Prompting - 25. April 2024

Kann mehr als der bekannte Suchschlitz

Künstliche Intelligenz revolutioniert die Art und Weise, wie wir künftig arbeiten. Durch die Eingabe von Anweisungen, sogenannten Prompts, kann KI spezifische Aufgaben erfüllen, die den Kanzleialltag effizienter gestalten. Von der schnellen Informationsbeschaffung bis zur Unterstützung bei komplexen Fällen – auf das Prompting kommt es an. Wir sprachen mit den DATEV-Experten Simon Roderus und Matthias Seiller über das Potenzial für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte.

Das Interview führte Astrid Schmitt

DATEV magazin: Was versteht man unter Prompten?
MATTHIAS SEILLER: Das ist die Kunst der Formulierung einer Eingabe für eine generative KI. Die Ausgabe eines Tools wie ChatGPT hängt maßgeblich von der Qualität der Eingabe ab. Eine schlechte und unspezifische Eingabe führt zu einer entsprechend minderwertigen Ausgabe. Daher ist die Kompetenz des Promptens entscheidend, um die Eingaben so zu formulieren, dass die Ausgaben die gewünschten Ergebnisse und eine hohe Qualität liefern. Eine gute Ausgabe ist zufriedenstellend für den Nutzer und entspricht den Vorgaben des Prompts.

Woran erkenne ich denn eine gute Ausgabe?
MATTHIAS SEILLER: Eine gute Ausgabe zeichnet sich zunächst dadurch aus, dass der Nutzer mit dem Ergebnis zufrieden ist. Es ist wichtig, dass die Ausgabe entsprechend den Vorgaben im Prompt generiert wird. Zum Beispiel kann die Formulierung des Prompts den Grad der konkreten Ausgabe und Zielorientierung beeinflussen. Je konkreter und spezifischer der Prompt formuliert ist, desto besser sind in der Regel die Ergebnisse. Ein Beispiel könnte sein, dass die Eingabe ‚Was macht DATEV?‘ eine generische Ausgabe liefert, während eine Eingabe wie ‚Erkläre mir, was DATEV macht aus Sicht eines Steuerberaters. Liste mir die wichtigsten DATEV-Produkte in einer Tabelle auf und erkläre mir in leichter Sprache, wie ich diese Produkte in meiner Kanzlei einsetzen kann. Die Tabelle soll die Spalten haben Produkt, Produktbeschreibung, Zielgruppe.‘ zu einer konkreteren Ausgabe führt, die den spezifischen Bedürfnissen entspricht.

„Schreibe einem Mandanten, dass wir das Mandat niederlegen müssen aufgrund zu weniger Mitarbeiter.“

„Frage bei einem Mandanten nach seinen Unterlagen für die Steuererklärung, die wir gerne fristgerecht einreichen möchten und nicht wie im Vorjahr verspätet, da die Unterlagen nicht vorlagen.“

Marcus Vanselow, Diplom-Kaufmann, Steuerberater

Kann man Prompten lernen?
MATTHIAS SEILLER: Ja, das ist definitiv möglich. Die gute Nachricht ist, dass man Teile des Prompt Engineerings sogar an die generative KI auslagern kann. Man kann Tools wie ChatGPT darum bitten, einen Prompt zu verbessern. Dabei gibt man einen Prompt ein und erhält Tipps, wie man ihn spezifischer und zielorientierter formulieren kann. Es ist ein Lernprozess, bei dem man sich mit den Grundlagen des Prompt Engineerings vertraut macht und im Idealfall auch auf entsprechende Tools zurückgreift.

SIMON RODERUS: Es ist wichtig, Prompts klar und ausführlich zu schreiben, aber die Formulierung von Eingaben für KI-Systeme sehe ich nicht als Kunst oder Ingenieurswissenschaft. Die Wirkung eines Prompts ist beispielsweise auch von dem verwendeten KI-Modell abhängig. Entsprechend können sich Prompting-Techniken zum Beispiel dann ändern, wenn ein neues Modell eingeführt wird. Es ist wichtiger, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie man mit KI-Systemen umgeht. Dafür sind aus meiner Sicht das Kennenlernen und Ausprobieren des KI-Systems entscheidend.

Wir sprechen viel von ChatGPT, aber es gibt mittlerweile auch viele andere Anwendungen wie Bild- und Videoverarbeitung. Promptet man dort genauso?
SIMON RODERUS: Die Grundlagen sind ähnlich. Man muss klar beschreiben, was man möchte, und der KI ausreichend Kontext geben. Allerdings erfordern Bilder einen ganz anderen Kontext als Texte. Bei Bildern helfen neben Angaben zum Motiv zum Beispiel Hinweise zur Brennweite, zum Abstand vom Motiv, zum fotografischen Stil oder zur Bildgestaltung.

MATTHIAS SEILLER: Ein zusätzlicher Tipp ist, den Dialog mit dem System zu suchen. Es kommt nicht nur darauf an, von Anfang an den perfekten Prompt zu formulieren. Man kann das System auch um Hilfe bitten, um einen Prompt zu verbessern. Der Dialog mit dem System, wie es beim Experimentieren in einer Gruppe hilfreich ist, kann zu besseren Ergebnissen führen.

