Portfoliowandel - 29. April 2021

Das Fundament steht

DATEV rüstet sich für die digitale Welt und verlagert die Produkte der nächsten Generation in die Cloud, um für die Anwenderinnen und Anwender neue Prozess-, Zusammenarbeits- und Automatisierungsszenarien zu erschließen.

Privatanwender nutzen die praktischen Dienste aus der Cloud ganz selbstverständlich: Sie verwalten E-Mails bei Google, streamen Musik und speichern ihre Daten in der Dropbox. Was für Privatanwender gilt, gilt gleichermaßen für Unternehmen. Bereits heute werden laut Marktforschungsinstitut Gartner 85 Prozent der von deutschen Unternehmen neu entwickelten Software auf Cloud-Basis bereitgestellt. Auch DATEV bietet bereits seit Jahren Cloud-Anwendungen wie Unternehmen online oder Arbeitnehmer online an. Doch noch machen die On-Premises-Lösungen einen Großteil der über 200 Programme aus. Noch. Denn durch die Veränderungen des Marktumfelds ist DATEV zusehends gefordert, auch in den traditionellen Geschäftsbereichen verstärkt Zusammenarbeit und einfache, durchgängige Datenflüsse zu etablieren. Dabei geht es auch ganz wesentlich um Effizienz. Und diese Anforderungen lassen sich am besten über die Cloud realisieren.

Erste Cloud-Lösungen sind auf dem Weg

Kanzleimanagement und Lohn sind die ersten Produkte, die den Weg in die Online-Welt angetreten haben. Mit der Cloud-Lösung zum Kanzleimanagement entsteht eine Anwendung, die perspektivisch die heutigen Pakete zur Eigenorganisation (EO) ablösen wird. Sie soll alltägliche organisatorische Aufgaben mit durchgängigen Workflows erleichtern beziehungsweise automatisieren. So deckt die Lösung den Prozess in der Kanzlei durchgängig ab: von der Vermarktung der Leistungen, der Angebotsabgabe, Auftragsübernahme und Leistungserstellung bis zur Übergabe des fertigen Produkts und zur Abrechnung der Leistungen. Darüber hinaus bietet sie moderne Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und Interaktion in der Kanzlei.

Die Cloud-Lösung zum Kanzleimanagement wird nach und nach in der Funktionstiefe wachsen. Während dieser Wachstumsphase werden die heutigen EO-Pakete weiterhin gepflegt, was technische und gesetzliche Anforderungen angeht. Mittelfristig soll die Cloud-Anwendung die aktuellen EO-Programme ersetzen. Bei der Entwicklung der Cloud-Anwendung zur Lohnabrechnung, die die beiden aktuellen Programmlösungen LODAS sowie Lohn und Gehalt mittelfristig ablösen soll, wird der Ansatz einer zentralen Datenhaltung und eines zentralen Software-Services verfolgt, sodass alle an den Prozessen der Personalwirtschaft Beteiligten auf einer Programmbasis arbeiten können. Das heißt konkret, dass zum Beispiel eine Fehlzeit vom Unternehmen oder dem Lohnsachbearbeiter in der Kanzlei erfasst werden kann und der jeweils andere die Änderung sofort sieht. Beide nutzen mit einer unterschiedlichen Oberfläche die gleichen Services. Das macht Zusammenarbeit in Echtzeit möglich, oder anders gesagt, dies macht eine moderne Lösung aus. Perspektivisch soll auch der Arbeitnehmer auf die gleiche Art und Weise einbezogen werden. Der zentrale Ansatz schafft auch die Grundlage, um für unsere Kunden moderne Cloud-Lösungen für weitere Abläufe der Personalwirtschaft anbieten zu können. Der erste Schritt wird die Prozesse rund um die Lohnabrechnung im Fokus haben. Ein nächster Schritt geht in Richtung Personalmanagement. So entsteht Baustein für Baustein ein integriertes und umfangreiches Lösungsangebot in der Cloud.

So profitieren unsere Kunden von den Cloud-Lösungen

Zusammenfassend sollen die zukünftigen Produkte vor allem die leistungserstellenden Prozesse in der Kanzlei effizienter machen, aber darüber hinaus unseren Mitgliedern auch neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Doch warum muss es unbedingt die Cloud sein? Und überhaupt: Ist die Cloud auch sicher? Fragen an die beiden Verantwortlichen für die Steuerung des Software-Portfolios, Martin Krämer und Tina Schulz.

