuelle Software anzuschaffen, der irrt. In der Regel müssen auch Strukturen und Prozesse angepasst werden – was oftmals die größere Herausforderung und ohne externe Unterstützung kaum zu stemmen ist. Genau diese Unterstützung finden Hilfesuchende nun bei den neuen DATEV Beratern für Berater.DATEV Berater für Berater sind DATEV-Mitglieder, die ein Beratungsunternehmen aus ihrer Kanzlei heraus gegründet haben und nun andere Kanzleien bei der Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle unterstützen. Sie verfügen selbst über einen hohen Digitalisierungsgrad und kennen das DATEV-Produktportfolio genau. DATEV Berater für Berater beraten auf Managementebene, von Kollegin zu Kollege.
Mirco Schmale, Steuerberater mit eigener Kanzlei, ist einer dieser DATEV Berater für Berater. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie eine Organisationsberatung bei ihm abläuft und was er besser kann als ein marktübliches Consulting-Unternehmen.
DATEV magazin: Herr Schmale, Sie sind DATEV Berater für Berater. Können Sie kurz erklären, was das ist?
MIRCO SCHMALE: Vor einigen Jahren haben ein paar Kollegen und ich uns überlegt, wie wir den Digitalisierungsprozess im Berufsstand fördern können. Wir hatten die Idee einer Beratung auf Augenhöhe, also von Berater zu Berater. Wir kennen die Probleme der Kollegen und wollen alle Ebenen in der Kanzlei erreichen: von der Kanzleileitung über die Sachbearbeiter bis zu den Auszubildenden. Deshalb haben wir ein Team gebildet aus sehr weit fortgeschrittenen digitalen Kanzleien, die Organisationsberatung als Dienstleistung für andere Kanzleien anbieten, mit dem Ziel, dass diese selbst zu digitalen Kanzleien werden.
Sie sind Steuerberater und Partner mit eigener Kanzlei. Warum haben Sie zusätzlich ein Beratungsunternehmen gegründet? War Ihnen langweilig?
(Lacht). Das ist eine sehr gute Frage. Nein, langweilig war mir überhaupt nicht. Zunächst mal ist DATEV, unsere Genossenschaft, ein Herzensthema bei uns in der Kanzlei. Und wir sehen es als zwingend notwendig an, dass die breite Masse der Mitglieder digitalisiert ist, allein schon, damit der Steuerberater der Wirtschaft als digitaler Ansprechpartner zur Verfügung steht. Unser Team hat auch bisher schon Digitalisierungsberatung für Unternehmen und Kommunen gemacht. Damit war es eigentlich nur ein kleiner Sprung, diese Beratung auch für Kanzleien anzubieten. Und nicht zuletzt: Es macht uns Freude.
Wie wird man DATEV Berater für Berater? Muss man sich da bewerben?
Tatsächlich, ja. Man muss sich beim Partnermanagement von DATEV bewerben und man muss natürlich über gewisse Fähigkeiten in seinem Beratungsunternehmen beziehungsweise in der Kanzlei verfügen. Man sollte selbst digital weit fortgeschritten sein, es wäre beispielsweise durchaus sinnvoll, das Label Digitale DATEV-Kanzlei zu führen. Man sollte auch genügend Kapazitäten für die Beratung haben.
Wie funktioniert so eine Beratung? Was kann ein Berufskollege von Ihnen erwarten?
Es beginnt in der Regel mit einem Kennenlerngespräch. Wir holen das Team des Steuerberaterkollegen dort ab, wo es gerade steht. In Workshops erarbeiten wir dann einen gemeinsamen Soll-Ist-Abgleich und entwickeln Handlungsmöglichkeiten. Und wir versuchen, eine Eigendynamik im Team zu wecken. Wir stehen aber natürlich auch als Partner bereit, um den Prozess der Digitalisierung zu vollziehen. Man darf allerdings nicht erwarten, dass wir den Kollegen eine fertige Musterkanzlei überstülpen. Es ist eine individuelle Beratung, um die individuellen Prozess- und Organisationsoptimierungen und die Digitalisierungsprojekte in den Kanzleien anzustoßen und umzusetzen.
Wie läuft das Beratungsgeschäft derzeit? Haben Sie viel zu tun?
Definitiv ist da im Moment sehr viel zu tun. Wir beraten ja nicht nur Kanzleien, sondern auch unsere Mandanten und zudem Kommunen.
