Für und wider - 25. Januar 2024

Mit Chancen und Risiken

Wie können Steuerberater künstliche Intelligenz für ihre tägliche Arbeit nutzen? Im berufsständischen Kontext von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten zeigt die rasante Entwicklung von Chatbots sowohl Chancen als auch Risiken.

Einerseits

Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in den Arbeitsalltag von Steuerberatern, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern sorgt für eine tiefgreifende Verbesserung der Prozesslandschaft. Durch die Automatisierung von repetitiven, zeitintensiven Aufgaben können Beraterinnen und Berater ihren Fokus stärker auf komplexe, anspruchsvolle Tätigkeiten legen. Hierbei reicht der Anwendungsbereich von der Buchführung bis zur Generierung von konkreten Beratungsvorschlägen. „Die Möglichkeit, Aufgaben durch KI, allen voran Generative AI, zu automatisieren, birgt das Potenzial für kosteneffiziente und effektive Lösungen“, sagt Dr. Robert Helbig, Leiter des DATEV-Projekts GenAI-lize. Die ersten DATEV-Lösungen rund um KI sind bereits am Markt: der Automatisierungsservice Rechnungen und der Liquiditätsmonitor mit KI-Komponente. In der Entwicklung befindet sich der Automatisierungsservice Bank. Doch auch interne Anwendungen wie AI Assisted Development, also KIunterstützte Software-Entwicklung, haben viel Potenzial. Im Bereich AI Assisted Development lernt die KI, wie Entwickler arbeiten, beschleunigt den Entwicklungsprozess erheblich und wird zu einem integralen Bestandteil der Software-Entwicklung. „Daneben ermöglicht AI Assisted Security nicht nur schnelle Reaktionen auf Angriffe, sondern auch die automatisierte Durchführung von Sicherheitsprotokollen durch generative KI“, erläutert die Leiterin des DATEV AI Offices, Dr. Ines Schönlein.

Fachkräftemangel überwinden

KI ist aber nicht nur produktivitätssteigernd, sondern gleichzeitig eine Antwort auf den Fachkräftemangel. Laut Dr. Ines Schönlein bietet die Integration künstlicher Intelligenz die einzigartige Möglichkeit, in Richtung Automatisierung, Steigerung der Prozesseffizienz und Schaffung neuer Geschäftsmodelle voranzuschreiten. Dr. Ines Schönlein sagt: „Diese Chance wirkt nicht nur dem Fachkräftemangel entgegen, sondern ermöglicht auch Steuerberatungskanzleien, effizientere und automatisierte Prozesse zu nutzen, um mehr Zeit für persönliche Beratung zu gewinnen.“

Neue Geschäftsmodelle entdecken und erschaffen

Die Implementierung von Generative AI, die in der Lage ist, eigenständig Inhalte zu erstellen, eröffnet darüber hinaus die Chance, vollkommen neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Automatisierung von Routineaufgaben schafft Raum für innovative Dienstleistungen, die den sich wandelnden Bedürfnissen der Kunden noch besser gerecht werden. Hierzu zählen beispielsweise neue Analyseprodukte für Prognosen oder Prüfungswahrscheinlichkeiten oder automatisiert erzeugte Beratungsempfehlungen und -inhalte, die ohne KI nicht zu realisieren wären.

Andererseits

Die verstärkte Verwendung von KI bei Sicherheit und für Datenschutz bietet verbesserte Erkennungsquoten für potenzielle Angriffe. „In der Goldgräberstimmung auf dem Markt sollten wir nicht die rechtlichen Standards und den Datenschutz aus den Augen verlieren. Es ist entscheidend, leistungsfähige Anwendungen zu fördern, die sicher und rechtskonform operieren. Ein skalierbarer Ansatz und ein durchdachtes Produkt sind wichtiger als überstürzter Aktionismus, selbst wenn dies eine etwas längere Umsetzungszeit bedeutet“, so Dr. Ines Schönlein. KI birgt aber auch nicht zu vernachlässigende Risiken, insbesondere durch den Einsatz generativer KI, die möglicherweise für die Erstellung von Viren oder Hackerangriffen genutzt werden kann. Der Schutz sensibler Daten wird somit zu einer essenziellen Herausforderung, die nicht nur technologische, sondern auch rechtliche und ethische Aspekte berücksichtigen muss.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Datenschutz

Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und rechtliche Rahmenbedingungen müssen entsprechend den stetigen KIEntwicklungen weiterentwickelt werden. Die DS-GVO ist sehr restriktiv im Umgang mit Daten, was gerade bei der Verarbeitung von großen Datenmengen aus verschiedenen Quellen für unterschiedliche Zwecke ein Problem ist, möchte man KI-basierte Services und Anwendungen bauen. „Das ist auf europäischer Ebene sowohl Herausforderung als auch Chance, weil wir damit auch international einen Wettbewerbsvorteil für den Wirtschaftsstandort EU erlangen können, wenn es uns gelingt, trotz strenger Datenschutzvorschriften skalierbare Wege zu finden, zum Beispiel in Form von synthetisierten Daten“, erklärt Dr. Robert Helbig. Der Umgang mit enormen Datenmengen und deren Verarbeitung durch KI-Systeme stellt eine komplexe Herausforderung dar, die gleichzeitig den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden muss. Ein rechtlicher Rahmen, der sowohl Innovation fördert als auch die Rechte und Privatsphäre der Bürger schützt, ist unabdingbar.

Gefährdete Arbeitsplätze und Verantwortung

Die Automatisierung durch KI-Technologien kann zweifellos bisherige Arbeitsplätze gefährden, was zahlreiche ethische Fragen aufwirft. „Wir stehen an der Schwelle einer umfassenden Veränderung zu einem breiten Spektrum an Zukunftsszenarien“, führt Dr. Ines Schönlein aus. „Veränderung geht oft mit Ängsten einher, sei es der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Sorge, abgehängt zu werden. Diese Ängste sind normal.“ Doch es gibt auch diejenigen, die die Veränderung begrüßen, insbesondere die KI-affinen Anwender. „Die sagen: ‚Na endlich kommt es! Ich hätte mir gewünscht, dass es schon vor zehn Jahren passiert wäre‘“, ergänzt ihr Kollege, Dr. Robert Helbig. Der verantwortungsbewusste Umgang mit KI und die Berücksichtigung sozialer Verträglichkeit sind zentral, um einen reibungslosen Übergang in die Zukunft zu gewährleisten. Dies erfordert nicht nur die Schaffung neuer Arbeitsmöglichkeiten, sondern auch eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage, wie die Gesellschaft den Wandel aktiv gestalten und die Vorteile der KI-Revolution für alle zugänglich machen kann. „Berufsbilder verändern sich auch unabhängig von KI. Früher waren Aufgaben manueller, heute sind sie effizienter durch Technologie. Das wird sich weiterentwickeln und wir können diese Entwicklung gemeinsam aktiv gestalten“, ist Dr. Robert Helbig überzeugt.

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Zu den Autoren

Birgit Schnee

Redaktion DATEV magazin

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Astrid Schmitt

Redaktion DATEV magazin

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