DATEV magazin: Herr Krämer, woran erkennt man eine gute Cloud-Lösung für eine Steuerberatungskanzlei?

MARTIN KRÄMER: Als Allererstes muss die Software unseren Kunden Nutzen bringen. Die Eckpunkte hierbei sind klar: mehr Effizienz in der Leistungserstellung, digitale Datenanbindung an Mandantensysteme, bessere Steuerung des Unternehmens Kanzlei, bessere Unterstützung in der Beratung. Und das alles neben den geltenden Standards der Aktualität, Sicherheit und Funktionalität der DATEV-Software.

Geben Sie uns ein Beispiel.

MARTIN KRÄMER: Eine gute Cloud-Lösung unterstützt nicht nur die Kanzlei in der internen Zusammenarbeit, sondern auch im digitalen Austausch mit den Mandanten. Vorsysteme und Partnersysteme, die die Unternehmen im Einsatz haben, können einfach über offene und standardisierte Schnittstellen, also Application Programming Interfaces (API), eingebunden werden. Auch eine schnelle Einrichtung sowie eine intuitive und effektive Bedienung stehen im Fokus einer Cloud-Lösung. Damit unterstützt sie die zentralen Anforderungen optimal, denen sich Kanzleien in Sachen Zukunftsorientierung ihres Geschäfts stellen müssen: Beratungsorientierung, Dienstleistungs- Outsourcing für die Mandanten und Compliance-Unterstützung im Bürokratiedschungel.

Frau Schulz, wie decken die neuen Lösungen die Bedürfnisse unserer Kunden ab?

TINA SCHULZ: Im Kern geht es bei den neuen Lösungen um Kundenzufriedenheit. Cloud ist die Technologie, um Mehrwerte für unsere Kunden zu generieren. Sie bietet uns neue Möglichkeiten, beispielsweise auf eine deutlich stärkere Prozessorientierung zu setzen. Und genau das erwarten unsere Kunden von uns. Sie wünschen sich moderne Anwendungen, die leicht zu bedienen sind, zu einer spürbaren Effizienzsteigerung in den Kanzleien führen und die neuen Geschäftsmodelle unterstützen. Wir schaffen mit den Cloud-basierten Lösungen eine Software-Landschaft, in der die Mehrfacherfassung von Daten der Vergangenheit angehört und das gemeinsame Arbeiten mit einem Bestand Realität wird. Vor allem aber bringen Cloud-basierte Lösungen Flexibilität.

Welche Geschäftsmodelle werden mit den neuen Lösungen möglich sein?

TINA SCHULZ: Online-Anwendungen und die Speicherung der Daten im DATEV-Rechenzentrum bilden die Grundlage dafür, dass wir den in den Daten schlummernden Datenschatz in Verbindung mit verschiedenen Geschäftsfeldern nutzbar machen können. Ziel ist es, den Steuerberater als kompetenten Berater für Unternehmen zu stärken. Auf Basis von übergreifenden Auswertungen und Handlungsempfehlungen erweitern wir das Geschäftsmodell Beratung für Kanzleien und gestalten es effizienter. Dabei bieten die neuen Produkte unseren Kunden auch die Chance, Organisation und Prozesse der Kanzlei auf den Prüfstand zu stellen und bestmöglich auf eine erfolgreiche Zukunft auszurichten. Darüber hinaus bietet Cloud-basierte Software noch wesentlich mehr Möglichkeiten der Interaktion mit Partnerlösungen im Ökosystem. Partner können auch eigene Lösungen in unser Cloud-Angebot einbringen, die auf die Bedürfnisse unserer Kunden zugeschnitten sind. Deshalb sind unsere Partner ein zentraler Bestandteil unserer Strategie.

Können Sie Beispiele dafür nennen, was die Cloud leistet, was vor Ort installierte Software nicht kann?