„Schreibe mir einen LinkedIn-Post zur durchgeführten Veranstaltung Controlling und Steuerrecht für NPOs von der Impact Society und der AIOS Tax AG StBG.“

„Schreibe mir einen Vorschlag zur Optimierung der Rechnungsstellung Lohn. Sodass die Lohnsachbearbeiter diese selber vorbereiten und der zuständige Steuerberater oder auch die Faktura prüfen und an den Mandanten versenden.“

Sebastian Schulze, Steuerberater / Certified Tax Advisor

Lohnt es sich, sich im ohnehin sehr eng getakteten Arbeitsalltag auch noch damit auseinanderzusetzen?
MATTHIAS SEILLER: Es ist ratsam, sich auf ein Tool zu fokussieren und nicht zu viele verschiedene gleichzeitig zu verwenden. Man sollte mit einer einfachen Prompt-Struktur starten, die auf verschiedene Einsatzszenarien anwendbar ist. Das Pareto-Prinzip, also die Konzentration auf die 20 Prozent der Arbeit, die 80 Prozent der Erkenntnisse und des Erfolgs bringen, ist hier relevant. Wenn man dann etwas Erfahrungen gesammelt hat, kann man auch zwischen verschiedenen Tools wechseln, um deren Ausgaben miteinander zu vergleichen. Oft kommt es nämlich nicht nur auf den Prompt an, sondern auch auf die Wahl des passenden Tools.

SIMON RODERUS: Die Einstiegshürde fühlt sich oft höher an, als sie eigentlich ist. Es lohnt sich, einfach mit dem KI-System in Kontakt zu kommen und dann auszuprobieren und zu lernen. Wichtig ist dabei aber, die KI nicht wie den bekannten Suchschlitz einer Suchmaschine zu verwenden. Während bei der Suchmaschine kurze und knappe Eingaben vorteilhaft sind, ist das bei der KI ganz anders. Hier ist mehr Kontext hilfreich und es schadet nicht, die Eingabe ausführlicher zu schreiben. Der größte Unterschied liegt aber in der dialogischen Kommunikation. Es geht deshalb darum, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie sich die KI verhält und wie ich am besten mit ihr spreche beziehungsweise schreibe.

Welche konkreten Anwendungsszenarien könnten heute bereits für eine Arbeitserleichterung in Kanzleien sorgen?
SIMON RODERUS: Die generative KI der DATEV KI-Werkstatt eignet sich gut, um mehrere Entwürfe zu erstellen, zu testen und die besten Elemente als Grundlage für die eigene Arbeit zu verwenden. So kann etwa der Stellenanzeigengenerator genutzt werden, um schnell eine Stellenanzeige für die eigene Kanzlei zu schreiben, die dann mit Unterstützung des Social-Media-Assistenten passend für die Kommunikation auf der Website und sozialen
Kanälen beworben wird.

„Schreib mir einen Lagebericht nach § 289 HGB und DRS 20 für ein Tiefbauunternehmen. Positive Entwicklung 3 % Umsatzwachstum, Gewinn 420.000 €.”

Hendrik Bergkemper, Diplom-Wirtschaftsmathematiker, Steuerberater

Führen höfliche Prompts zu besseren Ergebnissen als unhöfliche?
MATTHIAS SEILLER: Höflichkeit kann manchmal helfen, aber es gibt keine umfassenden Studien dazu. Dringlichkeit kann nach aktuellen Erkenntnissen jedoch einen positiven Einfluss auf die Ergebnisse haben. Es ist wichtig, die Qualität der Eingabedaten zu berücksichtigen.

SIMON RODERUS: Letztendlich handelt es sich dabei um Effekte, die aus den Trainingsdaten entstehen. Diese sind abhängig vom Modell und werden in zukünftigen Modellen oder wenn andere Trainingsdaten verwendet werden nicht unbedingt in dieser Form vorhanden sein. Sie hängen mit der Funktionsweise von Sprachmodellen zusammen, bei denen die Ausgabe der KI auf Wahrscheinlichkeiten basiert. So kann die Aufforderung, vor der Antwort über die Antwort nachzudenken, zu besseren Ergebnissen führen. Der Grund dafür liegt aber nicht darin, dass die KI tatsächlich nachdenken würde. Stattdessen wird vermutet, dass dieser Effekt dadurch entsteht, dass Trainingsdaten, in denen vor einer Aussage steht ‚ich habe darüber nachgedacht‘, rein statistisch eine bessere Qualität haben.

Wie bleibt man bei dem Thema auf dem Laufenden?
SIMON RODERUS: Als ersten Schritt empfehle ich, eigene Erfahrungen mit generativer künstlicher Intelligenz zu sammeln. Die verschiedenen Angebote der DATEV KI-Werkstatt bieten dafür eine sehr gute Möglichkeit.

MEHR DAZU

finden Sie unter www.datev.de/ki-werkstatt und www.datev.de/ki

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Astrid Schmitt

Redaktion DATEV magazin

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