Hat sich der Bedarf auch durch Corona verändert?
Durch Corona hat das Thema an Schwung gewonnen. Allerdings haben viele die Digitalisierung als Schnellschuss im Rahmen der Pandemie versucht, das Ganze aber nicht konstruktiv aus der Belegschaft heraus entwickelt. Das funktioniert nicht. Ich kann nur empfehlen, die digitale Transformation immer unter Einbezug des gesamten Teams zu organisieren und die existierenden Beratungsmöglichkeiten zu nutzen.
Organisationsberatungen gibt es auch anderweitig. Was können Sie denn besser als ein marktübliches Consulting-Unternehmen?
Definitiv die Sorgen, Nöte und Schwierigkeiten innerhalb einer Kanzlei zu verstehen und genau daraus Potenzial zu entwickeln. Ob Sachbearbeiter oder Kanzleileitung, wir sind immer auf Augenhöhe. Wir kennen deren Probleme, können auch unsere eigene Leidensgeschichte erzählen und berichten, an welcher Stelle man welche Schwierigkeiten nicht verhindern kann. Wir wissen, welche Hürden man überspringen muss, um dann aber auch optimierte Abläufe in den Kanzleien und damit auch Freude im Team zu haben.
In welchen Fällen sollte ein Berufskollege einen DATEV Berater für Berater zurate ziehen?
Zum einen, wenn die Belegschaft großes Interesse an der Digitalisierung hat, aber die Kanzleiführung nicht sicher ist, wie sie das Thema anpacken soll. Zum anderen, und das ist sogar noch wichtiger, wenn die Kanzleileitung unbedingt digitale Prozesse einführen möchte, aber den Eindruck hat, dass das Team alte Gewohnheiten nicht aufgeben möchte und mit dem aktuellen Zustand ganz zufrieden ist. Und in der Regel ist es ja so, dass die Kanzleien meistens keine Zeit finden, sich selbst mit diesem Thema zu befassen.
Kann man sich so eine Beratung als Ist-Analyse mit anschließenden Handlungsempfehlungen vorstellen? Oder ist es eher ein laufendes Coaching?
Es ist beides. Es ist einerseits eine begleitete Ist-Aufnahme, die Erarbeitung von Handlungsmöglichkeiten und die Begleitung in der Umsetzung. Aber auch das laufende Coaching ist sehr wichtig, gerade im Bereich Personalführung, in der Arbeit mit digitalen Tools und im Bereich Motivation.
Wie ist dabei das Zusammenspiel mit DATEV?
Das Handeln der DATEV Berater für Berater ist grundsätzlich völlig gelöst von DATEV. Wir haben eine eigene Fakturierung und treffen eigene Vereinbarungen mit den Kanzleien. Aber es wird nichts in der Kanzlei passieren, ohne das mit dem Kundenverantwortlichen abzusprechen, denn aus Software- und DATEV-Sicht kennt er die Kanzlei am besten. Wenn es dann darum geht, möglicherweise DATEV DMS einzuführen oder Unternehmen online bei den Mandanten zu implementieren, dann geben wir den Staffelstab weiter an einen DATEV Solution Partner.
Derzeit gibt es gerade mal eine Handvoll DATEV Berater für Berater. Woran liegt das? Der Bedarf dieser Art von Beratung müsste doch eigentlich viel größer sein.
Das Thema ist noch recht frisch. Es laufen im Moment auch Bewerbungen. Wir arbeiten daran, dass der Kreis wächst. Jetzt geht es aber erst einmal darum, das Thema innerhalb von DATEV und bei den Genossenschaftsmitgliedern publik zu machen und die digitale Transformation mit einem hohen Tempo voranzutreiben.
MEHR DAZU
finden Sie unter www.datev.de/partner-netzwerk
Die Ergebnisse des aktuellen Digitalisierungsindex zeigen, dass die Digitalisierung die Arbeitswelt verändert hat und auch weiter verändern wird. 79 Prozent stellen für die Umsetzung ihrer Digitalstrategie die notwendigen Mittel bereit und 73 Prozent kommunizieren offen mit ihren Mitarbeitern über die Entwicklungen. Fast die Hälfte aller Kanzleien sagen, dass sich ihre Mitarbeiter aktiv mit Vorschlägen für Digitalisierung einbringen. www.datev.de/digitalisierungsindex