MARTIN KRÄMER: Da gibt es eine Menge Punkte, bei denen Cloud-Anwendungen On-Premises-Software überlegen sind. Ein zentraler Aspekt ist dabei, dass Daten und Anwendungen zentral verfügbar sein müssen, um Datenflüsse zu optimieren, aber auch um mobiles Arbeiten auf mobilen Endgeräten zu erlauben. Die Cloud ist dafür der optimale Speicherort, auf den ortsunabhängig zugegriffen werden kann. Um Automatisierungsservices nutzen zu können, müssen diese idealerweise über eine Vielzahl von Daten lernen. In der Cloud können sie auf – selbstverständlich anonymisierte – Daten nicht nur aus der eigenen Kanzlei zurückgreifen und so schnell besser werden. Um die Datenwelt der Mandanten besser zu erreichen, müssen Daten aus deren IT-Systemen in die Kanzlei fließen, und umgekehrt natürlich auch. Wenn beide Seiten in der Cloud arbeiten, geht das deutlich leichter. Um mit den Mandanten schneller digital zusammenzuarbeiten, müssen die Software-Welten viel enger zu gemeinsamen Systemen zusammenwachsen. Auch das funktioniert in der Cloud am besten.

Warum ist die Cloud dafür die beste Technologie? Und vor allem, warum haben wir diese Erkenntnis erst jetzt?

MARTIN KRÄMER: Es handelt sich dabei keineswegs um eine neue Erkenntnis. Im Rahmen der Strategie DATEV 2025 haben wir bereits vor fünf Jahren unter der Prämisse Cloud first die Anwendungen zur Unterstützung der Zusammenarbeit mit Mandanten in den Mittelpunkt gerückt. Im nächsten Schritt sind wir jetzt an den Kernanwendungen angekommen. Wenn wir aus Cloud first heute ein Cloud only machen, ist das lediglich die konsequente Weiterführung des eingeschlagenen Wegs. Der Technologiewandel zu Cloud-basierten Lösungen ist alternativlos. Noch einmal, es geht immer um den Nutzen für unsere Kunden. Und der entsteht durch Öffnung von Datengrenzen, durch mehr Zusammenarbeit, durch Datenzentralisierung. All das ist nur ein anderes Wort für Cloud. Auf der anderen Seite: Das Risiko eines End-of-Lifecycle der On-Premises-Technologie von Microsoft erfordert ein vorausschauendes Handeln im Sinne unserer Kunden. Bei all unseren Entscheidungen steht die Zukunftssicherheit im Mittelpunkt. Und die gebietet uns, unsere Produktentwicklung auf die aktuellste Technologiebasis zu fokussieren.

Und wie schaut es mit Datenschutz in der Cloud aus?

MARTIN KRÄMER: Sowohl datenschutzrechtliche und berufsrechtliche Fragen als auch die Verfügbarkeit werden wir im Cloud-Kontext im Sinne unserer Kunden lösen. Richtig umgesetzt ist die Cloud der Sicherheit sogar förderlich, denn ein professioneller, verlässlicher Anbieter kann in seinen Strukturen ein deutlich höheres Maß an Sicherheit implementieren, als es mittlere Kanzleien oder kleine Unternehmen mit ihrer Infrastruktur vermögen.

Der komplette Umbau der DATEV-Software-Welt funktioniert nicht von heute auf morgen. Was passiert in der Übergangsphase?

MARTIN KRÄMER: Die Modernisierung der DATEV-Software ist eine große Herausforderung für die nächsten Jahre. Wir werden hier sukzessive in den Markt kommen. Daher ändern wir mit den neuen Anwendungen das Auslieferungsverhalten. Wir werden die Lösungen mit ihren Kernfunktionen auf den Markt bringen und sie dann nach und nach in der Funktionstiefe wachsen lassen. Dazu liefern wir Updates und Erweiterungen kontinuierlich online aus, erhalten dadurch unmittelbar Kunden-Feedback und optimieren so unsere Produkte.

Mehr dazu

Jeder erreichte Meilenstein auf dem Weg in die Cloud kann unter www.datev.de/ausblick nachgelesen werden. Dort finden sich darüber hinaus Videos, die aufzeigen, wo die Reise hingeht. Bisher sind zwei Produktausblickvideos erschienen: Cloud-Lösung zur Lohnabrechnung sowie Cloud-Lösung zum Kanzleimanagement. Außerdem werden alle Themen rund um den Portfoliowandel als Dossier aufgegriffen und erläutert.

UNSERE GESPRÄCHSPARTNER

TINA SCHULZ

leitet bei DATEV den Bereich Produktportfoliomanagement.

MARTIN KRÄMER

DATEV-Geschäftsleitungsmitglied für den Bereich Produkte & Anforderungen

Zu den Autoren

Birgit Schnee

Redaktion DATEV magazin

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Benedikt Leder

Redaktion DATEV magazin

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