"Die Kinder der Utopie" - 16. Mai 2019

Wenn ein Film über Inklusion 19.000 Menschen mobilisiert

Der Film mache ihn immer ganz selig, sagt Raul Krauthausen und lächelt. Gerade hat der Inklusionsaktivist, zusammen mit weiteren Zuschauern in einem Berliner Kino den Film „Die Kinder der Utopie“ gesehen. Krauthausen firmiert als „Gesicht der Kampagne“ zu dem Film, der bundesweit am Abend des 15.5.2019 in 160 Städten lief und dessen Entstehung DATEV mit…

Ziel des Films ist es laut Krauthausen, angesichts der in Fahrt gekommenen gesellschaftlichen Debatte um das Thema Inklusion einen Beitrag dazu zu liefern. „Es ist uns wichtig gewesen, die Perspektive der betroffenen Kinder einzunehmen, und nicht die der Erwachsenen, die sonst immer die Debatte bestimmen“, erklärt Krauthausen, der aufgrund der Glasknochenkrankheit auf den Rollstuhl angewiesen ist und als Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit diese Themen schon seit Jahren beackert.

Herausgekommen ist dabei ein Film, der sich eigentlich gar nicht so sehr um die Probleme und Herausforderungen dreht, die die Inklusion mit sich bringt, sondern vielmehr zeigt, das auch in einem inklusiven schulischen Umfeld ganz „normale“ Probleme dominieren, etwa der mitunter schwierige und reibungsvolle Prozess des Erwachsenwerdens oder die Frage, was Freundschaft bedeutet.

Vielfältige Lebensläufe

Der Plot kommt erfreulicherweise ohne viel Pathos aus: Sechs Protagonisten, die bereits in dem Vorgängerfilm „Klassenleben“ von 2004 damals noch in einer Berliner Schule von der Kamera begleitet worden waren, treffen sich nach 15 Jahren wieder und berichten sich gegenseitig davon, was aus ihnen geworden ist. Vom Musicaldarsteller bis zur Altenpflegerin, von der Studentin bis zur Köchin haben sich einige interessante Lebensläufe herauskristallisiert. Der Film begleitet die Sechs ohne viel Aufhebens, enthält sich jedes Kommentars aus dem Off und jeder Einordnung – sondern zeigt schlicht auf, wie sich Lebenswege entwickeln können, die im Rahmen einer Inklusionsklasse ihren Anfang nahmen.

Es sei die große Vertrautheit unter den Protagonisten, die ihn erstaunt habe, sagt Krauthausen. Die sechs jungen Leute hatten sich nach der Schule aus den Augen verloren, machen aber in der Tat einen sehr vertrauten Eindruck in dem Film. In Rückblenden aus dem Film Klassenleben wird die Lebensgeschichte jedes Protagonisten erzählt und mit der heutigen Situation kontrastiert. Dabei kommen auch Themen wie das Sterben einer schwerst-mehrfachbehinderten Klassenkameradin oder Konflikte im Klassenumfeld zur Sprache.

Cinema on Demand für mehr als 19.000 Zuschauer

Als offene Veranstaltung geplant, gab es nach den Film in allen teilnehmenden Kinos Gesprächsrunden zum Thema Inklusion. Die Aktionsabende wurden nach dem Prinzip von „Cinema on Demand“ konzipiert. Über eine Webseite konnten Menschen ihr Interesse daran bekunden, den Film sehen zu wollen, und erst daraufhin wurden die Kinos angesprochen, ob sie den Film zeigen wollen. Immerhin 170 Kinos in 160 Städten folgten dem Aufruf. „Wir haben mehr als 19.000 Menschen mobilisierrt“, sagt Krauthausen. Und neben dieser Crowd-Kampagne trugen eben auch noch Sponsoren wie DATEV ihr Schärflein dazu bei, dass der Film über die Leinwand flimmern konnte.

Mit der IT-Branche hat Aktivist Krauthausen indes nicht direkt etwas zu tun, wie er sagt. Allerdings ist ihm auch das Thema barrierefreie Software ein Anliegen: „Die ist nämlich nicht nur im Hinblick auf potenzielle neue Mitarbeiter ein lohnenden Investment, sondern auch mit Blick auf neue Kunden.“

Alles zum Film erfahren Sie unter http://www.diekinderderutopie.de. Der Film soll Ende Mai 2019 auf DVD erscheinen.

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Markus Riedl

Redaktion DATEV magazin

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